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Die Schlacht von Stalingrad

- Vor 75 Jahren -
Lipezker und Cottbuser vor der grandiosen Mutter Heimat in Wolgograd. Foto: privat

Lipezker und Cottbuser vor der grandiosen Mutter Heimat in Wolgograd. Foto: privat

 Im Jahr 2009 trafen sich in Wolgograd Abgesandte deutscher und russischer Partnerstädte. Unter den Konferenzteilnehmern waren auch zwei kleine Gruppen der Partnerstädte Lipezk und Cottbus. In einer Erklärung hieß es: „Stalingrad ist ein wichtiges Thema der nationa­len Gedenkkultur in Russland und Deutschland.“ Heute, 75 Jahre nach der Stalingrader Schlacht, haben Deutsche und Russen allen Grund, sich an die blutigen Ereignisse im Januar 1943 zu erinnern. Der Kriegsteilnehmer Hein­rich Gerlach schrieb in seiner „Schluss­rechnung“: „22 der besten deutschen Divisionen und Teile weiterer Verbände waren vernichtet. Es war die bis dahin größte Niederlage der deutschen Ge­schichte. Auf dem Schlachtfeld wurden von den Russen 147.200 tote deutsche Soldaten und Offiziere gesammelt und bestattet. Mehr als 91.000 Mann ka­men in Gefangenschaft.... Vier Fünftel der gefangenen Mannschaften und die Hälfte der Offiziere und Beamten erlagen späterhin den Folgen der erlittenen Strapazen. Von den 22 Ge­neralen starb (nur) einer an Magenkrebs.“ Der Cottbuser Anzeiger be­richtete Der Cottbuser Anzeiger berich­tete bis November 1942 täglich über die Kämpfe bei Stalingrad und im großen Donbogen. Für die Leser schwer verständlich, gab es in dieser Berichterstattung dann einen jähen Wandel. Noch im November lasen die Cottbuser Meldungen von erfolgreich vorstürmenden deutschen Truppen, vernichteten „Sowjetpanzern“ und „demoralisierten Bolschewiken“. Der Kriegsberichterstatter Neuberger schwärmte in der Cottbuser Tageszei­tung von den Erfolgen einer südbran­denburgischen Panzerabteilung, die bei Stalingrad „88 bolschewistische Pan­zerkampfwagen abgeschossen“ hatte. Dann hörte man mehr als einen Mo­naten nichts mehr. Ab 6. Januar 1943 war dann unvermittelt die Rede von „schweren Abwehrkämpfen“, „energi­schen Gegenangriffen“ und einer „Höl­le von Eisen, Feuer und Blut“. Was war geschehen? Die Nazi-Wehrmacht sollte von Stalingrad aus den Kaukasus und die kaspischen Erdölfelder erobern. Dazu griff die 6. Armee unter General Paulus im Spätsommer 1942 die symbolträch­tige Millionenstadt an der Wolga an. Am 8. November verkündete Hitler im Münchener Löwenbräu-Keller, dass die Schlacht weitgehend gewonnen sei. Am 19. November begann jedoch die Gegenoffensive der Roten Armee. In­nerhalb von fünf Tagen waren die Deut­schen und ihre rumänischen und itali­enischen Verbündeten eingeschlossen. Ausbruchsversuche wurden untersagt. Der Entsatz der 6. Armee scheiterte. So nahm das Schicksal von Hundert­tausenden bei eisiger Kälte, ständig schlechter werdender Versorgung und gegen einen gut ausgerüsteten Gegner seinen Lauf. Um den Verlust einer ganzen Heeresgruppe abzuwenden, zog sich die gesamte Heeresgruppe A fluchtartig zurück. Der Kessel von Sta­lingrad lag damit weit im sowjetischen Hinterland. Ende Januar bestand dort die Ration aus 60 Gramm Brot am Tag. Am 2. Februar gingen die letzten Solda­ten in die Gefangenschaft. Entscheidender Wendepunkt Der Cottbuser Anzeiger beteiligte sich an der Umdeutung der katastrophalen Niederlage in einen „Opfergang“. Ne­ben der Meldung des Oberkommandos der Wehrmacht „Der Kampf um Stalin­grad ist zu Ende. Ihrem Fahneneid bis zum letzten Atemzug getreu ist die 6. Armee der Übermacht des Feindes und der Ungunst der Verhältnisse erlegen“, schrieb die Zeitung in einem Kommen­tar: „Der todesmutige Kampf wird als Symbol größten Soldatentums in die Geschichte eingehen.“ In Wirklichkeit war die Schlacht bei Stalingrad der entscheidende psychologische Wen­depunkt des Krieges, der Anfang einer Kette von Niederlagen. In den Kriegssterbelisten des Cottbu­ser Standesamtes finden wir für den Zeitraum vom September 1942 bis Februar 1943 insgesamt 195 gefallene Soldaten. Die übergroße Mehrheit starb an der Ostfront. Nicht wenige junge Männer aus Cottbus ließen ihr Leben in und um Stalingrad. Der Unteroffizier Wilhelm R. aus der Pyrastraße, der Schütze Karl-Heinz D. aus der Richard-Wagner-Straße und der Obergefreite Erich B. aus der Dissenchener Straße gehörten zu den Toten. In der deutschen Erinnerung werden häufig die 6000 Soldaten genannt, die aus der Gefangenschaft zurückkehrten. Seltener erwähnt werden die sowjeti­schen Soldaten, aber auch die Frauen und Kinder, die in Stalingrad starben. Es waren mehr als eine halbe Million. Die Cottbuser und Lipezker besuch­ten 2009 nicht nur den Mamajew-Hü­gel mit dem monumentalen Denkmal der Mutter Heimat, sondern auch den deutschen Soldatenfriedhof in Rossoschka, nahe dem ehemaligen Feld­flugplatz Gumrak.


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