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Purple Schulz kennt keine Tabus...

Bekannt geworden ist Purple Schulz mit Songs wie »Sehnsucht« oder »Verliebte Jungs«. Für uns plaudert er heute aus dem Nähkästchen und über seine Karriere.
...und möchte mit seinem Programm »Der Sing des Lebens« am 7. Juli, auf der Festbühne in Schmogrow, das Publikum überraschen. Foto: Bettina Koch

...und möchte mit seinem Programm »Der Sing des Lebens« am 7. Juli, auf der Festbühne in Schmogrow, das Publikum überraschen. Foto: Bettina Koch

Bekannt geworden ist Purple Schulz mit Songs wie »Sehnsucht« oder »Verliebte Jungs«. Für uns plaudert er heute aus dem Nähkästchen und über seine Karriere.

Wie hat Ihre Musiker-Karriere begonnen? 

Als ich acht Jahre alt wurde, stand plötzlich ein Klavier in unserer Wohnung. Ab diesem Moment war es um mich geschehen. Aber es sollten noch 20 Jahre vergehen, bis ich aus meiner Leidenschaft auch einen Be­ruf machen konnte.

Können Sie sich noch an Ihren ersten Auftritt erin­nern? Wo war der? 

Da kann ich mich sogar sehr gut dran erinnern. Das war am 30. März 1973 in einem Jugendzentrum in Köln. An dem Abend fiel dort der Strom aus und ich habe die Zeit überbrückt mit einer Soloeinlage an der akustischen Gitarre. Seit­dem kann mich nichts aus der Fassung bringen. Im Gegenteil: manchmal finde ich das sogar richtig klasse, wenn etwas nicht nach Plan abläuft, weil dann Humor und Impro­visationstalent gefragt ist. Von beidem habe ich zum Glück reichlich (lacht).

Mit welchem Song lan­deten Sie den ersten Hit? 

Das war »Sehnsucht«, 1984. Auch wenn der Song bereits früher auf dem Album war, setzte er sich erst nach eineinhalb Jahren durch, weil ein Radio-DJ aus Köln ihn mehrmals in seiner Sen­dung spielte. Und dann ging er sowas von durch die Decke, dass die Veröffentlichung vom Album »Verliebte Jungs« immer wieder verschoben werden musste.

Sie sind als erster Künstler aus der BRD durch die da­malige DDR getourt? 

 Nein, ich war nicht »der erste Künstler«, der durch die DDR tourte. Aber der Song »Sehnsucht« spielte damals eine große Rolle für die Fans in der DDR. Mir wurde das erst klar, als ich im Januar 1989 zum ersten Mal dort auftrat. Vor allem beeindruckte mich, dass das Publikum in der damaligen DDR eine ganz andere Hörkultur besaß: die haben mir wirklich zugehört, teilweise sogar Zeilenap­plaus gegeben. Bei uns im Westen wäre so­was unvorstellbar gewesen.

Eigentlich heißen Sie Rü­diger. Wie kam es zu dem Namen »Purple«? 

Als 13-jähriger war mein Traum immer eine richtige Hammond-Orgel. Allerdings waren diese Instrumente für mich unbezahlbar. Um trotz­dem Orgel spielen zu kön­nen, trieb ich mich immer in einem Kölner Musikgeschäft rum, dem einzigen, das diese Orgeln verkaufte. Weil ich dort die Verkäufer mit end­los langen Interpretationen von Deep Purple’s »Child in Time« nervte, verpassten sie mir den Spitznamen Purple. Das ist also kein Künstlerna­me sondern ein Spitzname. Seit 1970 nennen mich alle so.

Es heißt, Sie singen über Dinge, über die andere noch nicht einmal sprechen. Wel­che Dinge sind das? 

Bei den Themen meiner Songs kenne ich keine Tabus. Ich will da nichts vorwegneh­men, das Publikum soll sich überraschen lassen. Aber ich kann schon mal verraten, dass bei mir Unterhaltung auch das Wort »Haltung« beinhaltet. Kunst, egal in welcher Form, spiegelt im­mer auch die Zeit wieder, in der sie entsteht. Und zu dem, was in dieser Zeit ge­rade weltweit passiert, muss man sich als Künstler auch positionieren. Und da sind wir genau an dem Punkt angelangt, dass sich nämlich die jüngeren und gerade sehr erfolgreichen Künstler überhaupt nicht mehr den Fragen unserer Zeit stellen.

