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Annette Lindackers

Von der Klinik in die Krippe

In Sachsens Kindertageseinrichtungen ist es seit dem 1. September 2017 möglich, zu den Fachkräften auch sogenannte Assistenzkräfte einzustellen.
Mit Florian, Mylaina und Caitlin schaut sich Anja Scherf, Assistenzkraft in der Kita „Weinbergwichtel“ ein Buch an.                                                                                Foto: Lindackers

Mit Florian, Mylaina und Caitlin schaut sich Anja Scherf, Assistenzkraft in der Kita „Weinbergwichtel“ ein Buch an. Foto: Lindackers

 Stille im Raum der Katzengruppe. Die 15 Krippen-Kinder sitzen gespannt um drei Tische verteilt. Da beginnt die Musik und Plüschkater Carlo begrüßt an der Hand einer Erzieherin zum Lied „Guten Morgen, wie geht es Dir...“ von Detlev Jöcker jedes einzelne Kind. Morgenroutine in der Kita „Weinbergwichtel“ in Weinböhla. Danach gibt es Obst für die Kleinsten, jeder darf sich nehmen und an den Nachbarn weitergeben. Zwei Erzieherinnen und sowie eine Assistenzkraft betreuen die Gruppe. Gesetzesänderung Nach der Änderung des sächsischen Gesetzes über Kindertageseinrichtungen ist es seit dem 1. September 2017 möglich, in Kita Assistenzkräfte zu beschäftigen. Auf so einer Stelle arbeitet Anja Scherf (47) seit knapp zwei Monaten bei den „Weinbergwichteln“ in der Katzen-Gruppe. Die Mutter von zwei Kindern hat ursprünglich als Kinderkrankenschwester gearbeitet, dann umgeschult zur Ergotherapeutin. „Ich wollte immer gern mit kleinen Kindern arbeiten“, sagt die gebürtige Radebeulerin, „nach 21 Jahren habe ich nun meine Stelle gefunden.“ Die Aufgaben der Assistenzkräfte sind im Gesetz verankert. Sie helfen beim An- und Ausziehen, beim Wickeln und beim Essen, einfach bei der täglichen Routine. Anja Scherf arbeitet sehr gerne in der Kita, schätzt die geregelten Arbeitszeiten und kann ihren momentanen Stundenumfang von 30 perspektivisch auf 40 Wochenstunden ausdehnen. Das kleine Frühstück ist vorbei, die Finger der Schützlinge abgewischt und die Tische gereinigt. Die Kinder wissen, dass es jetzt nach draußen an die frische Luft geht. Hier ist Anja Scherf mit eingeplant, den Kindern beim Anziehen zu helfen. Sie geht heute mit Florian, Mylaina und Caitlin in den Garten und wartet, bis die Gruppe zur Ausfahrt fertig angezogen ist. Bei 16 Kindern gelingt das nur mit einer guten Organisation und klaren Strukturen. „Mir gefällt besonders an meiner Arbeit“, sagt Scherf, „dass hier täglich der ´Lohn´ zu spüren ist, immer kommt ein kleiner Fortschritt hinzu und die Zuneigung der Kleinen ist etwas sehr besonderes.“ Qualifizierung Als Assistenzkraft kann sich bewerben, wer staatlich geprüfter Sozialassistent ist oder eine Ausbildung als staatlich geprüfter oder anerkannter Kinderpfleger vorweisen kann. Kinderkrankenschwestern sowie Kinder- oder Gesundheitskrankenpfleger werden als Assistenzkräfte eingesetzt ebenso wie eine Kindertagespflegeperson mit mindestens dreijähriger  Tätigkeitserfahrung.
Jens-Uwe Hoffmann, stellvertretender Leiter der Kita „Weinbergwichtel“, dessen Träger die Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen e.V. ist, freut sich, dass mit dem Einsatz von Assistenzkräften die Personalsituation in den Krippen etwas entschärft wird. In der Kita arbeiten neben Frau Scherf als Assistenzkraft 15 Erzieherinnen und ein Erzieher. Da ist noch Platz nach oben, denn bis zu 20 Prozent des Personals in einer Krippe darf mit Assistenzkräften besetzt sein. Der gültige  Betreuungsschlüssel von einem Erzieher auf 5,5 Kinder bezieht sich nur auf Kinder, die neun Stunden am Tag betreut werden. „Bei Lichte betrachtet“, sagt Hoffmann,  „fallen durch Krankheit, Urlaub und Weitebildung im Jahr zwei Planstellen weg.“ „Für uns ist es nach den Standards der Volkssolidarität wichtig, dass die Assistenzkräfte in alle Tätigkeiten gleichwertig mit einbezogen werden“, sagt Hoffmann. Dazu zählen neben den pflegerischen Arbeiten auch Konzeptionsentwicklungen sowie die Umsetzung des Qualitätsmanagements. „Es wäre eine große Hilfe für uns“, stellt Hoffmann fest, „wenn diese Regelung auch für den Kindergartenbereich gelten würde.“ Info/Bewerbungen: Manuela.mueller@volkssolidarität.biz Zahlen Nach den Ergebnissen der Bertelsmann Stiftung kümmert sich im Westen der Republik ein Erzieher im Schnitt nur um 3,6 Kinder. Im direkten Länder-Ranking liegt Baden-Württemberg vorn (1:3). Schlusslicht ist Sachsen mit Quoten von 1 bis zu 6 Kindern. Während in Westdeutschland 28 Prozent der Kinder in Kita betreut werden, sind im Osten 52 Prozent der unter Dreijährigen in Betreuung.


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