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Natalie Langer muss nicht in den Knast

Das 20fache Miss-Model aus Hoyerswerda wurde heute im Landgericht Berlin verurteilt. Ein Jahr und sechs Monate Freiheitsentzug, ausgesetzt zu drei Jahren Bewährung. Außerdem soll sie 120 Sozialstunden leisten und ihren Führerschein für ein Jahr abgeben.

Die Tat: Laut Staatsanwalt soll sie in der Nacht vom 26. Juli 2013 einen Mann (50) in Berlin Treptow mit ihrem geleasten Mercedes C200 angefahren und schwer verletzt haben. Danach sei sie davongefahren. Das Opfer wurde von Passanten entdeckt, lag fast zwei Wochen im Koma. Natalie Langer äußerte sich unter Tränen zur Sache: "Ich kann mich an nichts erinnern".
Mit auf der Anklagebank saß Natalies Ex-Verlobter. Laut Natalie habe er sie davon abgehalten zur Polizei zu gehen. Stattdessen hat er versucht, das Auto in Polen verschwinden zu lassen.
Nach fünf Monaten wurde am Mittwoch, um 12.15 Uhr das Urteil gesprochen.
WochenKurier unterhielt sich dazu mit Richterin Lisa Jani: Wie hat Natalie Langer das Urteil aufgenommen?
Sie hat keinerlei Regungen gezeigt. Es war allerdings ganz interessant, der Vorsitzende der Kammer sagte, er würde die Angeklagte ja jetzt seit 5 Monaten kennen und er sei zu der Überzeugung gelangt, dass sie eine Fassade zeigen würde. Es würde immer so aussehen, als würde alles an ihr kühl abperlen. Aber er sei persönlich davon überzeugt, dass die Angeklagte auch tief drinnen sehr mitgenommen von den Vorfällen sei. Wie lautet das Urteil für Natalie Langer?
Das Gericht hat die Angeklagte wegen fahrlässiger Körperverletzung in Tateinheit mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs sowie wegen veruntreuender Unterschlagung und Vortäuschen einer Straftat zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und diese Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Darüber hinaus wurde ihr die Fahrerlaubnis entzogen und für die Neuerteilung eine Sperre von einem Jahr ausgesprochen. Die Bewährung wurde für drei Jahre ausgesetzt und ihr wurde die Auflage erteilt, 120 Stunden gemeinnütziger Arbeit abzuleisten. Die Fahrerlaubnis wurde ihr schon vorläufig entzogen, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Die Fahrerlaubnisentziehung wird ja erst mit Rechtskraft des Urteils rechtsgültig. Deswegen hat das Gericht schon vorläufig die Fahrerlaubnis entzogen. Welche Strafe wurde ihrem Ex-Verlobten ausgesprochen?
Der Angeklagte K. ist wegen Unterschlagung und Vortäuschen einer Straftat zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden und auch diese Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Ebenfalls für drei Jahre. Ihm wurde außerdem die Auflage erteilt 2.500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Warum ist man zuerst von versuchtem Mord ausgegangen?
Kernpunkt der Urteilsbegründung war sicherlich der Punkt, dass das Gericht nicht wie angeklagt durch einen versuchten Mord durch Unterlassen ausgegangen ist, davon ist auch schon die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer abgewichen. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass eine Verurteilung wegen versuchten Mordes durch Unterlassen nur möglich gewesen wäre, wenn man ihr hätte nachweisen können, dass sie den Unfall bemerkt hat, dass sie bemerkt hat dass der Geschädigte sehr schwer verletzt ist und dass sie in Kenntnis dessen eben weggefahren sei und ihn dort seinem Schicksal auf der Straße überlassen habe. Das hat sich nach Überzeugung des Gerichts so nicht bewahrheitet. Wie wurde das ermittelt?
Das Gericht stützt sich da auf drei Gutachten, die eingeholt wurden und die auch erörtert wurden in der Hauptverhandlung. Einmal ein Gutachten eines Unfallsachverständigen, der den Unfall wirklich minutiös nachgestellt hat. Mit dem Unfallwagen, mit dem beteiligten LKW an dem der Geschädigte gestanden hat, mit einem Mitarbeiter der sogar die Originalkleidung des Geschädigten getragen hat. Außerdem ein medizinisches Gutachten sowie ein psychiatrisches Gutachten. Danach ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Unfall für die Angeklagte nicht wahrnehmbar gewesen sei. Der Sachverständige für Unfallrekonstruktion sagte, die Wahrnehmung sei für den Fahrer ungefähr so gewesen, als hätte er einen Ast überfahren oder einen kleinen Pflasterstein, mehr nicht. Welche Rolle spielte der Alkohol?
Das Gericht hat aber ganz deutlich gemacht, dass – selbst wenn die Angeklagte nach ihrer Überzeugung nicht bemerkt hat, dass die eingeschränkte Aufmerksamkeit auf ihre Alkoholisierung zurückzuführen ist. Hier war ein toxikologisches Gutachten gehört worden, von einem medizinischen Sachverständigen. Und das Gericht hat dazu ausgeführt, das der medizinische Sachverständige zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Angeklagte deutlich alkoholisiert gewesen sei, dass sie aber bei Fahrtantritt habe merken müssen, dass sie absolut nicht mehr fahren kann. Aber sie konnte es nicht sicher wissen. Deshalb hat das Gericht sie wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt und nicht wegen vorsätzlicher. Denn wenn sie die gebotene Sorgfalt an den Tag gelegt hätte, hätte sie erkennen müssen, dass sie nicht mehr in der Lage ist ein Fahrzeug zu führen. Letztlich lag es an einer Bowle?
Erschwerend kam wohl in dem Fall nach dem Gutachter hinzu, dass das Lokal in dem sie war, eine Erdbeerbowle zum Schluss des Abends ausgegeben hat. Das hat sie wohl kurz vor Fahrtantritt getrunken und diese Erdbeeren haben sich nach dem Sachverständigen komplett mit Alkohol vollgesogen und müssen ihre Wirkung dann im Magen entfaltet haben. Und das ziemlich plötzlich. Das Gericht sah es als gegeben an, dass sie bei Fahrtantritt noch keine schweren Ausfallerscheinungen hatte, dann aber während der Fahrt. Das war insofern wichtig als es darum ging fahrlässige Gefährdung des Straßenverkehrs oder eine vorsätzliche, bzw. dann auch die Bemerkbarkeit des Zusammenpralls. Das Gericht ist dem Sachverständigen da gefolgt und hat gesagt, die Unfallrekonstruktion habe ergeben, dass der Geschädigte an seinem LKW heruntergebeugt gewesen sei, er sei sehr schwer zu sehen gewesen, wegen seiner Bekleidung. Aber ein nichtalkoholisierter Autofahrer hätte das erkennen können und ausweichen können. Deshalb eben eine Verurteilung. Deswegen ist sie für den Unfall und für die schweren Verletzungen verantwortlich. Wie soll sich der Unfall abgespielt haben?
Der Geschädigte soll ein ausgestrecktes Bein gehabt haben und das Fahrzeug von der Angeklagten habe ihn lediglich gestreift. Dadurch sei er in eine Art Kreiselbewegung gekommen und unter den Radkasten des LKW geraten. Deswegen auch nur diese Bemerkbarkeit, als hätte man einen Ast oder einen Pflasterstein überfahren. Weil sie ihn nicht voll getroffen hat, sondern ihn in eine Kreiselbewegung versetzt hat. Dadurch ist es aber auch zu den schweren Verletzungen gekommen. Der Vorsitzende hat viele Worte auch an den Geschädigten, der bei der Urteilsverkündung anwesend war, gerichtet und das erläutert. Diese Kreiselbewegung lässt sich aufgrund von Spuren auf der Hose des Geschädigten nachweisen und durch Fußspuren des Geschädigten am Unfallfahrzeug. Wie geht es dem Unfallopfer heute, fast drei Jahre nach der Tat?
Der Geschädigte hat schwere, bleibende Schäden zurückbehalten.