Die Tour und das Pro­gramm heißen »Der Sing des Lebens«. Was ist damit gemeint? 

Ich will das Leben, wie es wirklich ist, zurück in die Konzertsäle holen. Musik ist ja immer auch der Sound­track unseres Lebens. Das funktioniert prima, wenn man jung ist, aber ab einem gewissen Alter scheint man in der Popmusik, wie sie uns vom Formatradio präsen­tiert wird, nicht mehr vorzu­kommen. Und natürlich ist das auch ein Wortspiel mit dem »Sinn« des Lebens.

Wer oder was inspiriert Sie? 

Meine Frau ist meine größte Inspiration.

Das Album „ So und nicht anders“ haben Sie zusammen mit Ihrer Frau geschrieben? 

Ich schreibe seit jetzt sechs Jahren alle Songs zusammen mit meiner Frau. Und das tut unseren Texten gut, weil sich zum einen durch unsere beiden Blickwinkel -den männlichen und den weiblichen- neue Perspektiven eröffnen. Zum anderen, weil meine Frau Eri eine großartige Beobachterin ist. Wir sind jetzt 32 Jahre zusammen und wissen, wie wir ticken. Unsere Texte sind das Ergebnis vieler Gespräche, manchmal bis in die frühen Morgenstunden. Wir arbeiten so lange an einem Song, bis wir wissen, dass wir nicht missverstanden werden können. Unsere Haltung muss klar erkennbar sein.

Sie haben ein Buch veröffentlicht „ Sehnsucht bleibt“. Um was geht es darin? 

Als ich den Text zu „Sehnsucht“ schrieb hatte ich mir gar nicht so viele Gedanken über die Sehnsucht gemacht. Ich wollte in dem Buch der Frage nachgehen, was damals meine Sehnsucht war, wonach sich die Menschen im Westen und Osten gesehnt und welche dieser Sehnsüchte sich erfüllt haben. Dieses Buch ist mehr als nur die Biografie eines Musikers, es ist ein Buch über die deutsch/deutsche Geschichte der letzten 60 Jahre. Jeder meiner Songs steht in einem Kontext zur Geschichte unseres Landes. Im Buch habe ich diesen Kontext erstmals hergestellt und erzähle die Geschichten hinter den Songs. Die können  lustig, erschütternd oder auch  erstaunlich sein.

Welche Locations sind Ihnen die Liebsten? Die Kleinen oder die mit Tausenden von Leuten gefüllte?    

Ein überschaubares Publikum ist mir am liebsten. Es sind ja teilweise sehr intime Dinge, um die es in meinen Songs geht. Ich möchte mein Publikum auch in der letzten Reihe noch erreichen. Bei diesen riesigen Open Airs funktioniert das natürlich nicht so gut. Denn ich verzichte ja auf übermäßige Lautstärken und große Gesten, weil das einfach nicht zu meinem Konzept von einem sinnlichen Konzerterlebnis passt. Ich will die Herzen erreichen, und das geht nicht mit Lautstärken von 100 db. Dafür sind mir meine Ohren zu schade, ich will das ja schließlich noch ein paar Jahre machen (lacht).

Sie sind bald in Schmogrow, im Spreewald. Waren Sie hier in der Region schon einmal? Wenn ja, welche Erinnerungen verbinden Sie damit? 

Unvergesslich ist mir mein Konzert mit Heinz Rudolf Kunze vor fast 10 Jahren in der Wotschofska. Mehr Spreewald geht ja fast gar nicht. Und eine Bootsfahrt habe ich auch schon gemacht, ebenfalls unvergessen wegen 40 Mückenstichen allein in meinem rechten Arm (lacht).

Was erwartet die Fans am 7.Juli? 

Eine Achterbahnfahrt durch’s Leben, mit allen Höhen und Tiefen. Aber auch jeder Menge Humor, denn den brauchen wir in einer Welt, die zunehmend durchdreht. Und natürlich gibt es auch ein Wiederhören mit den Hits aus den Achtzigern. Es fragte Dany Dawid


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