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Carola Pönisch

Schloss bekommt Herz zurück

Die größten farbigen Renaisssance-Fresken nördlich der Alpen sollen ab 2019 den Altan im Schlosshof zieren.

 Der Altan, eine viergeschossige Loggia im großen Schlosshof an der Rückseite des Hausmannsturms, war einst von italienischen Künstlern prächtig bemalt worden. Nach dem Wiederaufbau dieses Bauwerkes im Schlosshof im Jahr 2010 folgt in den nächsten drei Jahren nun die farbliche Neugestaltung. Genau das hat Kurfürst Moritz von Sachsen einst gewollt: Dass es seinen Gästen angesichts der Pracht die Sprache verschlägt: Traten sie durch ein kleines Tor in den Schlosshof, wurden sie ab 1556 nicht nur von der überwältigenden Sgraffito-Technik an der Fassade ringsum empfangen, sondern auch von der Farbenpracht des Altans – jener Loggia mit Säulen und drei Ebenen, die mit Szenen aus der biblischen Geschichte noch heute als eine der größten Fresken der Renaissance nördlich der Alpen gilt. Oder besser galt, denn von den kunstvollen Bildern der Brüder Gabriel und Benedict da Tola aus Italien, angefertigt 1547 bis `56, war seit bald 200 Jahren nichts mehr zu sehen. Das soll sich nun ändern. Die farbenfrohen Fresken, die von der Geburt Christi, der Bekehrung des Paulus und von Königin Saba vor Salomon erzählen, in der Fassung des 16. Jahrhunderts entstehen neu. Viele Jahre der Vorbereitung, Recherche und Studien der farbigen Gestaltung der Natursteinelemente liegen hinter den Kunstmalern, die sich mit der Neugestaltung der Altan-Rückwände befassen – denn um eine solche (und nicht um eine Rekonstruktion) handelt es sich. „Zum Glück sind die Entwurfszeichnungen der Brüder da Tola erhalten geblieben", sagt Bauforscher Matthias Zahn. Um die biblischen Szenen auf die 5,50 Meter hohen Rückwände des Altan zu malen, werden zunächst Entwürfe im Maßstab 1:10 und später 1:1 auf Karton angefertigt. „Erst wenn alle beteiligten Experten diesen Entwürfen zugestimmt haben, können wir beginnen, die Fresken an die Wand zu bringen", erklärt Zahn. Dann werden die Umrisse der Darstellungen mit Hilfe der originalgetreuen Kartonvorlagen am Altan auf kalkhaltigen, feuchten Putz gepaust und anschließend mit Naturfarben ausgemalt. Die 1:1-Vorlagen werden übrigens in diesem und im nächsten Jahr in der Schlosskapelle erstellt, denn freie Räume in dieser Dimension sind im Schloss nicht zu finden. Die eigentliche Neugestaltung des Altans wird 2018 beginnen und soll 2019 beendet sein. Baufortschritt Doch auch im Schloss tut sich derzeit viel. Weitere Räume sind in den letzten Wochen fertiggestellt und sehen ihrer Nutzung entgegen. Dabei handelt es sich um den Gardesaal und den Kurfürstensaal im Ostflügel sowie um drei weitere Räume im Nordostflügel. Hier, an der Nordseite des Kurfürstensaals, steht nun auch das originale Moritz-Monument – ein als wertvolles Denkmal, das nach der Flut 2013 aus der Festung Dresden (Brühlsche Terrasse) geborgen und durch die Experten der Zwingerbauhütte konserviert wurde. Der Ostflügel soll für die Ausstellung der Rüstkammer „Auf dem Weg zur Kurfürstenmacht" genutzt werden, der Nordostflügel ist für die Präsentation der „Kurfürstlichen Kleiderkammer" vorgesehen. Schritt für Schritt Wann das Dresdner Residenzschloss wieder komplett in neuer alter Pracht erstrahlen wird, dazu hält sich Finanzminister Georg Umland bedeckt. Man baue Schritt für Schritt, seit 1990 mit großer Kontinuität, aber ohne Zeitdruck. Nur in einem Punkt legt sich der Minister schon heute fest: Der Altan wird der Glanzpunkt im neu gestalteten Schlosshof - und er wird die Dresdner und alle Besucher genauso sprachlos machen wie einst, als Moritz von Sachsen hier noch das Sagen hatte. C. Pönisch

Hintergrund:

Bereits unmittelbar nach der Zerstörung im zweiten Weltkrieg begannen die Sicherung der Ruine des Residenzschlosses und die Bergung wichtiger Teile. Seit Mitte der 1980er Jahre erfolgt der planmäßige abschnittsweise Wiederaufbau des Dresdner Schlosses. In einem Beschluss der Staatsregierung vom 13. Dezember 1994 wurde die überwiegend museale Nutzung des Schlosses festgelegt. Die Leistungen der ersten 15 Jahre konzentrierten sich auf die Sicherung der Substanz, auf den Rohbau und die äußere Wiederherstellung des Bestandes. In den Wiederaufbau des Schlosses wurden bisher 316 Millionen Euro investiert.
Die Gesamtbaukosten werden auf Grundlage des Baukostenindex 2015 auf rund 380 Millionen Euro geschätzt. Video: cpö


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