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Carola Pönisch

Alptraum Schule zu Hause

Seit 18. März sind in Sachsen alle Schulen geschlossen. Doch statt »Corona-Ferien« zu feiern, wie viele Schüler erst frohlockten, heißt es büffeln zu Hause, neuen Schulstoff erarbeiten, festigen und nachweisen. Schule satt statt schulfrei. »Wie wird das am Ende des Schuljahres bewertet?«, fragt zu Recht der Kreiselternrat.
Konstantin geht in die 6. Klasse einer Freien Schule und macht zu Hause gerade seine Geografie-Hausaufgaben. Foto: Kunath

Konstantin geht in die 6. Klasse einer Freien Schule und macht zu Hause gerade seine Geografie-Hausaufgaben. Foto: Kunath

Die Erstklässlerin kaut am Stift, verdreht die Augen, macht Ecken ins Übungsheft, nur eins macht sie nicht: Das kleine Schreibschrift-»t« üben. Schon gar nicht, wenn sich ans »t« weitere Buchstaben in Schreibschrift fügen und dann noch ein lesbares Wort ergeben sollen. Beste Ausrede der Siebenjährigen: »Das hatten wir so noch nicht in der Schule.«  Was folgt sind oft Tränen und Wutausbrüche auf beiden Seiten des Übungsheftes. Denn seit die Schulen geschlossen sind, müssen Eltern die Rolle der Lehrer übernehmen. Das mag bei Grundschülern gerade noch gehen, doch es gibt auch andere Konstellationen. »Wir müssen drei Kinder betreuen. Die Große geht ins Gymnasium Klasse 5, die Mittlere ist in der 1. Klasse und der Jüngste ist Drei. Mein Mann und ich gehen beide noch arbeiten. Den Stress, den wir derzeit zu Hause haben, können sich die Lehrer vielleicht gar nicht vorstellen«, sagt Nadine S. Denn allein mit Überprüfen der Aufgaben und Abfragen des Erlernten sei es ja nicht getan. »Wir müssen täglich alles ausdrucken, einscannen und senden, allein das kostet Zeit und Nerven.«   Viele andere Familien regeln ihr Leben gerade neu mit HomeOffice, Kurzarbeit und im schlimmsten Fall – weil (Solo)Selbstständig oder Künstler – komplett ohne Einkommen. Wieder andere müssen versuchen, ihrem Förderschulkind den Unterrichtsstoff beizubringen. Wie gut kann das alles gehen? Diese Frage stellten jetzt die Kreiselternräte von Dresden, Bautzen und Görlitz in einem Offenen Brief an Sachsens Kultusminister Christian Piwarz. »Wir sehen nicht nur eine Überforderung der Eltern, vor allem mit Schülern ab Klasse 5«, heißt es darin. »Zum Teil ist auch  das Pensum, das die Schüler bewältigen müssen, viel zu hoch.« Zudem sei die Lernplattform »Lernsax« zwar gut, aber oft kämpfen Eltern und Schüler mit technischen Tücken wie der Überlastung der Server. Martin Raschke, Vorsitzender des Kreiselternrates Dresden, will außerdem wissen: »Ist die Beschulung der Kinder zu Hause nun ein fakultatives oder verbindliches Lernangebot, das jede Schule jetzt stellt? Wie ist die rechtliche Grundlage der Benotung? Was passiert bei drohender Versetzungsgefahr am Schuljahresende? Wie wirkt sich das Ganze auf Prüfungen und Zeugnisse aus?« Das Schuljahr 2019/20 wird noch für viele Tränen sorgen, so viel steht wohl schon fest. lesen Sie die Antwort des Kultusminister an die Eltern finden Sie den Offenen Brief des Kultusministers an alle Abiturienten


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