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Mit der Bierkutsche durch die Stadt

Es ist ein historischer Lieferservice, mit dem in Radeberg eine langjährige Brauereitradition fortgeführt wird.
Wenn in Radeberg der frische Gerstensaft per Bierkutsche ausgeliefert wird, werden die beiden Kutscher Jörg Schroll (li.) und Torsten Beckert von Touristen und auch Einheimischen fotografiert. WoKu-Mitarbeiter Rainer Könen an diesem Tage auch. Foto: Rainer Könen

Wenn in Radeberg der frische Gerstensaft per Bierkutsche ausgeliefert wird, werden die beiden Kutscher Jörg Schroll (li.) und Torsten Beckert von Touristen und auch Einheimischen fotografiert. WoKu-Mitarbeiter Rainer Könen an diesem Tage auch. Foto: Rainer Könen

Irgendwie ist es ein wenig wie annoda­zumal. Das Klappern der schweren Hufe auf dem Kopfsteinpflaster, das mit Bierfässern beladene Fuhr­werk, welches an diesem Donnerstagmorgen vor dem Radeberger »Kaiser­hof« hält. Kutscher Jörg Schroll zieht die Zügel an, die beiden Pferde bleiben schnaubend stehen. Elvis und Erkan, die bei­den Kaltblutpferde, schüt­teln kurz die Köpfe, stehen dann geduldig am Stra­ßenrand. Sie lassen sich fürs Bier gerne einspannen, sind die stärksten Mitarbei­ter der Radeberger Export­brauerei. Fünf Gaststätten werden heute mit frischem Gerstensaft beliefert. Erste Station der Kutscher Jörg Schroll und Torsten Beckert ist die Gaststätte »Pilsfaß« auf der Hauptstraße. Fotoshooting auf dem Kutschbock Auf der Kutsche ist Platz für bis zu 32 50-Liter-Fässer. An diesem Tag brauchen die Rheinisch-Deutschen Kaltblüter sich nicht so stark ins Geschirr zu legen, denn das Fuhr­werk ist nur halb beladen. Auf dem Weg durch die engen und steilen Straßen der Radeberger Innenstadt sieht man am Straßenrand viele freudig-lächelnde Ge­sichter. Fotoshooting ist für die beiden auf dem Kutschbock angesagt. Tou­risten zücken Smartphones und Kameras. Hinter dem Fuhrwerk warten geduldig Autofahrer. Für die Kutscher begann der Tag früh. Um halb sieben gab es Heu für die Vierbeiner, anschließend wurden die Rösser gestrie­gelt und geputzt. Sechs Kaltblutpferde besitzt das Wachauer Fuhrunterneh­men Trepte, heute dürfen die beiden Routiniers, die 18-jährigen Elvis und Er­kan, die Bierkutsche zie­hen. Seit gut 150 Jahren werden die Bierstadt-Wirte mit frischem Fassbier per Pferdekutsche beliefert. Gegenwärtig sind es in Ra­deberg rund 20 Gaststätten, die auf diesen historischen Lieferservice setzen. Der von etlichen Brauereien in Deutschland nach wie vor gepflegt wird. Auch in der Lausitz. Ob in Eibau, Gör­litz, Löbau oder Wittichen­au, statt ausschließlich auf Bierlaster zu setzen, setzen auch die dort ansässigen Brauereien auf Pferde, hal­ten somit eine alte Braut­radition aufrecht. In Zeiten des Klimawandels ist so ein Pferdefuhrwerk im Üb­rigen ein schadstoffarmes Fortbewegungsmittel. Zehn Kilometerpro Lieferfahrt Der 56-jährige Kutscher Jörg Schroll lenkt seit zehn Jahren die Bierkutsche durch Radeberg. Seinen Job mag er sehr, Pferde sind seine Leidenschaft. Er und Beckert gehören seit vielen Jahren zum Straßenbild der Stadt. Vom Marktplatz geht es nun hinunter zur Was­serstraße. Eigentlich sind die Rös­ser »Schrittpferde«, wie es Kutscher Schroll bezeich­net. Aber jetzt geht es im Trab voran. Erkan liebt es schneller, wechselt kurz in den Galopp. Das stakka­toartige Klackern der Hufe verebbt, als Schroll vor einer Kreuzung sanft die Zügel anzieht. Kaltblüter haben ein braves Gemüt, die beiden bringt so leicht nichts aus der Ruhe. Ein Motorrad röhrt heran, über­holt. Die Pferde, sie bleiben cool. »Solche Geräusche kennen die«, meint Schroll. In der Röderstraße hält das Fuhrwerk. Die Bremse wird angezogen, das Ge­fährt um ein Bierfass und zwei Kisten Selters erleich­tert. Kommen die Pferde auf so einer Stadtrun­de ins Schwitzen? Selten. Die rund 900 Kilogramm schweren Rösser sind fit. Merkt man. Die Bewegung tut ihnen gut, auf so einer Lieferfahrt kommen bis zu zehn Kilometer zusammen. Letzte Station ist an die­sem Tag eine am Rande der Stadt gelegene Gaststätte. Danach geht es zurück auf den Brauereihof. Elvis und Erkan spüren, dass Feier­abend ist, dass es bald Fut­ter gibt. Danach geht es in den Transporter, später in den Stall. Am frühen Abend gönnen sich die Kutscher dann ihr wohlverdientes Feierabendbier.


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