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André Schramm

Altes Stadthaus braucht Hilfe

Fritz Reimann leitete einst die Geschicke der historischen Neumarkt-Gesellschaft in Dresden. Inzwischen ist der 72-Jährige weiter elbaufwärts zugange – in einsamer Mission.
Ruhestands-Routine: Fritz Reimann auf dem Weg ins Alte Stadthaus von Bad Schandau. Foto: Schramm

Ruhestands-Routine: Fritz Reimann auf dem Weg ins Alte Stadthaus von Bad Schandau. Foto: Schramm

Fritz Reimann steht in der ersten Etage des Alten Stadthauses und zeigt auf eine rohe Wand. Dort ist gerade noch so eine Botschaft aus der Vergangenheit zu lesen: »18 Maurer und 6 Zimmerleute haben umgebaut«. Datiert ist die Info auf das Jahr 1862. Wenig später, so ist überliefert, hatte Schandau ein neues Rathaus. So viel Personal wie damals hat der Eigentümer heute jedenfalls nicht zur Hand. Hinter der maroden Fassade auf der Poststraße 12 befindet sich quasi eine Einmann-Baustelle. »Ich bin fast jeden Tag hier und erledige das, was ich selbst erledigen kann«, sagt der 72-Jährige. Und das ist eine Menge. Mehr als 150 Container Schutt hat er in den letzten Jahren aus dem Haus geholt, Wände statisch ertüchtigt, Zimmer renoviert, Nischen freigelegt, abgehangene Decken entfernt – alles peu à peu. »Vieles in dem Haus wurde aufgrund der unterschiedlichen Funktionen überbaut oder umgebaut. Es war auch sehr viel Pfusch dabei«, erzählt er. Als das Dach an der Reihe gab´s eine böse Überraschung. Hauschwamm, morsches Gebälk. Alles war komplett hinüber und musste ersetzt werden. »Noch ein paar Jahre und die Fassade wäre vermutlich eingestürzt«, erzählt Reimann weiter. Inzwischen entlastet ein Riesen-Stahlträger im Gebäude die Häuserfront. Für die Sanierung der Fassade hat der gelernte Druck-Techniker neulich eine Crowdfunding-Kampagne auf »Startnext« ins Leben gerufen (Infos unter dem Beitrag). Rund 65.000 Euro werden gebraucht.  Es geht hinauf in die zweite Etage über eine großzügige Wendeltreppe. »Sie schluckt ein Drittel des gesamten Hauses. Heute wäre das unvorstellbar«, meint er mit Blick auf die vermietbare Fläche. Vermieten – das will Fritz Reimann künftig auch. Insgesamt vier Ferienwohnungen sollen entstehen, darunter auch eine Maisonette-Wohnung. Allesamt großzügige Einheiten, zu haben für voraussichtlich 70 Euro pro Nacht.  Küche und Bäder kann man schon erahnen. Ende 2019 sollen erste Feriengäste einziehen. Der ehemalige Ratssaal wird dann ein Schlafzimmer sein. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss sollen für Vorträge, kleine Konzerte und Lesungen genutzt werden. Im Jahr 2000 kaufte der gebürtige Siegener die historische Immobilie. Zuvor hatte die Stadt zehn Jahre nach so jemanden gesucht. Warum er sich die Bruchbude damals aufgehalst hat?
»Wissen Sie, die charakterlosen Bauten von heute haben nicht diese Ausstrahlung. Wenn man sich vorstellt, was das Gemäuer seit 1550 alles erlebt hat oder wer hier gelebt hat, dann ist das erhaltenswert. Gerade nach dem Zweiten Weltkrieg sind weitaus mehr Denkmäler zerstört worden, als durch den Krieg selbst«, entgegnet Reimann. Nach eigenen Angaben hat er nur 9.000 Euro öffentliche Gelder bisher in Anspruch genommen. Ohne Förderung, so sagt er auch, werde es nicht funktionieren. Neulich hat ihm ein Bad Schandauer 100 Euro in die Hand gedrückt »Für's Stadthaus«, habe er gesagt. Reimann hat sich darüber genauso gefreut, wie über eine Frau, die beim Tag des offenen Denkmals eine gemopste Ofenklappe zurückgab. Als Kind hatte sie beim Spielen in der Ruine das Souvenir mitgenommen. Sie sei damals im festen Glauben gewesen, dass das Haus sowieso keine Zukunft hat. So kann man helfen: Noch bis Ende Januar 2019 läuft die Crowdfunding-Kampagne auf »startnext.com« zur Finanzierung der Fassaden-Restaurierung. Ziel sind 65.000 Euro. 4.400 Euro sind bisher zusammen gekommen. Im Gegenzug bekommt man ein Dankeschön (nach Fertigstellung). Crowdfunding fußt auf dem Prinzip, dass möglichst viele Menschen eine (Geschäfts-)Idee bzw. ein Projekt Wirklichkeit werden lassen. Hier geht's zum Projekt.


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