André Schramm

Holunderlikör macht locker

Der Prinzenkeller in Niederwartha hat ein exklusives Hausgetränk, einen Likör aus Bärnsdorf, dem magische Kräfte nachgesagt werden. Kein Wunder bei der Vergangenheit.

Gute Geschichten beginnen prinzipiell in einer Garage. Bei Frank Schellmann und seinen Kumpels war das vor 15 Jahren nicht anders. »Wir hatten Holundersuppe gemacht. Allerdings war noch ziemlich viel Saft übrig«, erinnert sich der Bärnsdorfer. Kurzerhand kredenzten die Jungs aus dem Rest einen Holunderlikör, füllten ihn in drei Flaschen und gingen damit auf die Party.  Im Nu waren die Pullen alle und das Publikum gut drauf. Wo bleibt der Nachschub? Die Kunde vom Holunderschnaps sprach sich in dem Radeburger Ortsteil schnell herum. Schellmann und seine Kollegen gerieten unter Zugzwang. »Wir grasten Wege und Straßen ab – immer auf der Suche nach Holunder. Manchmal war die Straßenmeisterei schneller, manchmal wir«, schmunzelt er. Sonderlich beliebt ist das Moschuskrautgewächs in unseren Breiten nicht. In Süddeutschland und Österreich ist das anders. Dort werden sogar Holunder-Plantagen bewirtschaftet. Seit drei Jahren gibt es auch in Sachsen eine Anlage – die von Frank Schellmann, seinem Freund Holger Reinicke und weiteren Mitstreitern. Auf einem Hang zwischen Bärnsdorf und Marsdorf gedeihen 500 Pflanzen. Ertrag: rund eine Tonne bzw. 2.000 Flaschen handgemachter Holunderlikör. Als eine Zeitung ihre Manufaktur einmal als Destillerie bezeichnete, stand der Zoll am nächsten Tag vor der Tür. »Wir mischen bloß«, beruhigt der Außendienstler. Das große Geschäft machen die Bärnsdorfer Holunder-Spezis mit der Menge (noch) nicht. »Alles nach wie vor Hobby«, sagen sie unisono.   Neuerdings gibt es allerdings einen Großabnehmer für den 19,5-Prozentigen – die Erlebnisgastronomie Prinzenkeller in Niederwartha.  Projektleiter Thomas Kotte war schon länger auf der Suche nach einer regionalen Spezialität. Spätestens zur Walpurgisnacht können die Gäste den Zaubertrank probieren – in einer veredelten Variante mit Chili und winterlichen Gewürzen. »Isegrimm der Barbar« ist regelmäßig in der Mittelalterkneipe zugegen und weiß um die Wirkung des Likörs, nämlich die »Frigidität des Weibes zu mindern und die Lust des Mannes anzuheben.« Alles unter Beachtung der richtigen Menge, versteht sich. Ein positiver Einfluss auf das Haarwachstum bei Männern wird ebenfalls mit dem Getränk in Verbindung gebracht. Belegt ist das allerdings nicht. Mindestens genauso so abenteuerlich klingt die Geschichte, die der Schauspieler seinen Zuhörern zum Holunderlikör serviert.  Demnach geht das Rezept auf eine Hexe aus Bärnsdorf zurück, die allerdings ziemlich früh »gescheitert« sei. Ihre Aufzeichnung  sei erst Jahrhunderte später wiedergefunden worden.  
Zumindest der letzte Teil stimmt. Das  heutige Rezept stammt tatsächlich von einem Bärnsdorfer Dachboden. Wer seine erste Begegnung mit dem Likör in aller Öffentlichkeit scheut, kann ihn (in der Flasche) mit nach Hause nehmen und in sicherer Umgebung testen. Die Walpurgisnacht im Prinzenkeller startet am 30. April, 19 Uhr.

Hinweis: Zu viel Alkoholkonsum ist ungesund!


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