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Carola Pönisch

Mit Martin Dulig am Küchentisch

Politiker und Bürger treffen eigentlich nur in Wahlkampf aufeinander. Sachsens SPD-Chef Dulig geht seit Ende 2015 eigene Wege. Mit seinem Küchentisch zieht er durch Sachsen und lädt Menschen zum Gespräch ein. WochenKurier begleitete die 51. KüchentischTour in Gorbitz.

Wo finden die meisten und besten Gespräche statt? Klar, am Küchentisch. Nun kann man als Sachsen-SPD-Chef schlecht alle Sachsen zum Gespräch in die eigene Küche einladen. Aber den eignen Küchentisch aufladen und sich damit unters Volks mischen, das ist logistisch machbar und kommt gut an. Die 51. Station, an der der stabile, schon etwas ramponierte Tisch von Martin Dulig aufgestellt wurde, war Gorbitz. Was drückt den Leuten hier auf der Seele, was regt sie auf, was bewegt sie? Etwa 80 Menschen fanden den Weg am Abend des 4. Dezember zum Altgorbitzer Ring ins Pflegeheim der Volkssolidarität, um mit dem SPD-Chef, der ja auch Sachsens Arbeits- und Verkehrsminister ist, zu reden. Von den acht Plätzen, die der Tisch bietet, sind vier besetzt. Neben Dulig sitzen da Sachsens Bildungsministerin Eva-Maria Stange, außerdem der leidenschaftliche Stadtteilkümmerer Matthias Körner und Moderatorin Eileen Mägel. Auf den anderen vier Stühlen dürfen Bürger Platz nehmen, die ein Problem loswerden und Antworten haben wollen. Jede Frage ist erlaubt. Egal zu welchem Thema Was also bewegt die Menschen, vor allem jene, die in Gorbitz leben? Ganz klar, das Thema Asyl. Warum leben hier im Stadtteil so viele Asylbewerber? Wie viel Familiennachzug wird noch folgen? Wie erreicht man, dass Asylbewerber und ihre Familien sich hiesigen Gepflogenheiten anpassen? Wie bekommt man Kriminalität und Gewalt in Gorbitz, speziell am Amalie-Dietrich-Platz in den Griff? Doch geht es auch um Miete und Mangel an bezahlbarem Wohnraum, um den aufgekündigten Digitalpakt, um krass steigende Pflegeheimkosten für eine alte Dame, fehlende Lehrer, deren starke Belastung in Klassen mit hohem Ausländeranteil und das Problem der niedrigeren Entlohnung von Lehrern an Freien Schulen. Es geht sogar um eine defekte Bushaltestelle in Luga und um die Frage, ob Lkw nicht generell mit vier statt zwei Bremsrücklichtern ausgestattet werden sollten, um Auffahrunfälle an Autobahnauffahrten zu verhindern. Nicht auf jede Frage eine befriedigende Antwort Kann Dulig also etwas tun bei hässlichen Wartehäusern in Luga und fehlenden Bremslichtern? Natürlich nicht. Aber er hört sich alles geduldig an, notiert und antwortet. Ja, die soziale Mischung in den Stadtteilen muss besser sein – nur kann er da nicht eingreifen. Ja, der Verkauf der Woba an Vonovia war falsch – doch das lag in Verantwortung der Stadt. Ja, die SPD wird alles für bezahlbare Mieten tun (Stichwort sozialer Wohnungsbau), nur leider gilt die Mietpreisbremse als gescheitert. Klar müssen Lehrer im Land gehalten, Geflüchtete besser integriert werden und Pflege bezahlbar bleiben. »Wenigstens mal Dampf abgelassen« Wer Spielregeln für so eine absolut lobenswerte Veranstaltung aufstellt, muss diese selbst auch einhalten. Das gelang der Moderatorin zum Ende des Abends hin nicht. Im Saal machte sich Unmut breit, einige gingen vorzeitig. Doch auch den heimischen Küchentisch verlassen nicht immer alle glücklich. »Wenigstens habe ich mal Dampf abgelassen«, verabschiedet sich einer der Anwesenden.


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