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Peter Aswendt/ash

Gassenhauer, Schnulzen und Beifallsstürme

Senftenberg. Absolut sehenswert: Die neue Bühne Senftenberg zeigt mit »Comedian Harmonists» Aufstieg und Fall der Väter aller Boygroups.
In einer kleinen Dachwohnung startet das Casting für die erste deutsche Boyband. Harry Frommann (Leon Haller) hat in Erich Collin (Erik Brünner), Roman Cycowski (Daniel Borgwardt), Ari Leschnikoff (Andreas Schneider) und Robert Biberti (Dennis Wilkesmann) seine Mitstreiter gefunden (v.l.n.r.).

In einer kleinen Dachwohnung startet das Casting für die erste deutsche Boyband. Harry Frommann (Leon Haller) hat in Erich Collin (Erik Brünner), Roman Cycowski (Daniel Borgwardt), Ari Leschnikoff (Andreas Schneider) und Robert Biberti (Dennis Wilkesmann) seine Mitstreiter gefunden (v.l.n.r.).

Bild: neue Bühne Senftenberg / Steffen Rasche

Es sind große Schuhe, die sich die Senftenberger Theatermacher mit dem Stück über das legendäre Berliner Volkssextett, den Comedian Harmonists, angezogen hat. Schließlich hat man es mit stimmlich wie auch choreografisch perfekt aufeinander abgestimmten Weltstars der 1930er-Jahre zu tun. Um es vorwegzunehmen – es ist gelungen. Unter der von Regie Dirk Girschik erlebt man vom Casting bis zur Auflösung die Bandgeschichte hautnah mit, begleitet von Gassenhauern, die zu Welthits wurden.

 

Die Geschichte

 

Deutschland im Jahr 1927. Wirtschaftskrise und Arbeitslosigkeit sind Alltag. Wonach sehnen sich die Menschen in Zeiten der Depression? Nach einer Melodie, die für drei Minuten glücklich macht. Per Zeitungsannonce sucht der junge Harry Frommermann (Leon Haller) Sänger für eine A-cappella-Gruppe nach amerikanischem Muster. Schnell steht die Besetzung: außer Harry noch Robert (Dennis Wilkesmann), Roman (Daniel Borgwardt) und Erich (Erik Brünner), der Bulgare Ari (Andreas Schneider) und der Barpianist Erwin (Jörg Krandl). Zunächst sieht es nicht so aus, als hätte die Welt auf sie gewartet. Doch ihr erster Auftritt ist ein Knaller. Ihre frivolen Gassenhauer wie »Veronika, der Lenz ist da« oder »Kleiner grüner Kaktus« sind in aller Munde. Die »Comedian Harmonists« sind geboren. Es folgt ein Leben wie im Rausch. Tourneen, Jubel, Geld und Luxus. Trotz ihres Erfolgs waren die Comedian Harmonists auch mit Herausforderungen konfrontiert, insbesondere aufgrund der politischen Umstände ihrer Zeit. Mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus in Deutschland gerieten sie zunehmend unter Druck, weil drei von ihnen Juden waren. Schließlich kam es im März 1934 zum letzten Konzert in München und das Verbot der Gruppe.

 

Die Inszenierung

 

Klar, die Hits der Comedian Harmonists sind allgegenwärtig und haben Generationen überlebt und sind somit schon an sich ein Garant für einen sehr unterhaltsamen Theaterabend. Die Senftenberger Inszenierung punktet dabei schon mit einer gekonnten Besetzung, denn über Bass, 1. und 2. Tenor und Buffo muss ein gewaltiges stimmliches Spektrum abgedeckt werden. Leon Haller, Daniel Borgwardt, Erik Brünner und die Gäste Dennis Wilkesmann und Andreas Schneider sowie am Flügel Jörg Krandl sind das Sextett, welches eben in perfekter Harmonie die Harmonists darstellen. Stimmlich und von der Choreografie (Julian Bender) fühlt man sich in die 1930er-Jahre versetzt und lässt sich vom Aufstieg und Fall der deutschen Boyband mitreißen. In gekonnt verpackten Nebenrollen verkörpert Roland Kurzweg mal einen Fan, einen Musikagenten oder Veranstalter, aber auch linientreue Nazis, in seiner ihm ganz eigenen, spannenden und wandelbaren Art. Das Bühnenbild (Céline Demars) zeigt im ersten Teil das kleine Dachzimmer, in dem ein Ofen zum Notenfach und Bar wird. Im zweiten Teil wird die Bühne zum Schauplatz der Welterfolge in einer simplen aber durchaus passenden Art.

Eine Inszenierung der neuen Bühne, die man nicht verpassen sollte. Zwar überwiegt die Unterhaltung, gerade auch wegen der hochklassig dargeboten Hits, aber trotzdem wird sichtbar, wie krude Ideologien menschliche Schicksale besiegeln.

Fazit: Das Stück bietet hochklassige Unterhaltung mit sehr aktuellem Bezug.

 

Termine

Samstag, 17.Februar, 19.30 Uhr

Freitag, 23. Februar, 19.30 Uhr

Samstag, 24. Februar, 19.30 Uhr

Sonntag, 25. Februar, 19.30 Uhr

Samstag, 9. März, 19.30 Uhr

Sonntag, 31. März, 19.30 Uhr

Sonntag, 21. April, 19.30 Uhr

Sonntag, 28.April, 19.30 Uhr


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