Seitenlogo
Rainer Könen

Tradition verpflichtet

Lomnitz. Die Dorfschmiede Jurisch gibt es in Lomnitz seit 140 Jahren. Der Familienbetrieb wird bereits in fünfter Generation betrieben.

Der Lomnitzer Mirko Jurisch ist Schmied aus Leidenschaft. Der 48-Jährige leitet in der fünften Generation die Dorfschmiede des Wachauer Ortsteils. 
 Foto: R. Könen

Der Lomnitzer Mirko Jurisch ist Schmied aus Leidenschaft. Der 48-Jährige leitet in der fünften Generation die Dorfschmiede des Wachauer Ortsteils. Foto: R. Könen

Vergangenheit und Zukunft liegen in diesem kleinen Gebäude an der Lomnitzer Hauptstraße eng beieinander. Wer die knapp 40 Quadratmeter große Schmiede betritt, muss sich im Halbdunkel erst orientieren. Die Dorfschmiede wirkt wie ein Heimatmuseum. Moderne Maschinen stehen neben historischen Gerätschaften. Der erste Blick geht zu den verrußten Wänden, hinüber zum Kamin, in dem das Schmiedefeuer brennt. Ringsherum, am Boden und in Eimern, sieht man Zangen in allen Formen und Größen, in den Ecken der Werkstatt stehen Metallstangen und -wände, verrostete Gartentore und Gitterstäbe, Äxte und Meißel liegen neben dem Kamin. Hier ist der Arbeitsplatz von Mirko Jurisch.

Schmiede seit 1884 in Familienbesitz

Seit Beginn der 90er Jahre arbeitet der Lomnitzer als Schmied, führt damit eine Familientradition fort. In der fünften Generation leitet er die Dorfschmiede, die seit 1884 im Besitz seiner Familie ist. Im gleichen Haus, an der selben Stelle im Ort. Viele Werkzeuge aus früheren Zeiten nutzt er noch. Etwa den 1931 gefertigten Federhammer seines Großvaters oder die 90 Jahre alte Bohrmaschine mit Riemenantrieb.

An diesem Vormittag steht Jurisch mit seinem Mitarbeiter Maurice Lindner auf dem kleinen Platz vor seiner Werkstatt. Auf dem lodernden Feuer seiner mobilen Feldschmiede liegt ein Metallgitter. Jurisch schlägt mit kräftigen Hammerschlägen auf die rotglühenden Streben ein, während Maurice Lindner das metallene Gitter festhält. Dichter, blauer Qualm steigt auf. Jurisch lächelt. Keine Spur von Anstrengung. Immer wieder halten Autos vor der Schmiede, bringen Kunden defekte Gartenwerkzeuge vorbei. Zaunteile, kleine verzierte Metalltore. Der gebürtige Lomnitzer mag seine Arbeit, empfindet sie als Berufung. Schon in seiner Kindheit stand für ihn fest, das er in die Fußstapfen seines Vaters treten wird. »Ich habe ihm damals oft geholfen, mir hat diese Arbeit sofort gefallen.« Das Schöne an seinem Beruf sei, das man etwas schaffe, auf das man am Ende des Tages stolz sein könne. Für ihn sei das keine Phrase, betont er. Er meine das wirklich so. »Ich bin ja oft unterwegs zu Kunden und wenn ich in der Umgebung meine Arbeiten sehe, erfüllt mich das jedes Mal mit Freude«, erklärt er. Auch, weil er anderen habe helfen können.

Im Sommer alle Hände voll zu tun

1992 begann er seine dreieinhalbjährige Lehrzeit. Wo? Natürlich bei seinem Vater. Besuchte von 2001 bis 2003 einen Metallbau-Meisterlehrgang, übernahm am 1. April 2003 die väterliche Schmiede. Die Arbeit sei natürlich eine andere als vor 140 Jahren. Früher war es fast reine Schmiedearbeit, immer mit dem Hammer am Amboss. Auch Hufschmiedearbeiten gehörten dazu. Heute fertigt er vor allem Konstruktionen aus Stahl. Heißt: »Es wird eine Menge geschweißt, gebohrt und geschliffen«, so Mirko Jurisch. Gartentore, Geländer, Zäune und Reparaturarbeiten bilden das Gros seiner Schmiedetätigkeit. Vom Aufmaß über die Fertigung und Montage bis hin zu zierlich wirkenden Schmiedearbeiten und der Fertigung von Metallstücken für Zaunfelder reicht sein Aufgabenspektrum. Geht es in der Schmiede in den Wintermonaten »relativ ruhig« zu, so Jurisch, haben er und sein langjähriger Mitarbeiter im Sommer, zur Erntezeit, im wortwörtlichen Sinn »alle Hände voll zu tun«. Wenn Zugmaschinen, Anhänger oder Teile von landwirtschaftlichen Gerätschaften repariert werden müssen, weil sie auf dem Feld gebraucht werden, herrscht Rushhour-Zeit in seiner Schmiedewerkstatt.

In der Region gebe es mittlerweile nur noch wenige Schmiede, erzählt der 48-jährige Lomnitzer, der sich noch gut an die Zeit erinnern kann, als es »in jedem Ort mindestens eine Schmiedewerkstatt gab«. Aber das ist Geschichte. In der heutigen Zeit junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern, dass »ist sehr schwer«, meint er. Gelegentlich besuchen Schulklassen seine Dorfschmiede. Jurisch: »Viele sind dann von meiner Arbeit total angetan.« Manch einer absolviert später ein Praktikum in seiner Werkstatt. Doch wenn das vorbei ist, war es das dann auch mit dem Interesse am Schmiededasein.

Wer in seinen Beruf hineinschnuppern möchte, kann das in den anstehenden Sommerferien tun, da bietet er Schülern einen Ferienjob in seiner Werkstatt an. Jurisch: »Nicht lange nachdenken, einfach mal in der Schmiede vorbeischauen.«


Meistgelesen