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André Schramm

Lauensteiner Münzschatz: Das Geld der einfachen Leute

Bei Sanierungsarbeiten wurde im Juli 2018 ein Münzschatz in einem Nebengelass des Schlosses Lauenstein gefunden. Die Taler geben Aufschluss über ihren ursprünglichen Eigentümer und ein illegales Geschäft, das vor mehr als 350 Jahren schon brummte.
Dr. Wilhelm Hollstein, Oberkonservator des Münzkabinetts (Staatliche Kunstsammlungen Dresden), mit einer Münze aus der Zeit um 1460.   Foto: Schramm

Dr. Wilhelm Hollstein, Oberkonservator des Münzkabinetts (Staatliche Kunstsammlungen Dresden), mit einer Münze aus der Zeit um 1460. Foto: Schramm

Dieser 11. Juli begann für Maurer Robert Neßler völlig unspektakulär. Er entkernte eine kleine Kammer in einem Nebengebäude des Wirtschaftshofes von Schloss Lauenstein. Als er wieder ein Fuhre Jahrhundertschutt in einen Eimer kippte, klimperte es plötzlich seltsam. »Ich sah ein paar Münzen. Zum Teil waren sie noch von Stoff bedeckt«, erinnert er sich. Er meldete den Fund, wie sich das gehört. Insgesamt 236 Silbermünzen wurden wenig später von den Archäologen aus der Diele geholt. Die Nachricht vom Lauensteiner Münzschatz machte die Runde. Drei Monate später sitzt der 38-Jährige im Landesamt für Archäologie und wird von Journalisten gelöchert. Wie war das? Was haben Sie gedacht? Haben Sie überlegt, die Münzen einfach mitgehen zu lassen? Für ihn sei es keine Option gewesen, die Taler zu verheimlichen oder gar einzustecken.  »Ich bin so erzogen worden«, schiebt er hinterher und lacht. Hat der ehrliche Handwerker nun einen Sensationsfund gemacht? Für Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik ist das Wort »Schatz« nicht unbedingt zutreffend. »Es handelt sich um ein kleines Vermögen, vermutlich das eines Bediensteten«, sagt sie. Auch hätte die Sammlung heutzutage keinen enorm großen Sammlerwert. Raritäten habe man ebenfalls nicht gefunden. Die älteste Silbermünze stammt etwa aus dem Jahr 1460 (Meißner Groschen), die jüngste ist von 1631. Geprägt wurden sie hauptsächlich in Sachsen und Böhmen. Zwei Münzen haben ihren Ursprung in St. Gallen (Schweiz). Interessant sei allerdings, so Smolnik weiter, dass es sich diesmal nicht um die Besitztümer von Reichen und Herrschern handle, sondern um die der einfachen Leute. Die Experten gehen davon aus, dass das Geld entweder 1631 oder ein Jahr später versteckt worden ist. In den zeitgeschichtlichen Kontext würde das gut passen. »Es waren unruhige Zeiten, der Dreißigjährige Krieg tobte und viele versuchten, ihr Hab und Gut in Sicherheit zu bringen, eben jene Menschen, die besonders unter dem Krieg litten«, sagt die Landesarchäologin. Vielleicht war es auch die Angst vor den 500 kaiserlichen Söldnern, die 1632 in der Region plünderten und Gebäude in Brand legten. Den heutigen Wert haben Fachleute des Münzkabinetts auf rund 6.000 Euro beziffert. Damals entsprach das ungefähr dem Halbjahresverdienst eines Zimmermannsgesellen. »Man konnte damit immerhin 590 Pfund Rindfleisch oder fast 600 Kannen Pirnaer Bier kaufen«, erklärt Dr. Wilhelm Hollstein, Oberkonservator des Münzkabinetts. Zwei Münzen konnten sogar als Fälschungen entlarvt werden, weil ein offizielles Zeichen fehlte und der Kupferanteil viel zu hoch war. »Fälschungen waren damals auch schon an der Tagesordnung. Das Prinzip beruhte darauf, den Edelmetallwert durch die Beigabe anderer Stoffe zu verringern«, weiß Dr. Rainer Grund, Chef des Münzkabinetts. Wer dabei erwischt wurde, musste mit drakonischen Strafen (Hinrichtung z.B.) rechnen. Voraussichtlich im Herbst 2019 sollen die Münzen zusammen mit anderen Exponaten im Osterzgebirge Museum ausgestellt werden. Bis dahin werden sie restauriert. Für Maurer Robert Neßler hat sich die ganze Geschichte auch gelohnt. Er bekommt eine Belohnung und will davon nächstes Jahr mit seiner Familie in den Urlaub fahren.


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