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Locken im Lockdown

Der morgendliche Blick in den Spiegel verrät: Die Frisur sitz nicht mehr und der »nachwachsende Rohstoff« ist reif für die Ernte - nur die »Erntehelfer« fehlen.
Nach dem Valentinstag könnte es wieder los gehen. Foto: pixabay

Nach dem Valentinstag könnte es wieder los gehen. Foto: pixabay

Hatten wir uns doch gerade erst an Kopfkraulen mit Pflicht-Föhnen und Masken-Smalltalk gewöhnt, mussten die Friseursalons kurz vor Weihnachten wieder schließen. Gesundheit ginge nun mal vor Schönheit, meinten sogar die Innungsverbände, in der Hoffnung auf Lockerungen nach den Feiertagen. Was kam, war auch der Lockdown für Locken bis mindestens zum Valentinstag. Und jetzt malt der Präsident des Deutschen Friseurhandwerks seinen Mitgliedern ein recht düsteres Zukunftsbild. »Viele Friseurbetriebe stehen vor dem Aus. Ich befürchte eine Insolvenzwelle in unserem Handwerk in den nächsten Monaten, wenn den Betrieben nicht sofort geholfen wird«, erklärt Harald Esser. Mit der geforderten Hilfe für Coiffeure ist es aber so eine Sache.

Rückblicke

Weil der Lockdown am 16. Dezember begann, kommen für sie offensichtlich auch die Dezemberhilfen nicht infrage. Denn Voraussetzung dafür wäre ein Umsatzrückgang um mindestens 30 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Doch viele Friseure bedienten bis zum 16. Dezember ihre Kunden, weshalb sie mehr einnahmen, als für die Hilfen erlaubt ist. Nun können sie lediglich auf die Überbrückungshilfe für den Januar hoffen. Denn hier soll künftig nur noch ein Kriterium gelten - nämlich besagtes Umsatzminus von mindestens 30 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Ein schwacher Trost für Adriana Schob vom »Haarstudio für Sie und Ihn« in Bad Liebenwerda. »Für uns ist der Lockdown gelinde gesagt eine Oberkatastrophe. Keine Einnahmen, die Nebenkosten laufen weiter und unsere drei Mitarbeiterinnen mussten wir in die Kurzarbeit schicken. Was zwar etwas hilft, doch selbst das Kurzarbeitergeld ist bisher noch nicht eingegangen. Derzeit versuchen wir die schwierige Zeit mit kleinen solidarischen Alternativen zu überbrücken. So verkauft unsere Buchhändlerin Jana Zickert zum Beispiel Gutscheine für die Friseure der Stadt, wofür wir sehr, sehr dankbar sind«, so die Tochter von Inhaberin Birgit Thiemig. Seit letzten Samstag geht unter Lockdown-Granden das Gerücht um, dass ab dem 15. Februar wieder gewaschen, geschnitten, geföhnt und gelegt werden darf.

Lichtblicke

Adriana Schob dazu: »Das wäre wenigstens ein Lichtblick, zumal wir dann auf den Tag genau unser 29. Betriebsjubiläum begehen.« Auch für Birgit Loos (79), Friseurgeschäft an der Ecke in Elsterwerda, sind es keine erfreulichen Zeiten. Die wohl dienstälteste Friseurmeisterin des Landkreises hat in ihrem langen Berufsleben schon so einiges erlebt und nimmt die Krise deshalb recht gelassen. »Solange wir noch Hoffnung haben, ist nichts verloren. Die Situation lässt sich sowieso nicht ändern und gegen das Virus hilft nur Geduld, aber auch etwas Respekt. Nächstes Jahr möchte ich gern mit treuen Kunden, Verwandten und Freunden meinen 80. Geburtstag feiern.« Hoffnung auf einen Re-Start dürfen unsere Friseure in eine Bemerkung von Bundeskanzlerin Angela Merkel setzen, die vor wenigen Tagen fiel: Man müsse bei einer möglichen Öffnung nach dem 15. Februar Prioritäten setzen – nach den Kitas und Schulen müssten die Friseure und der Einzelhandel wieder ihrer Arbeit nachgehen dürfen.

Wissenswertes

80.000 Salons mit einem Jahresumsatz von insgesamt 7,5 Milliarden Euro gibt es in Deutschland, sie beschäftigten 240.000 Mitarbeiter, hinzu kommen noch etwa 20.000 Auszubildende.


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