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Meissen-Minus: "Alles abgenickt"

Der Ausflug der Porzellanmanufaktur in die Luxus- und Lifestylewelt ging offenbar gründlich schief. Die italienische Tochter des sächsischen Staatsbetriebs sorgte für ein sattes Minus in der Geschäftsbilanz 2014.

Die Staatliche Porzellan-Manufaktur GmbH (SPM) hat im Geschäftsjahr 2014 einen Umsatz von 37,9 Millionen Euro (2013: 38,3 Millionen Euro) erwirtschaftet. Abgeschlossen wurde das Jahr jedoch mit einem Verlust von 19,2 Millionen Euro und damit 17 Millionen Euro mehr als im Jahr 2013. "Dieses Minus beinhaltet negativ wirkende einmalige, handelsrechtlich notwendige, jedoch nicht liquiditätswirksame Sondereffekte in Höhe von 18,3 Millionen Euro, die direkt und indirekt auf die Tochtergesellschaft Meissen Italia S.r.l. zurückzuführen sind", teilte Unternehmenssprecherin Sandra Jäschke mit. Der Gewinn aus dem Verkauf von Museumsbeständen an die Meissen Porzellan-Stiftung GmbH in Höhe von sechs Millionen Euro ist im Jahresergebnis schon mit eingerechnet. Bereits im Juli 2015 war als erster Schritt die italienische Geschäftsführung neu besetzt worden. Erwartungen nicht erfüllt Die Anstrengungen auf dem italienischen Markt waren maßgeblich durch den ehemaligen Geschäftsführer Dr. Christian Kurtzke unternommen worden, der das Unternehmen im März 2015 verlassen hatte. Schicke Möbel, exklusive Kleider, preisintensive Uhren und Schmuck - die Ausweitung des traditionellen Geschäftsfeldes blieb seinerzeit nicht kritiklos. Wie die SPM-Geschäftsführung nun eingestehen musste, konnten die damit verbundenen Erwartungen nicht realisiert werden. Ein Grund dafür sei die Tatsache gewesen, dass die angebotenen Produkte nicht immer den Marktanforderungen entsprachen. Ernüchternd "Das Ergebnis ist ernüchternd und absolut nicht zufriedenstellend. Was ich in Italien vorgefunden habe, hat diese drastischen Schritte erfordert, um das Gesamtunternehmen nicht zu gefährden. Gemeinsam mit einer neuen Geschäftsführung in Italien müssen wir jetzt nach vorn arbeiten. Meissen hat ein wertvolles Erbe und großes Zukunftspotenzial", so Tillmann Blaschke, seit November 2014 Geschäftsführer des Unternehmens. Er betonte, dass dieser Weg einige Zeit in Anspruch nehmen würde. 2015 habe man dazu bereits spürbare Maßnahmen eingeleitet. "Verantwortliche haben alles abgenickt" In der Stadt Meißen selbst kam die Nachricht für manch einen nicht aus heiterem Himmel. "Das ist ein herber Rückschlag für den Traditionsbetrieb, sein Image, aber auch die Mitarbeiter, die diesen Kurs schon längere Zeit ausbaden müssen", sagte Kreis- und Stadtrat Andreas Graff. Wer die Entwicklung der letzten Jahre intensiv verfolgt und Mitarbeiter gehört habe, konnte sich ausmalen, dass diese Kleider- und Möbelgeschichte irgendwann gegen die Wand fährt. "Alle Entscheidungen, auch die des ehemaligen Geschäftsführers Dr. Christian Kurtzke, wurden vom Aufsichtsrat und dem Sächsischen Finanzministerium mitgetragen", so der Linken-Politiker weiter. Zudem seien die Rücklagen, mit dem der Staatsbetrieb zu Kurtzkes Start im Jahr 2008 ausgestattet gewesen sei, längst aufgebraucht. Die Landtagsfraktion der Linken hatte die Sächsische Staatsregierung in den letzten Jahren mit zahlreichen Anfragen zum Staatsbetrieb gequält. Graff ist sich sicher, dass der Freistaat künftig nicht mehr mit 08/15-Antworten, die auf die Wettbewerbsfähigkeit der SPM verweisen, davon kommt. "Aus Landesbankdebakel nichts gelernt" Auch die Grünen sind wenig überrascht über das Rekordminus. "Ich halte die bisher gewählte Strategie, Luxusgüter auf einem hart umkämpften Markt platzieren zu wollen, auf dem weltweit agierende Unternehmen wesentlich mehr Wissen und Erfahrung haben, für falsch. Natürlich ist der dafür verantwortliche Geschäftsführer schon lange weg. Es ist dramatisch, dass die Mitarbeiterschaft vor Ort die Konsequenzen für den Größenwahn einzelner Personen tragen muss", sagte Franziska Schubert, haushalts- und finanzpolitische Sprecherin und stellv. Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Sie fordert, dass die Staatsregierung ihre Verantwortung ernst nimmt, wenn sie schon als Unternehmer auftritt. Es sei erschütternd immer wieder erleben zu müssen, dass die Staatsregierung seit dem Landesbank-Debakel nichts dazu gelernt hat. "Wir fordern endlich Transparenz und eine ehrliche Debatte, in der aufgeklärt wird, wie es tatsächlich um dieses Traditionsunternehmen steht", erklärte sie weiter. Auch sie kritisiert die unzureichende Informationspolitik des Sächsischen Finanzministerium in der Angelegenheit. Marktumfeld schwierig Im Fokus des Unternehmens steht auch zukünftig der Umsatz mit Porzellanprodukten, der im Geschäftsjahr 2014 rund 87 Prozent ausmachte. Der internationale Markt, mit dem Meissen knapp die Hälfte seines Umsatzes erwirtschaftet, bleibt allerdings problematisch. Vor allem die zurückgegangene bzw. hinter den Erwartungen liegende Nachfrage aus Russland oder China hat 2015 zu einem erneut schwierigen Jahr gemacht. Im Unternehmen wurde darauf bereits mit Maßnahmen zur Steigerung von Effizienz und Wirtschaftlichkeit reagiert. So hat man im vergangenen Jahr den Eigenvertrieb verstärkt, was schon erste Erfolge zeigt. Gleichzeitig hätten die Beschäftigten und ihr Betriebsrat diesen Kurs mit der im Sommer vergangenen Jahres vereinbarten Kurzarbeit und tariflichen Sondervereinbarungen unterstützt. Im Meissen-Konzern mit seinen drei Tochtergesellschaften schlagen die Sondereffekte des Jahresabschlusses der SPM nur zum Teil zu Buche. Es wird für das Geschäftsjahr 2014 ein Gesamtumsatz in Höhe von 41,1 Millionen Euro sowie ein Jahresfehlbetrag von minus 11,1 Millionen Euro erwartet. Foto: Archiv


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