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Der Ofen war nie kalt: 120 Jahre Backtradition

Im Juli 1897 wurde in dem Haus in der Straße der Jugend 20 in Senftenberg erstmals der Ofen angefeuert und gebacken. „Seit 120 Jahren existiert in dem Gebäude eine Bäckerei. Das Handwerk blieb bis heute, nur die Bäckereiinhaber wechselten“, erzählt Bernd Meschwitz.
Fünf Leute sind heute in der Bäckerei tätig: Neben dem Inhaber und Bäckermeister Andreas Meschwitz (2. vo.li.), ist das Bruder Jörg Meschwitz (li.), die Verkäuferinnen Petra Wiesner (3.vo.li.) und Silke Schuster (3.vo.re.) sowie Altmeister Bernd Meschwitz (re.). Seine Frau Ingrid Meschwitz (2.vo.re.) freut sich auch über das Jubiläum. Foto: Stefan Staindl

Fünf Leute sind heute in der Bäckerei tätig: Neben dem Inhaber und Bäckermeister Andreas Meschwitz (2. vo.li.), ist das Bruder Jörg Meschwitz (li.), die Verkäuferinnen Petra Wiesner (3.vo.li.) und Silke Schuster (3.vo.re.) sowie Altmeister Bernd Meschwitz (re.). Seine Frau Ingrid Meschwitz (2.vo.re.) freut sich auch über das Jubiläum. Foto: Stefan Staindl

Seine Familie ist der vierte Inhaber der Bäckerei. In den historischen Aufzeichnungen von Bernd Meschwitz sind alle Vorgänger festgehalten: Von 1897 bis 1932 führte zuerst Emil und später Karl Hoffmann die Backstube, von 1932 bis 1956 war es Walter Kranzig, von 1956 bis 1981 übernahm Werner Opitz die Geschäfte. Bernd Meschwitz führte die Bäckerei von 1981 bis 2017. Heute ist sein Sohn Andreas Meschwitz der Inhaber. „Wir backen wahrscheinlich an einem der ältesten Standorte hier in der Region“, vermutet Bernd Meschwitz. „Das schöne daran ist, dass der Ofen nie kalt war. 120  Jahre gab es hier ohne Unterbrechung eine Bäckerei, in der gebacken wurde.“ In den Aufzeichnungen von Bernd Meschwitz befindet sich ein Dokument, dass die Gebrauchsabnahme auf den 28. Juni 1897 datiert, so dass ab Juli mit dem Backen begonnen werden konnte.
Wie er berichtet, wurde in den ersten Jahren der Bäckerei mit Direktbefeuerung im Keller gebacken. „15 bis 20 Brote wurden täglich aus dem Ofen geholt. Damit wurde die nahe Umgebung versorgt“, weiß Meschwitz. Er selbst hat im April 1981 die Bäckerei mit den Maschinen von Werner Opitz abgekauft. 38?.795 Mark stehen im Kaufvertrag vom 3. April 1981. Bernd Meschwitz stammt aus Leipzig. Seine Eltern hatten dort eine Mietbäckerei betrieben. Werner Opitz hatte damals in einer Zeitung den Verkauf annonciert und Bernd Meschwitz griff zu: „Als ich das erste Mal hier das Haus gesehen habe, da war ich sehr misstrauisch, doch innen hat mich die Einrichtung angenehm überrascht. Es war ein sehr moderner Betrieb.“ Und der Leipziger verbesserte ihn weiter, baute im Dezember 1981 einen Zyklothermbackofen mit Stadtgasheizung ein. „Damit war es möglich, 120 Dreipfundbrote in einem Durchgang zu backen. Heute haben wir bereits eine verbesserte Variante dieses Ofens in der Backstube.“ Mit dem modernen Ofen sei zum Ende des Jahres 1981 auch der lässtige Kohlenstaub und die Asche Geschichte gewesen. Im Laufe der Jahre hat Bernd Meschwitz seine Spuren im und am Haus hinterlassen. So baute er den Wäscheboden zu Wohnraum um und in den Betriebsräumen Umkleide- sowie Sanitärräume ein. „In seiner Grundsubstanz ist das Haus heute noch erhalten. Es stammt aus der Gründerzeit und hat bis heute den Lauf der Geschichte miterlebt“, erzählt Bernd Meschwitz. „Im Haus atmet man Geschichte.“
Bernd Meschwitz fing 1955 mit dem Bäckerhandwerk an, 1962 legte er die Meisterprüfung ab. Obwohl er die Leitung der Bäckerei an seinem Sohn abgegeben hat, steht er auch heute noch in der Backstube. Er bereitet die verschiedenen Teige für Brote, Semmeln und Gebäck vor. Wie er sagt, waren in den vielen Jahrzehnten vor allem auch die Frauen der Bäckermeister eine wichtige Stütze. Im Jahr 2017 sei die Auswahl an Zutaten riesig. „Damals in der DDR wurden alle Rohstoffe zugeteilt, auch die verbrauchte Kohle musste abgerechnet werden. Heute haben wir Rohstoffe, aber auch eine verschärfte Konkurrenzsituation. Festpreise wie zu DDR-Zeiten gibt es nicht mehr. Heute müssen auch Bäcker wirtschaftlich denken und kalkulieren“, erzählt Bernd Meschwitz. Wie er sagt, hat die Bäckerei viele Stammkunden - manche stammen noch aus Opitz-Zeiten. „Sie halten dem Haus die Treue, auch wenn - wie einst zu DDR-Zeiten - ein Dreipfundbrot nicht mehr 78 Pfennig und ein Brötchen fünf Pfennig kostet.“               (Stefan Staindl)


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