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Carola Pönisch

Der Hochland-Canaletto und sein haariges Geheimnis

Gorbitz träumt in der Mittagshitze. Kein Wölkchen am kobaltblauen Himmel. Auf der Wiese hinter einem beigefarben getünchten Plattenbau, im Schatten einer knorrigen Linde, hockt ein Mann vor einer Staffelei: Roland Schwenke (65), bekannt auch als »Hochland-Canaletto«.

Fast zwei mal einen Meter groß ist das Motiv der typischen Nil-Landschaft mit am Ufer dümpelndem Fischerboot, an dem Roland Schwenke gerade arbeitet. Über 150 Ölgemälde von ihm hängen goldgerahmt in 20 sächsischen Schlössern, u.a. in Weesenstein, Schönfeld-Weißig, Hirschstein oder Kuckuckstein. Nicht nur die großformatig dargestellten Landschaftsbilder zeugen vom großartigen Pinselstrich des Künstlers. Dergleichen meisterhaft ist seine Porträtmalerei, die Besucher aus aller Welt immer wieder begeistert. So sind es vor allem die im Krieg verschollenen Ahnen berühmter Adelsgeschlechter, die einst die Wände der sächsischen Schlösser schmückten und die Schwenke meist lebensgroß wieder zu neuem Leben erweckt. Hinter seinem Gemälde von Maria Theresia, Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn, sowie ihren Gemahl Kaiser Franz Stephan I steckt sogar ein ganz besondere Geschichte: »Als meine Tochter Katja 2010 im Gartensaal des im noch in der Sanierung befindlichen Renaissance-Schlosses Lauterbach heiraten wollte, wirkten die Räumlichkeiten noch ziemlich nackt. Spontan entschloss ich mich, bis zur Hochzeit das Kaiserpaar zu malen, um den Saal ein ähnliches Sissi-Flair wie im Historienfilm mit Romy Schneider zu verwandeln.« Heute schmücken übrigens 17 weitere Öl-Bilder die Wände der Ahnengalerie. Woher kommt eigentlich Ihr Talent, Herr Schwenke? »Von Beruf bin ich Koch, habe nie Malerei studiert, aber Kochen hat ja auch etwas Künstlerisches. Familiär vorbelastet hinsichtlich meines Mal-Talentes bin ich auch nicht. Opa und Vater waren Ornithologen, von ihnen erbte ich das genaue Beobachten der Natur, das mir beim Malen zugute kommt«, erzählt er. Schwenke weiß noch, dass er als Kind gern Comics las und die drei »Digedags« von Hannes Hegen abzeichnete. »Als Soldat bei der NVA musste ich für meine Kameraden häufig die Konterfeis ihrer Freundinnen malen, damit sie beim Heimaturlaub damit punkten konnten.« Seine Begabung blieb bei den Offizieren nicht lange unentdeckt und Soldat Schwenke wurde per Befehl dazu verdonnert, ein Öl-Bild zum Thema deutsch-sowjetische Waffenbrüderschaft anzufertigen. Obwohl er bis dahin glaubte, mit Ölfarben nicht zurecht zu kommen, klappte die Premiere so gut, dass weitere Aufträge folgten. »Das hatte aber auch seine guten Seiten«, erinnert sich Schwenke, »ich brauchte nicht mit zu Schießübungen und bekam regelmäßig Ausgang, um Farben einzukaufen.« Ist Schwenke stolz auf seine Bilder? »Und ob! Manchmal stehe ich davor und überlege ernsthaft: Hab` ich die wirklich alle selbst gemalt oder sind es doch die Originale?« Am längsten malte er übrigens an Georg II. von Großbritannien: »Dafür habe ich 250 Stunden investiert, die ganze Zeit über habe ich die Hits von Maite Kelly gehört.« Haariges Geheimnis Stubentiger Lady (8) miaut plötzlich. Schwenke lacht: »Oje, sie ist wohl eingeschnappt. Ich habe nämlich vergessen zu erwähnen, dass in jedem Kunstwerk eines ihrer Katzenhaare steckt. Wo genau, das bleibt unser beider Geheimnis...«


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