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André Schramm

Kein Platz für Radler

Beim Ausbau der Staatsstraße 163 wurde sich der Fahrradweg kurzerhand geschenkt. Mehr als 1.000 Unterschriften und eine rührige Bürgerinitiative konnten daran nichts ändern. Eine vertane Chance für den Radtourismus im Hinterland.

 «Vom Elbetal ins Hinterland, für Fahrradfahrer sehr riskant«, singt Helmar Nestroy an diesem Vormittag. Trotz der Ernsthaftigkeit des Treffens hat der Sprecher der Bürgerinitiative »Radwegebau bei Hohburkersdorf« seinen Humor nicht verloren. Bei 1.100 gesammelten Unterschriften, vielen erfolglosen Gesprächen mit Verantwortlichen, E-Mails, die ins Leere liefen und einer schicken Straße, die jetzt noch gefährlicher ist als früher, könnte man durchaus schlechter drauf sein. Kein Radweg ist manchmal eben auch ein Grund zum Anradeln.

Straßenbreite halbiert, Risiko verdoppelt

Im letzten Herbst ließ das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (LASuV) die »Rennstrecke« zwischen Hocksteinschänke und Abzweig Stürza erneuern. Aus 12 Metern Fahrbahnbreite wurden sieben Meter. »Genau genommen  sind es nur noch 6,50«, meint Nestroy mit Blick auf die Fahrbahnrandmarkierung. Dafür ist jetzt jenseits des Asphalts viel Platz, für großzügige Straßengräben zum Beispiel. Dass ausgerechnet fehlende Flächen und komplizierte Besitzverhältnisse schuld am nichtgebauten Radweg sind, will man nicht so recht glauben. »Wir können uns nicht über die Rechte von Grundstückseigentümern stellen. Ein Radweg muss bis zum letzten Meter erschlossen werden.  Die Fläche ist tatsächlich breit genug, aber eben nicht an allen Stellen«, sagte Heiko Weigel, Beigeordneter des Landrates. Statt einem mehrjährigen Planungsverfahren habe man sich für die kleine (und schnellere) Lösung entschlossen. »Die Straße war schließlich in einem erbärmlichen Zustand«, so der Beigeordnete weiter.  Seiner Ansicht nach profitierten die Radler wie jeder andere Straßenverkehrsteilnehmer von dem ausgebauten Teilstück.
Konrad Krause vom ADFC sieht das anders. Für ihn ist die Strecke kreuzgefährlich geworden. Die Fahrbahnbreite, so der Sachsen-Chef des Verbandes, provoziere riskante Überholmanöver. Ob die Forderung eines nachträglichen Radweges Erfolg hat, darf allerdings bezweifelt werden. Krause zufolge sei die Geschichte aber symptomatisch für Sachsen und leider kein Einzelfall. »Wir haben heute ein Defizit von 1.000 Kilometern Radwegen an Bundes- und Staatstraßen gegenüber dem Bundesdurchschnitt«, sagte er. Viel zu oft seien Radwegprojekte hierzulande noch von der Laune eines einzelnen Verantwortlichen abhängig. Was fehlt, seien klare Ansagen von oben.

Absichtserklärungen, aber kein Personal

»Wenn eine Behörde mit rund 1.000 Mitarbeitern nur sechs Radverkehrsplaner hat, dann spricht das eine klare Sprache«, so Krause. Dabei wurde auf Seite 48 im Koalitionsvertrag zwischen SPD und CDU von 2014 ausdrücklich vereinbart: »Beim  Aus-  und  Neubau von Bundes- und Staatsstraßen soll die gleichzeitige Errichtung von Radverkehrsanlagen zum Regelfall werden.« Kurios: Am Geld hat es dieses Mal tatsächlich nicht gelegen. »Die finanziellen Mittel für straßenbegleitende Maßnahmen sind da und wurden zuletzt sogar verdoppelt. Das Geld fließt aber nicht ab, weil Planungen nicht fertig werden«, sagte der ehemalige Wahlkreisabgeordnete Klaus Brähmig. Ein  kleines versöhnliches Ende hat die Sache trotzdem: Heiko Weigel schlug eine Art runden Radwege-Tisch vor. Dort könne mit allen Beteiligten geklärt werden, welche Radwege im Landkreis Priorität haben. Über den betreffenden Abschnitt der S 163 verläuft laut ADFC die Napoleonradroute »Rathmannsdorf-Stolpen« in die Lausitz. Wie heraus kam, firmierte die Strecke in den Ämtern wohl unter der niedrigsten Priorität – völlig zu Unrecht bei den Panoramen, die sich dem Radler hier bieten. Als "kleines Dankeschön" für den nichtgebauten Radweg gibt es hier einen kleinen Song.


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