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Mehr Mut wäre wünschenswert

Die Corona-Pandemie bestimmt weiterhin den Alltag - auch in Südbrandenburg. Der Lockdown ist bis zum 28. März verlängert worden. Zugleich sind erste Lockerungen erfolgt. Diese werden unterschiedlich aufgenommen.
Zurzeit ist in Brandenburg Terminshopping möglich - ein kleiner Lichtblick für den stationären Einzelhandel. Foto: Carola Zedler

Zurzeit ist in Brandenburg Terminshopping möglich - ein kleiner Lichtblick für den stationären Einzelhandel. Foto: Carola Zedler

»Die regionale Wirtschaft hat schnellere und weitreichendere Lösungen erwartet. Der Bund sieht nach wie vor die Wirtschaft als Gefahrenbereich und Pandemietreiber. Ohne belastbare Daten wird damit ein großer Bereich der Gesellschaft ins Abseits gestellt und mitsamt unzähliger Beschäftigter an den Rand der Existenz gedrängt«, sagt Carsten Christ, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammern (IHKs) des Landes Brandenburg. Der Vierklang aus Impfen, Testen, Kontaktnachverfolgung und Öffnung könne nachvollzogen werden. »Für das Land Brandenburg erwarten wir nun, beispielsweise für den Handel, Tourismus und das Gastgewerbe zusätzliche Regelungen, die die landestypischen und zahlreichen Open-Air-Voraussetzungen berücksichtigen«, sagt Christ. Das Land müsse das Testen und Nachverfolgen alltagstauglich organisieren, und die Zettelwirtschaft muss ein Ende haben. »Ein Test muss für mehrere Einlassberechtigungen und eine bestimmte Dauer taugen, egal ob für den Einkauf, den Job oder die Freizeit. Das kann ein Bändchen am Handgelenk sein oder ein QR-Code auf dem Handy. Für kreative und praxisnahe Lösungen steht die Brandenburger Wirtschaft bereit.« Robert Wüst, Präsident des Handwerkskammertages Land Brandenburg, hätte sich mutigere Schritte bei den Öffnungen gewünscht: »Die verkündeten Maßnahmen wären aus Sicht des Handwerks schon früher möglich gewesen. Das noch immer schleppende Impftempo und die weiter fehlende Teststrategie haben dies verhindert. Auch die geforderten Schnelltests, wie sie in Teilen auch für die körpernahen Dienstleistungen gefordert werden, dürfen keine weitere, zusätzliche wirtschaftliche Belastung für die Unternehmer werden. Wir bleiben daher bei unserer Forderung: Erhöhung des Impftempos und Testen, Testen, Testen.« Christine Minkley, Leiterin des Regionalbereiches Ostbrandenburg und Südbrandenburg des Handelsverband Berlin-Brandenburg e.V., habe sich mehr Mut von der Politik versprochen. »Mit diesen Regeln ist der Spontaneinkauf nicht mehr möglich«, sagt sie mit Blick auf das Terminshopping: »Diese Vorschriften sind von Menschen gemacht worden, die keine Kaufleute sind. Der Verbraucher läuft doch nicht mit einem Terminkalender umher. Das wird für beide Seiten schwierig und aufwendig. Ich ziehe den Hut vor allen, die ihr Unternehmen durch so eine Zeit bringen, und die trotzdem ihre Motivation und ihre Zuversicht nicht verlieren.« Wie Minkley sagt, fordert der Verband deshalb die Impfstrategie so schnell wie möglich umzusetzen: »Doch bis zum Sommer werden wir wohl keine Herdenimmunität erreichen. Damit wird unsere Forderung, die Läden wieder normal zu öffnen, wohl noch lange unerfüllt bleiben.«

Gastgewerbe mit neuen Corona-Regeln unzufrieden

Die aktuellen Corona-Beschlüsse stoßen beim Gastgewerbe auf massive Kritik. 63,0 Prozent der Betriebe bezeichnen die Entscheidungen der letzten Bund-Länder-Konferenz als »katastrophal«, 24,9 Prozent als »schlecht«. Das geht aus einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA Bundesverband) hervor. »Bei den Unternehmern und Mitarbeitern in der Branche machen sich zunehmend Verzweiflung, Perspektivlosigkeit und Zukunftsängste breit«, sagt DEHOGA-Präsident Guido Zöllick. Die in Aussicht gestellte Öffnung der Außengastronomie sei keine echte Perspektive. 83,2 Prozent der befragten Betriebe verwiesen darauf, dass die Wirtschaftlichkeit ihres Betriebes bei einer alleinigen Öffnung der Außengastronomie nicht gegeben sei. Hinzu komme, dass viele Betriebe keinen Außenbereich haben. Wie André Barsig, DEHOGA-Kreisverbandsvorsitzender Cottbus/Niederlausitz, sagt, sind die neuen Corona-Beschlüsse unbefriedigend und bieten keine Planungssicherheit: »Es sind politische Entscheidungen, die nichts mit Vernunft zu tun haben.« Barsig sieht die Umsetzung des vorgesehenen Terrassenbetriebes als realitätsfern: »Was wird mit den Gästen, wenn plötzlich das Wetter umschlägt und ich keine überdachte Außengastronomie habe?«, fragt er. »Am Ende muss jeder Betrieb für sich schauen, ob es für ihn wirtschaftlich sinnvoll ist, seine Terrassen zu öffnen. Dabei muss er auch seine unterstützenden Leistungen im Blick haben. Diese will er schließlich nicht torpedieren.« Unter diesen Umständen werde es nicht nur schwer, den Lockdown unbeschadet zu überstehen, sondern auch, Personal zu halten. André Barsig geht davon aus, dass viele kleine Betriebe die Corona-Pandemie nicht überstehen werden und ältere Inhaber ihre Häuser eher schließen als geplant. »Letztlich wird sich der Markt selbst regulieren«, sagt Barsig, der perspektivisch auch Preissteigerungen in der gesamten Branche nicht ausschließt.


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