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Alstom: Ist der Zukunftstarifvertrag schon wieder Geschichte?

Bautzen/Görlitz. Die IG Metall-Mitglieder der Alstom-Standorte in Bautzen und Görlitz haben beschlossen, den erst im vergangenen Jahr abgeschlossenen Zukunftstarifvertrag zu kündigen. Begründung: Dieser werde nur von einer Seite erfüllt. Ob es soweit kommt, ist aber noch nicht sicher.
Alstom-Standort in Görlitz. Das Unternehmen hatte in Deutschland Ende 2021 eine Restrukturierung angestoßen, um die deutschen Alstom-Standorte wettbewerbsfähiger aufzustellen. Der nun abgeschlossene Zukunftstarifvertrag ist das Ergebnis eines Einigungsprozesses, der im Dezember 2021 mit Verhandlungen zwischen Management sowie Betriebsrat und IG Metall begonnen hatte.

Alstom-Standort in Görlitz. Das Unternehmen hatte in Deutschland Ende 2021 eine Restrukturierung angestoßen, um die deutschen Alstom-Standorte wettbewerbsfähiger aufzustellen. Der nun abgeschlossene Zukunftstarifvertrag ist das Ergebnis eines Einigungsprozesses, der im Dezember 2021 mit Verhandlungen zwischen Management sowie Betriebsrat und IG Metall begonnen hatte.

Bild: Keil

»Vertrag nur einseitig erfüllt!« steht groß in einer Mitteilung, mit der die IG Metall bekannt macht, dass die IG Metall-Mitglieder bei Alstom in Bautzen und Görlitz gemeinsam mit den weiteren vom Geltungsbereich des Zukunftstarifvertrags erfassten Standorten in Deutschland beschlossen haben, den Zukunftstarifvertrag zu kündigen. Damit folgen sie der Empfehlung der Gewerkschaft und des Gesamtbetriebsrats aus der vergangenen Woche, über die Fortführung des Zukunftstarifvertrages zu entscheiden. Dieser Vertrag, der die langfristige Sicherung der deutschen Alstom-Standorte zum Ziel hat, war nach langwierigen Verhandlungen zwischen IG Metall, Gesamtbetriebsrat und Alstom im vergangenen Jahr abgeschlossen worden.

 

»Der Zukunftstarifvertrag gilt seit mehr als einem Dreivierteljahr«, sagt Uwe Garbe, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Ostsachsen. »Allerdings ist nicht erkennbar, dass Alstom sich an die Vereinbarungen halten wird. Bis heute gibt es keine belastbaren Aussagen des Managements, wie die Verhandlungsergebnisse umgesetzt werden sollen. Im Gegenteil: Alstom hat weitere Entlassungen angekündigt, die auch die deutschen Standorte treffen würden.« Die IG Metall wird nun nach anderen Möglichkeiten suchen, Standorte und Beschäftigung zu sichern. »Wir werden um jeden Arbeitsplatz kämpfen«, kündigt Uwe Garbe an.

 

88,1 Prozent fürKündigung

 

Die IG Metall hatte in der vergangenen Woche an allen Standorten Mitgliederversammlungen durchgeführt, um mit ihren Mitgliedern über eine Kündigung des Zukunftstarifvertrags zu beraten. Die anschließenden Abstimmungen darüber fielen eindeutig aus. Über alle Standorte hinweg sprachen sich 88,1 Prozent für eine Kündigung aus. Im April wird es voraussichtlich noch einen Einigungsstellentermin geben, den IG Metall und Gesamtbetriebsrat vor einer Kündigung wahrnehmen müssen. Ob die Kündigung umgesetzt wird, hänge wesentlich davon ab, ob es bei diesem Termin klar fixierte Zusagen von Alstom geben wird, heißt es von der Gewerkschaft. Bleiben solche greifbaren Ergebnisse aus, »gibt es keine Basis für eine Weiterführung des Tarifvertrags«, beschreibt Uwe Garbe die Situation. »Sollte es jedoch substanzielle Ergebnisse geben, werden wir diese genau prüfen und dann entscheiden, wie es weitergeht.«

 

Ziel des Zukunftstarifvertrags war die langfristige Sicherung der deutschen Alstom-Standorte und der Arbeitsplätze. Er sieht für die Laufzeit von drei Jahren eine Beschäftigungssicherung vor. Alstom hatte sich verpflichtet, Standortspezialisierungen und Investitionen vorzunehmen und zwei Prozent des Deutschland-Umsatzes in die deutschen Standorte zu investieren, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Alstom-Beschäftigten ihrerseits hatten sich bereit erklärt, ebenfalls einen Anteil zur Standortgarantie und zur Sicherung ihrer Arbeitsplätze zu leisten. Ihre finanziellen Zugeständnisse belaufen sich auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr, den sie durch tarifliche Sonderzahlungen und freiwillige Leistungen des Arbeitgebers erbringen. Bei Erreichung erfolgsbezogener Kennzahlen sollten die zuvor einbehaltenen tariflichen Sonderzahlungen im Folgejahr an die Beschäftigten zurückgezahlt werden.

 

»Von diesen Vereinbarungen sind wir meilenweit entfernt. Bislang gehen nur die Kolleginnen und Kollegen einseitig in Vorleistung und müssen sich dennoch um ihre Arbeitsplätze sorgen«, sagt Uwe Garbe. »Dass Alstom sich um Standortspezialisierungen bemüht und Beschäftigung sichert, ist nicht zu erkennen. Insbesondere der Standort Görlitz ist derzeit stark in der Unterauslastung.«


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