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Carola Pönisch

Schleudergang und Säckchen streicheln

Hinter die Kulissen geschaut: Auf der Blasewitzer Straße werden täglich bis zu 1.300 Blutspenden aus ganz Sachsen sowie Brandenburg und Berlin aufbereitet, um danach in den drei Regionen gebrauchsfertig eingesetzt zu werden.

 30 Mitarbeiterkontakte, so der korrekte Ausdruck, sind nötig, damit aus einem halben Liter gespendetem Blut eine Blutkonserve werden kann. Oder besser drei Konserven, denn der rote Lebenssaft wird regelrecht zerlegt und kann je nach Bedarf des Empfängers neu zusammengesetzt werden. Aber der Reihe nach: Wo immer in Sachsen, Berlin und Brandenburg Blut gespendet wird, es landet hier auf der Blasewitzer Straße im Institut für Transfusionsmedizin beim DRK-Blutspendedienst Nord-Ost. Im Schnitt sind es täglich um die 1.300 Beutel zu je einem halben Liter Lebenssaft, die in einem technisch recht aufwändigen Produktionsverfahren verarbeitet werden. Und dabei drängt die Zeit, denn das Zeitfenster von Spende bis zu den fertigen Konserven beträgt nur 24 Stunden. Jene Spenden also, die am Vortag irgendwo im Einzugsgebiet gewonnen wurden, werden am Folgetag morgens ab 6 Uhr als erstes verarbeitet. Zunächst wird das Spenderblut in einer Zentrifuge ausgeschleudert. Zehn solcher Zentrifugen, die an große Waschmaschinen erinnern, gibt es hier. Ein Schleudergang dauert 20 Minuten bei 20 Grad, danach ist die ursprüngliche Spende, die sich immer noch im Originalbeutel befindet, in das gelbliche Blutplasma und die rote Blutflüssigkeit getrennt. An der nächsten Station sorgt eine Maschine dafür, dass Plasma, Blutplättchen (Thrombozyten) und rote Blutkörperchen in drei sterile Beutel separiert werden. Denn genau das passiert mit einer Blutspende: Sie wird komplett zerlegt und kann bis zu drei Patienten Leben retten. Plasma zum Beispiel erhält, wer schwere Verbrennungen erlitten hat. Die Thrombozyten braucht man bei Blutgerinnungsstörungen, beides zusammen benötigt, wer Chemotherapie oder Bestrahlungen erhält. Die eigentliche Blutkonserve bilden die roten Blutkörperchen, die in einer Nährlösung schwimmen. Weil also jeder Bestandteil gebraucht wird, muss zum Beispiel Rico Helbig Säckchen streicheln, um auch den kleinsten Rest an Thrombozyten nach dem Trennprozess zu retten... Mit der Aufteilung in die drei Beutel ist der Produktionsprozess aber noch nicht beendet. „Das Plasma muss 50 Minuten lang bei minus 60 Grad schockgefrostet", erklärt Dr. Christiane Hübler, Leiterin der Entnahme. Das gefrostete Plasma wartet danach bei minus 30 Grad in einer Kältekammer auf seinen Einsatz. Gut gekühlt (- fünf Grad) lieben es auch die roten Blutkörperchen und die Thrombozyten, wobei letztere wiederum nur fünf Tage haltbar sind, während die fertige Blutkonserve, also die roten Plättchen in Nährlösung, 35 bis 42 Tage gelagert werden können. „Allerdings sind sie meist ganz schnell aufgebraucht, denn unser Vorrat reicht höchstens ein bis anderthalb Tage", weiß Dr. Hübler. Deshalb sei es auch so wichtig, ständig die Werbetrommel für Blutspenden zu rühren, vor allem in der Ferienzeit. Für ganz spezielle Fälle gibt es übrigens im Institut die „Goldene Kiste" – eine Box im Kühlraum, in der Konserven mit sehr seltenen Blutgruppen (es gibt 150 Varianten) liegen.


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