Seitenlogo
tok/pm

Görlitzer auf Probe

Ab Januar 2019 bietet sich in Görlitz wieder die Gelegenheit, zur Probe zu wohnen – und diesmal auch zu arbeiten. Mit dem Projekt sollen nicht nur neue Bürger für die Stadt gewonnen, sondern auch Handlungsempfehlungen für die Stadtentwicklung in Görlitz und vergleichbaren Städten gewonnen werden.
Prof. Dr. Robert Knippschild, Leiter des IZS, und Hartmut Wilke (rechts), Leiter des Amtes für Stadtentwicklung bei der Stadt Görlitz, vor dem Ideenlabor „Neun Görlitz“ (Fischmarkt 9) des Wildwuchs e. V., einen der Arbeitsräume die für das Projekt zur Verfügung stehen. Foto: Keil

Prof. Dr. Robert Knippschild, Leiter des IZS, und Hartmut Wilke (rechts), Leiter des Amtes für Stadtentwicklung bei der Stadt Görlitz, vor dem Ideenlabor „Neun Görlitz“ (Fischmarkt 9) des Wildwuchs e. V., einen der Arbeitsräume die für das Projekt zur Verfügung stehen. Foto: Keil

Der Boom großer Städte hat auch seine Schattenseiten: teure Wohnungen, knapper Raum für Kreative und Selbstständige, immer weniger Freiraum und zunehmende Belastungen durch den Verkehr. Insbesondere junge Menschen und Familien leiden unter diesen Entwicklungen. „Die zentrale Frage unseres neuen Projektes lautet deshalb: Inwiefern können kleinere, aber dennoch attraktive Städte jenseits der Metropolregionen von dieser Entwicklung profitieren und eine Alternative für gestresste Großstädter bieten“, erläutert Prof. Robert Knippschild, Leiter des Interdisziplinären Zentrums für ökologischen und revitalisierenden Stadtumbau (IZS) Görlitz. „Stadt auf Probe – Wohnen und Arbeiten in Görlitz“ heißt das neue Vorhaben, das sich an Selbstständige und Freischaffende richtet, die ortsungebunden arbeiten und die die Stadt für einen Zeitraum von vier Wochen ausprobieren möchten. Dabei steht nicht nur die Wohnqualität von Görlitz im Mittelpunkt. Die Teilnehmenden sollen die Stadt auch als Wirtschaftsstandort und potenziellen Arbeitsort erleben und ausprobieren.

Drei Wohnungen, drei Arbeitsplätze

Von Januar 2019 bis Juni 2020 stehen neben drei Probewohnungen jeweils ein Büroarbeitsplatz in einem Co-Working Space, ein Werkstattarbeitsplatz in einem kreativen Kultur- und Gewerbezentrum sowie ein Atelierarbeitsplatz mit Ausstellungsmöglichkeit in einem Künstlertreffpunkt bereit. Wohnungen und Arbeitsräume werden dabei unentgeltlich vom Wohnungsunternehmen bzw. von den drei am Projekt beteiligten Initiativen zur Verfügung gestellt. „Wir möchten dazu beitragen, dass die in Görlitz bereits lebendige Kreativszene über die Stadtgrenzen hinaus weiter bekannt wird“, erläutert Danilo Kuscher, Vorstand des Kühlhaus Görlitz e.V., die Motivation lokaler Initiativen, sich an dem Projekt zu beteiligen. „Außerdem haben wir ein Interesse daran, Leute aus anderen Städten und Ländern temporär oder vielleicht dauerhaft in die Stadt zu holen, um unsere eigenen Netzwerke weiterzuentwickeln“, ergänzt er. „An den Zuzügen der letzten Jahre sehen wir, dass Görlitz zunehmend für Familien und jüngere Menschen attraktiv ist. Außerdem bietet die Stadt Schaffens- und Freiräume, die in den Ballungsgebieten ja zunehmend knapp werden. Dies wollen wir im Rahmen von ‚Stadt auf Probe‘ stärker nach außen tragen und mehr zu den Potenzialen unserer Stadt erfahren“, legt Hartmut Wilke, Leiter des Amtes für Stadtentwicklung, die Motivation der Stadt Görlitz dar. „Natürlich ist ein wichtiges Ziel des Projektes, dauerhaft neue Bürger für unsere Stadt zu gewinnen“, ergänzt Arne Myckert, Geschäftsführer der städtischen KommWohnen Service GmbH. „Das breite und relativ günstige Wohnungsangebot in Görlitz spielt dabei eine wichtige Rolle.“ Da Familien eine wichtige Zielgruppe sind, ist auch an die Kinderbetreuung gedacht. Nach vorheriger Absprache lassen sich auf Wunsch Kitaplätze organisieren.

Erkenntnisse für Wissenschaft und Praxis

Schon im Vorfeld und vor allem während ihres Aufenthaltes werden die Görlitzer auf Probe daher von einem in der kreativen Szene gut vernetzten Ansprechpartner begleitet „Wichtig ist uns, dass sich die am Projekt Teilnehmenden in Görlitz gut aufgehoben fühlen. Es ist ja doch ein ernsthafter Schritt, sich vier Wochen auf ein anderes Wohn- und Arbeitsumfeld einzulassen“, erklärt Robert Knippschild, der die Begleitforschung leitet. Während des vierwöchigen Aufenthaltes werden die Teilnehmer wissenschaftlich befragt – zu ihrer Motivation, am Projekt teilzunehmen, ebenso wie zu ihren Anforderungen an einen neuen Wohn- und Arbeitsstandort sowie zu ihren Erfahrungen in Görlitz. Die Befragungsergebnisse sollen dabei helfen, diejenigen Faktoren zu identifizieren, die kleinere Städte und Städte in Randlagen für junge, gut ausgebildete Menschen attraktiv machen und die die Anziehungskraft dieser Orte positiv beeinflussen. Aus diesen Informationen wird das Team um Professor Knippschild Handlungsempfehlungen für die Stadtentwicklung in Görlitz und in vergleichbaren Städten ableiten. Ermöglicht wird das Vorhaben durch eine Förderung des Bundesministeriums des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) und des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Rahmen der „Nationalen Stadtentwicklungspolitik“. Projektträger ist das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), vertreten durch das in Görlitz ansässige Interdisziplinäre Zentrum für ökologischen und revitalisierenden Stadtumbau (IZS). Partner sind die KommWohnen Service GmbH, die Stadt Görlitz sowie die Görlitzer Initiativen KoLABORacja e. V., Kühlhaus e. V. und Wildwuchs e. V..

Hinweise zur Bewerbung

Interessierte Personen können sich auf der Projekt-Homepage über das Vorhaben sowie die angebotenen Arbeitsräume und Wohnungen informieren und dort auch für die Teilnahme am Projekt bewerben. Die Bewerbung erfolgt ausschließlich online über ein Formular auf der Internetseite. Eine Bewerbung ist ab sofort bis einschließlich 31. Oktober 2018 möglich. Im November erfolgt eine erste Auswahl und geeignete Teilnehmer werden informiert. www.stadt-auf-probe.ioer.eu


Meistgelesen