Eigentlich war die Tat ein „normaler Unfall“?
Das Gericht hat ganz klar gesagt, normalerweise sei dieser Vorfall wie ein alltäglicher Verkehrsunfall zu behandeln. Nur das Nach-Tat-Verhalten sei eben das besonders verwerfliche gewesen, deshalb dann auch noch die Verurteilung wegen veruntreuender Unterschlagung. Veruntreuend bei Frau Langer deshalb, weil sie die Leasingnehmerin dieses Fahrzeuges war. Bei Herrn K. nur einfache Unterschlagung und eben Vortäuschen einer Straftat. Das Gericht hat hier ausgeführt, dass nach ihrer Überzeugung der Angeklagte K. derjenige war, der nachdem die beiden dass am nächsten Morgen mitbekommen hätten, dass der Unfall der in der Straße passiert war, wohl mit ihrem Fahrzeug passiert worden sein muss, dass der Angeklagte K. dann diesen Plan geschmiedet habe und die Angeklagte Langer dann mitgezogen habe. Ausgeheckt sei der Plan der Beseitigung dieses Fahrzeuges von dem Angeklagten K. Ein kleines Plastikteil führte zu Frau Langer?
In akribischer Arbeit ist der Tatnachweis geführt worden, weil am Unfallort nur ein ganz kleines Kunststoffstück auf das Fahrzeug der Angeklagten hinwies. Nämlich eine kleine Klemmvorrichtung, nicht größer als ein halber Fingernagel. Dieses Stück habe dann dazu geführt, dass das Tatfahrzeug ausfindig gemacht werden konnte. Sie sagen, die Strafe sei ziemlich hoch?
Das Gericht hat Ausführungen dazu gemacht, wie sich die Höhe der Strafen zusammensetzt. Dass der Verkehrsunfall eigentlich ein normaler Vorfall sei, der an sich mit einer Geldstrafe bei einem Ersttäter, der sie ja ist, zu ahnden gewesen wäre.  Aber dass diese schweren Verletzungen eben auch dafür ausschlaggebend waren, dass hier eine Freiheitsstrafe verhängt werden musste.
Ich war früher selbst Verkehrsrichterin. Das ist für das was dann festgestellt wurde schon ziemlich hoch. Zumal das Gericht auch den Paragraf 21 StGb angenommen hat, also verminderte Schuldfähigkeit wegen der Alkoholisierung und dadurch der Strafrahmen auf 2 Jahre und drei Monate beschränkt sei. Das heißt höher hätte man gar nicht gehen können und das ein Jahr uns zwei Monate für das Unfallgeschehen und dann hinterher die Gesamtstrafe von einem Jahr und sechs Monaten schon hoch. Das Gericht sagte: Das ist nicht wenig. Aber das Urteil ist noch nicht rechtkräftig?
Frau Langer und Herr K. können Revision gegen dieses Urteil einlegen. Dafür haben sie eine Woche Zeit. Ihre Verteidiger haben sich bislang nicht dazu geäußert. Wer trägt die Kosten?
Die Kosten übernehmen die Angeklagten. Die Höhe kann man noch nicht beziffern, das wird jetzt erst alles ausgerechnet. Aber die Kosten werden hoch sein, allein wegen der Gutachterkosten. Da ja drei Gutachten eingeholt wurden und diese Gutachten sind sehr kostspielig.
Vielen Dank für dieses Gespräch!


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