Großer Prüfungstag für Stollenbäcker

„Liegt es am Wetter, haben die Bäcker gerade nur zu viel Streß oder einfach nur schlechte Laune“, fragt sich Michael Isensee beim Blick auf den Tisch mit den zu prüfenden Stollen. Sechzehn Bäcker stellten sich in Kamenz der Bewertung, im letzten Jahr waren es noch fast doppelt so viele. Besser ist die Beteiligung in Bautzen, obwohl man laut Isensee mit ähnlichen Tendenzen zu kämpfen hat. Doch immerhin durften die Prüfer im Bautzener Rathaus am Freitag ganze 45 Stollen aus der Region verkosten und bewerten.
Wozu die Prüfung? „Ursprungsgedanke war vor 25 Jahren, dass wir den Bäckern eine Hilfestellung geben wollten“, erklärt Stollenprüfer Michael Isensee. „Wenn also ein Bäcker eine neue Rezeptur ausprobiert hat und der Stollen schmeckt nicht, können wir ihm Hilfestellung geben und sagen, woran es liegt. Dafür wurden wir geschult.“
Aber nicht alle machen mit. Dass von den 68 Bäckern der Bautzener Bäckerinnung ganze 16 an der Prüfung in Kamenz teilnehmen, ist für Michael Isensee schlicht unverständlich. Denn schließlich verstehen sich die Prüfer als Berater, was eventuell an dem Stollen nicht stimmt. Aber sie verstehen sich auch als Werbehelfer, denn wird der eingereichte Stollen gut bewertet, dürfte die entsprechende Urkunde der Bäckerinnung hinter der Verkaufstheke sicher verkaufsfördernd wirken.

Michael Isensee über die Alternative zur Innungsprüfung: „Der Bäcker, der nicht an der Prüfung teilnehmen möchte, geht halt zu seiner Frau und sagt: Du, Elfriede, ich habe hier mal etwas neues ausprobiert.  Elfriede wird sagen ’Ja, schmeckt‘. Sie wird ja auch den Teufel tun ihrem Mann etwas anderes zu sagen. Tja, und das sind genau die Bäcker die dann irgendwann mal weg sind.“

Geschmack ist subjektiv Wie wird eigentlich ein Stollen bewertet, schließlich hat jeder einen anderen Geschmack. „Bewertet wird auch nicht ausschließlich der Geschmack, sondern das handwerkliche Geschick, die Wahl der Zutaten, die Saftigkeit und die Zubereitung.“ Hierbei kann der Prüfer auf seine Bäckermeister-Ausbildung-, eine 25-jährige Erfahrung-, seinen geschulten Gaumen- und seine Qualitätsprüfer-Qualifikation zurückgreifen. So schmeckt er beispielsweise, wenn überlagerte Zutaten verwendet wurden, das Öl auf dem Backblech vielleicht nicht mehr ganz frisch war oder wenn sich der Bäcker bei den Zutaten möglicherweise verwogen hat.
Tipps für die Käufer Einen guten Stollen erkennt man zwar in erster Linie an der Prüfungsurkunde der Bäckerinnung, doch es gibt einige Merkmale, auf die sich Kunden beim Stollenkauf stützen können: „Ein sicheres Anzeichen ist die Farbe und die Kruste des Stollens. So sollte die Kruste nicht zu dick und der Boden nicht verbrannt sein“, so der Experte. Hingegen ist eine Butterfettschicht auf der Kruste kein Makel. Selbst die Wahl der richtigen Rosinen lassen Rückschlüsse auf die Qualität des Stollens zu. So sind große, helle Rosinen besser als die kleinen, dunklen Früchte, welche mehr Bitterstoffe enthalten können.
Die Prüfungsergebnisse „Theoretisch könnten alle 16 Proben mit 16 mal Gold bewertet werden“, erklärt der Stollenprüfer Michael Isensee. In Kamenz ermittelte der Prüfer folgendes Ergebnis:  Von den sechzehn eingereichten Stollen zur Prüfung in Kamenz wurden neun mit dem Prädikat sehr gut ausgezeichnet. Fünf weitere Stollen erhielten von den Prüfern die Note „gut“, zwei eingereichte Stollen wurden nicht prämiert.
Wer sind die Sieger? Wo es in Ihrer Stadt den leckersten Stollen gibt, haben die Prüfer auf einer Internetseite hinterlegt. Einfach die Postleitzahl oder den Ort unter www.brot-test.de eingeben und die „Ausgezeichneten Bäckereien“ in Ihrer Nähe besuchen. (Henry Gbureck)