

Sie hatten es gut in Syrien. Sie hatten eine ordentlich bezahlte Arbeit, Familie, Freunde und die Gewissheit, in ihrer Heimat ein glückliches Leben zu führen. Dann kam der Krieg.
Und für Aliso Abdalrahim, seine Frau und die beiden Kinder änderte sich alles. „Der Krieg hat das Land zerstört. Heute kann man dort kaum einen Fuß vor die Tür setzen, ohne Gefahr zu laufen, getötet zu werden“, berichtet der 31-jährige Familienvater. Er selbst stand auch schon vor einem Erschießungskommando, konnte im letzten Moment mit einigen anderen flüchten.
Das hat ihn geprägt und in seiner Meinung bestärkt: „Wir müssen Syrien verlassen! Hier gibt es keine Zukunft für uns.“ Vor zwei Jahren war das. Es folgte eine Odyssee durch halb Europa. Als Spitzenkoch in seinem Heimatland verdiente Aliso gutes Geld. Geld, was er betrügerischen Schleppern gab, die ihn von der Türkei aus nach Deutschland bringen wollten. 900 Euro pro Person nahmen sie ihm ab - fast alle Ersparnisse der jungen Familie. „Wir sind aber irgendwo in der Schweiz gelandet. Dort durften wir nicht bleiben. So sind wir über Österreich und Ungarn nach Bulgarien gekommen.“ Die Verhältnisse im Flüchtlingslager dort waren dramatisch. Seine hochschwangere Frau musste um ihr ungeborenes Kind fürchten.
Seit Juli lebt die syrische Familie nun in Cottbus. Kurz nach der Ankunft kam der jüngste Sohn im Carl-Thiem-Klinikum gesund zur Welt. Doch Frieden und Ruhe will sich auch hier nicht wirklich einstellen. „Die Menschen hier sind wunderbar und es gibt keinen Krieg. Doch wir sind nur noch fünf Monate geduldet. Dann droht uns die Abschiebung.“ Auch seine achtjährige Tochter hat die traumatischen Erlebnisse im Kriegsland Syrien noch nicht verarbeitet...
Alisos Tochter, gerade acht Jahre, ist in psychologischer Behandlung. Die Erlebnisse in Syrien und auf der zweijährigen Flucht durch Europa haben sie traumatisiert. „Sie hat Albträume und ständig Angst. Fliegt am Himmel ein Flugzeug, bricht sie zusammen und schreit - sie hat Angst, es regnet Bomben“, sagt der Familienvater.
Ihn selbst quält indes ein anderes Problem: In fünf Monaten läuft die Duldung der Familie in Deutschland ab, Abschiebung droht. Er wolle, sagt der 31-Jährige, nun alles probieren, damit die Duldung zumindest verlängert wird. Am Montag begann er einen Integrationskurs, der auch das Erlernen der deutschen Sprache beinhaltet. „So schnell wie möglich will ich arbeiten. Egal was“, so der gelernte Koch. Nach Syrien zurückgehen ist für ihn derzeit keine Option. „Ich vermisse meine Heimat. Aber die würde ich nicht mehr wieder erkennen.“
Geschichten wie die der Familie Abdalrahim sind Alltag im Willkommentreff in Sachsendorf. Vor gut drei Monaten eröffnete das Hilfsangebot für Flüchtlinge im ehemaligen Schleckergeschäft (Ladenzeile Gelsenkirchener Allee, neben der Tafel). Projektleiterin Ivette Kirschner: „Ich weiß nicht, was ich sagen soll: die Unterstützung der Cottbuser ist grandios. Mittlerweile sind wir an der Kapazitätsgrenze. Aber wir stimmen uns mit den anderen Trägern in der Stadt ab. Keine Spende landet in der Tonne.“
Träger des Willkommentreffs (s. Foto) ist die Regionalwerkstatt Brandenburg e.V, unterstützt wird man durch das Jobcenter und das Sozialamt der Stadt Cottbus.
Verteilt an die Hilfe suchenden Menschen werden hier u.a. Bekleidung, Elektrogeräte, Bettwäsche, Geschirr, Spielzeug und vieles mehr. „Eben alles, was man im Alltag benötigt“, ergänzt die Projektleiterin. In der Kommunikation zu dem Flüchtlingen wird sie durch zwei ehrenamtliche Dolmetscher unterstützt. Kirschner: „Das ehrenamtliche Engagement der Cottbuser einfach großartig.“
Hintergrund:
Der Willkommentreff ist Dienstag von 12 bis 15 Uhr und Donnerstag von 9 bis 12 Uhr geöffnet.
Derzeit werden vor allem Winterbekleidung für Männer, Kinderbekleidung sowie Elektrogeräte (TV, Küchengeräte etc.) gesucht.
Auch ein Spendenkonto wurde eingerichtet, hier die Bankverbindung:
Kontoinhaber: Regionalwerkstatt Brandenburg e.V.
IBAN: DE65 1805 0000 0190 0520 40
BIC: WELADED1CBN