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Die Arbeit mit Kreativen hält jung

Er hat in der Hoyerswerdaer Kulturszene fast überall seine Spuren hinterlassen, organisierte zahlreiche Veranstaltungen und engagiert sich seit einem halben Jahrhundert im Ehrenamt. Die Rede ist von Reinhard Ständer, auch Pfeffi genannt. Wir sprachen mit dem 70-Jährigen, der in Leipzig geboren wurde und seit 1961 in Hoyerswerda wohnt.
Reinhard »Pfeffi« Ständer engagiert sich auch für Veranstaltungen des Vereins Gundermann Seilschaft. Foto: Silke Richter

Reinhard »Pfeffi« Ständer engagiert sich auch für Veranstaltungen des Vereins Gundermann Seilschaft. Foto: Silke Richter

Äußerlich hast du dich kaum verändert. Wie machst du das? Reinhard Ständer: Das weiß ich nicht. Vielleicht hält die Arbeit mit kreativen Menschen in Vereinen jung. Ich war ja viele Jahre in verschiedenen Jugendklubs tätig. 50 Jahre Ehrenamt. Wie begann es und wie ging es dann weiter? 1971 wurde im Betonwerk Groß Zeißig, in dem ich damals arbeitete, ein Jugendklub gegründet, dem ich mich anschloss. Es war die Zeit vor den X. Weltfestspielen, da gab es viel Geld und Unterstützung. Wenig später wechselte ich zum Jugendklub »Alfred Scholz« und wurde dort zum Klubvorsitzenden gewählt. In der damaligen Alfred-Scholz-Halle, die heute ein Fitnesscenter ist, gastierten prominente Künstler wie die Gruppe Renft oder Nina Hagen, mit denen ich ins Gespräch kam. Nach dem Kulturstudium gründeten wir 1980 im Anbau am Jugendklubhaus im Probenraum des Liedtheaters »Brigade Feuerstein«, der Gruppe um Liedermacher Gerhard Gundermann, die Kleinkunstbühne »FMP«. Deren Abkürzung steht für Feuersteins Musik Podium. Eine spannende Zeit, weil bei uns oftmals auch kritische Künstler ohne Spielerlaubnis auf der Bühne standen. FMP hatte in der DDR landesweit einen sehr guten Ruf. Zusätzlich entstand 1987 im damals neuen Einsteinklub, der heute der Black Raven Pub ist, ein Folkklub, in dem ich mich engagierte. Überhaupt kooperierten die Hoyerswerdaer Klubs gut miteinander, beispielsweise bei den Kulturtagen der Jugend. So unterstützte ich hin und wieder auch den Laden-Klub und den WeKaZehn-Klub bei Veranstaltungen. Mit der Wende kam für dich eine entscheidende Erkenntnis daher. Die Umstellung war beträchtlich. Zu DDR-Zeiten wurden wir als ehrenamtlicher Klub von der Stadt Hoyerswerda großzügig unterstützt. Das fiel nun weg. Aus Klubarbeit wurde Sozialarbeit. Aus Klubs wurden Vereine, die sich überwiegend selbst finanzieren mussten. Wie ging es für dich bis heute ehrenamtlich weiter? Ich orientierte mich ehrenamtlich neu, zum Beispiel beim Musikmagazin Folker, beim Verband Profolk oder als Redakteur der Jugendzeitung Hoyreka. Seit 1995 bin ich im Verein Kulturfabrik und betreue dort das Liederfest Hoyschrecke und seit 2004 die Gundermann-Sammlung, früher als Ein-Euro-Job, später mit Ehrenamtspauschale. Im Verein Gundermanns Seilschaft e.V. bin ich seit 2010 im Vorstand. In den Jahren um 2004 gehörte ich zur AG Sozialabbau, die in Hoyerswerda Demos gegen die Hartz-Gesetze organisierte. Und seit 2001 bin ich in der Autorengruppe Pegasus. Seit einiger Zeit bin ich dort eine Art organisatorischer Leiter. Gibt es Anekdoten, die du nie vergessen wirst? Darüber könnte ich ein ganzes Buch schreiben. In der FMP-Zeit nahm ich mehrfach Künstler zum Übernachten mit zu mir nach Hause, da Hotelzimmer in Hoyerswerda knapp waren. Ob nun das Clownsduo Wenzel/Mensching oder die Gruppe Arbeiterfolk, später bekannt als Schauorchester Ungelenk – ja - in meiner Einraumwohnung war es eng, aber möglich. Dadurch kamen auch viele Freundschaften zustande. Eine Anekdote: 1997 erhielt ich meine einzige Auszeichnung nach der Wende, den »Joker im Ehrenamt« des Sächsischen Kultusministeriums für die Redaktion der Jugendzeitung Hoyreka. Prämie: Ein Bademantel. Die Bahnfahrt nach Dresden musste ich selbst bezahlen. Zu DDR-Zeiten gab es viel mehr Auszeichnungen für Ehrenamtliche, darunter für mich Reisen nach Moskau oder Budapest. Warum ist dir ehrenamtliche Arbeit wichtig und welche Wünsche hast du für die Zukunft? Es gibt ja das alte Sprichwort »Wer rastet, der rostet«. Ich halte es für wichtig, auch im Seniorenalter so lange wie möglich aktiv zu bleiben. Und es macht mich zufrieden, wenn Bekannte und Gäste die Ergebnisse meiner Arbeit anerkennen, egal ob Gundermann-Sammlung, Hoyschrecke, Kurzgeschichten oder anderes. Und ich wünsche mir, dass Corona endlich vorbeigeht und man wieder, nicht nur in Vereinen, gemeinsam arbeiten und feiern kann. Und dass das Ehrenamt von der Politik mehr gewürdigt und unterstützt wird.


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