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Bernd Witscherkowsky / as

Alle Scheiben stehen still

Man muss derzeit nicht Heinrich heißen um die Frage zu beantworten: Wenn der Topf aber nun ein Loch hat? Alle Töpferscheiben stehen still und die Brennöfen sind kalt wie ein Covid-Kühlschrank.
Ein Handwerk im wahrsten Sinne des Wortes.  Und eines, deren Produkte sich nur schwer im Internet verkaufen lassen, allein weil die Haptik fehlt.  Foto: pixabay

Ein Handwerk im wahrsten Sinne des Wortes. Und eines, deren Produkte sich nur schwer im Internet verkaufen lassen, allein weil die Haptik fehlt. Foto: pixabay

Was die heimischen Traditionshandwerker derzeit in die Öfen schieben, ist lediglich Kaltgebranntes mit einem Tropfen Herzblut. Normalerweise laufen die Brennöfen in Hohenleipisch, Herzberg oder Crinitz um diese Zeit auf Hochtouren. Leben am Limit

Ostern könnte (muss) kommen, denn die meisten Töpferinnen und Töpfer leben schon seit Monaten vom »Eingemachten« und mit der »Staatsknete« können sie häufig auch nichts anfangen. »Was bringen uns alle Überbrückungsgelder, wenn wir als kleine Handwerker nicht einmal den finanziellen Hintergrund haben, dafür noch teure Steuerberater mit einer kostenpflichtigen Beantragung selbiger zu beschäftigen. Derzeit leben wir von Ersparnissen und bräuchten einfach nur wieder Absatzmärkte oder zumindest offene Ateliers für unsere Kundschaft. Dann würde es sich auch wieder lohnen, die Töpferscheiben in Schwung zu bringen, die Brennöfen anzustellen und zu produzieren. Doch hier beißt sich die  Katze in den sprichwörtlichen Schwanz«, sagt Töpfermeisterin Anett Lück aus Hohenleipisch. Online funktioniert nicht Nur wenige Meter von ihrer Werkstatt entfernt hat Andreas Biebach seine Familien-Manufaktur und sagt: »Wir können inzwischen auf über 115 Jahren Tradition zurückblicken, aber noch nie mussten unsere Töpferscheiben so lange stillstehen. Gut, die Monate Januar und Februar sind sowieso nicht die gerade umsatzstärksten, aber diesmal konnten wir auch in den Vormonaten kein richtiges Polster bilden. Besonders die ausgefallenen Weihnachtsmärkte haben unsere Einnahmen stark reduziert, von den Wochenmärkten mal ganz abgesehen. Der Verkauf unserer Produkte via Internet hat sich auch eher als Flop erwiesen, was mir eigentlich klar war. Denn wer Gebrauchsgeschirr oder Unikate mit künstlerischem Anspruch kauft, braucht nun mal die Haptik der Keramik und nicht nur ein Foto auf dem Handy. Versucht haben wir es aber dennoch. Viele Kollegen meiner Branche haben schon jetzt aufgegeben und es dürften noch mehr werden, wenn nicht endlich etwas passiert.«

Ein Hauch Hoffnung

Was den Töpfermeister aber zusätzlich ärgert, ist der unsensible Umgang der Handwerkskammer gegenüber seinen Mitgliedern: »Das neue Corona-Jahr hatte noch nicht richtig begonnen, da standen die Damen und Herren förmlich vor der Tür und forderten ihre Beiträge ein. Da hätte ich doch ein wenig mehr Fingerspitzengefühl erwartet.« Und so wie alle »Ton-Künstler« hofft auch Andreas Biebach auf einen Neustart spätestens Anfang März, wenn die Keramiker aller Bundesländer zum »16. Tag der offenen Töpferei« einladen. »Dann können wir auch wieder unseren Töpfergarten öffnen und Kreativ-Kurse anbieten «, hofft Anett Lück, die den Publikumsverkehr in ihrer Werkstatt nicht länger missen möchte.  Bis dahin heißt es: Impfen und durchhalten. Hinweis: Der 16. Tag der offenen Töpferei soll planmäßig am 13. und 14. März (10 bis 18 Uhr) stattfinden. Ob der tatsächlich über die Bühne geht und welche Werkstätten geöffnet haben, erfährt man im Internet unter www.tag-der-offenen-toepferei.de.


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