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Ein außergewöhnlicher Kirchenschatz

Senftenberg. Ein historisches Altarbild aus Sauo galt als verschollen. Jetzt ist es wieder aufgetaucht und in der Wendischen Kirche zu sehen.
Hans-Peter Rößiger freut sich über das Altarbild aus Sauo. Es hängt zurzeit in der Wendischen Kirche und kann auf Anfrage besichtigt werden.

Hans-Peter Rößiger freut sich über das Altarbild aus Sauo. Es hängt zurzeit in der Wendischen Kirche und kann auf Anfrage besichtigt werden.

Bild: Sts

Anfang Oktober dieses Jahres erhielt Hans-Peter Rößiger einen Anruf, den der Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege - 1909 e.V. Senftenberg nicht so schnell vergessen wird: »Es meldete sich Gertrud Ebert aus Senftenberg und fragte mich, ob ich den Sauoer Altar kenne. Natürlich wusste ich davon, denn 2020 gab es in unserem Heimatkalender ›Kippensand‹ einen Beitrag über entstandene Altäre in den 30er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts. So auch über diesen Altar.« Als Hans-Peter Rößiger die Frage bejahte, wurde ihm angeboten, dieses mehrteilige Altarbild zu übernehmen. »Ich war schlagartig hellwach. Unser Haus ist zwar nicht das Kleinste aber für mich war die Heimstätte des Heimatvereins in der Wendischen Kirche sofort der richtige Ort, den ich auch als Standort für das Altarbild vorschlug.« Gertrud Ebert zeigte sich mit diesem Vorschlag einverstanden.

 

»Das Altarbild aus Sauo galt seit vielen Jahren als verschollen«, erklärt Rößiger. »Es wurde vom Maler Heinrich Max Vogel aus Niederwartha künstlerisch ausgeführt und zur Einweihung der Kirche 1934 enthüllt. Durch die Erweiterung des Braunkohletagebaues Meuro wurde der Ort 1971 abgebaggert und die Kirche verschwand.«

 

Menschen der Zeit als Motiv

 

Wie Hans-Peter Rößiger berichtet, verdeutlicht das Bild die Neue Sachlichkeit – eine Kunstrichtung, die sich wieder auf das Wesentliche und das Sichtbare konzentriere. »Es heißt, dass die abgebildeten Menschen alle Personen aus der Zeit seien, die Vogel porträtiert haben soll. Das passt zur Neuen Sachlichkeit«, informiert er. Die Kirche in Sauo selbst habe auch eine interessante Geschichte: »Sie ist kein klassischer Kirchenbau, sondern war einst ein bäuerliches Wirtschaftsgebäude, das zu einem Gotteshaus umgebaut wurde. Der Entwurf des dazugehörigen Turmes mit einer imposanten Glashaube stammte von dem bedeutenden, damaligen Senftenberger Architekten Heinrich Otto Vogel. Der Kirchenbau wurde gemeinsam von der ILSE-AG und den Anhaltischen Kohlewerken finanziert.«

 

Großmutter stand Porträt

 

Gertrud Ebert aus Senftenberg hatte viele Jahre das Altarbild auf dem Boden ihres Familienhauses gelagert. »Siegfried Witt, mein Vater, hatte es damals gerettet. Es sollte, wie andere Dinge aus der Kirche, aufgegeben werden. Doch da seine Mutter auf dem Bild zu sehen ist, sah sich mein Vater veranlasst, das Altarbild vom Braunkohlenkombinat Senftenberg abzukaufen«, erzählt Gertrud Ebert.

 

Hans-Peter Rößiger unterstreicht und lobte diese Handlung: »Er rettete so dieses Altarbild vor einem möglichen Verlust für die Ewigkeit. Ein bleibender Verdienst, welcher sich jetzt mit diesem Bild verbindet.«

 

Wie Gertrud Ebert informiert, ist ihre Großmutter auf dem linken Altarflügel abgebildet: »Sie ist die große Frau mit den blonden Haaren und verschränkten Armen. Es heißt, sie habe sich damals sehr für die Kirche engagiert.« Auch die beiden Töchter des damaligen Pfarrers Hans Rother aus der Kirchgemeinde Senftenberg/West und Sauo sollen laut Ebert von Heinrich Max Vogel für das Altarbild porträtiert worden sein. Ebenso der Sauoer Dorfschullehrer jener Zeit, Louis Lettner.

 

Die 72-Jährige freue sich, dass der Heimatverein das Gemälde zu schätzen weiß: »Der Dachboden ist für so ein Kunstwerk viel zu schade. Einerseits herrschen dort keine optimalen Bedingungen und zweitens soll das Gemälde doch auch gesehen werden, denn es gehört hierher – in die Region.« Wie Gertrud Ebert erzählt, findet sie selbst besonders den Stil von Heinrich Max Vogel sehenswert: »Das ist ein ganz besonderer Pinselstrich.«

 

Ein Kreis schließt sich

 

Wie Gertrud Ebert und Hans-Peter Rößiger informieren, sei geplant, das Altarbild den Heimatverein als Dauerleihgabe vorerst für 25 Jahre zu überlassen. »Dafür sind wir sehr dankbar«, betont der Vereinsvorsitzende und erzählt, dass sich damit auch ein Kreis schließt. »Das Altarbild hing einst in einer Kirche und wird jetzt auch wieder in einem Kirchengebäude zu sehen sein. Der kleine Saal im Bürgerhaus, in dem das Gemälde jetzt hängt, ist unser Vereinsdomizil und das Gebäude ist ein denkmalgeschützter Kirchenbau – die einstige Wendische Kirche.«

 

Wie Hans-Peter Rößiger sagt, ist er glücklich, dass der Heimatverein dieses regionale Kulturgut den Lausitzern jetzt zeigen und zugänglich machen kann: »Das Altarbild hat eine außergewöhnliche Geschichte und ist mit seinen Porträts etwas ganz Besonderes. Nicht mehr Heilige und christliche Motive stehen im Vordergrund, sondern ortsverbundene Menschen aus der Zeit der Entstehung – Anfang der 30er-Jahre. Zu der Zeit durften noch sorbisch/wendische Trachten gezeichnet werden. Das ist hier sehr schön umgesetzt.«

Wer Interesse hat, das Altarbild zu besichtigen, kann sich unter 03573/ 2570 oder heimatverein-senftenberg@gmx.de beim Verein für Heimatpflege – 1909 e.V. Senftenberg melden.


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