Seitenlogo
André Schramm

DDR-Betriebsrenten: Höchste Eisenbahn

Die Eisenbahner der ehemalige Deutschen Reichsbahn kämpfen auch 30 Jahre nach der Wende um die Anerkennung ihrer Betriebsrente. Die Zeit läuft davon. Ein Vorschlag steht im Raum, ein Datum auch.
Für Petra Köpping geht es um Rentengerechtigkeit. Foto: Schramm

Für Petra Köpping geht es um Rentengerechtigkeit. Foto: Schramm

Es ist Donnerstagnachmittag. Etwa 70 ehemalige Eisenbahner sind zum Seniorentag der Eisenbahngewerkschaft EVG ins Ballhaus Watzke gekommen. Es geht um stillgelegte Strecken, den Personalmangel in den Führerständen, Freifahrten, die LKW auf unseren Straßen und Tricks, um günstig an Bahntickets zu kommen. Es wird viel von der Bahn gesprochen und meistens kommt ein "unsere" davor. Eines wird hier schnell klar: Eisenbahner ist kein Beruf, den man mit dem Renteneintritt ablegt. Das ist man für immer, auch weit über das Arbeitsleben hinaus. Da wird es für viele Mitarbeiter der ehemaligen Deutschen Reichsbahn (DDR) problematisch. Denn ihre Betriebsrenten-Ansprüche sind bis heute nicht geklärt, und jünger werden sie auch nicht. "Wir sprechen etwa von 103.000 Betroffenen. Es werden immer weniger", sagt Dietmar Polster. Er ist nicht nur Sprecher der EVG in Sachsen, sondern kämpft seit Jahren für die "Anerkennung der Lebensleistung" der DDR-Bahner, wie er sagt. Gerade eben ist er aus Berlin zurück – von einem Treffen mit dem Beauftragten der Bundesregierung für die Neuen Bundesländer Christian Hirte (CDU). Ein wohltuendes Gespräch sei das gewesen, meint Polster. Dass man sich von dem Gedanken einer regelmäßigen Rente verabschieden müsse, sagt er aber auch. Es geht um eine Härtefallregelung. "Eine einmalige Abfindung für alle Betroffenen von 15.000 bis 20.000 Euro brutto. Dann wäre die Sache vom Tisch", so Polster. Seinen Angaben zufolge würden den DDR-Bahnern immerhin 100 bis 300 Euro fehlen pro Monat. Ein weiteres Treffen für August sei anberaumt worden. "Wir wollen noch dieses Jahr eine verbindliche Aussage vom Bundeswirtschaftsministerium in der Angelegenheit und streben eine Entscheidung der Regierung bis Jahreshälfte 2020 an", so Polster.  Auf dem Papier hat es im Einigungsvertrag Überführungsregeln für derlei Rentenansprüche gegeben. Angewandt wurden sie aber nicht überall.  "17 Berufsgruppen gingen leer aus", sagt Sachsens Gleichstellungsministerin Petra Köpping (SPD). Neben den Bahnern sind auch ehemalige Mitarbeiter der Deutschen Post der DDR betroffen. Wie viele es hier (noch) sind, darüber gibt es keine genauen Zahlen. Von 70.000 ist die Rede. Hinzu kommen Physiker, Chemiker, Ballett-Tänzer(innen), Bergleute, Spitzensportler und viele mehr. Anläufe, die Betriebsrenten-Ansprüche zu klären, gab es in der Vergangenheit durchaus.  "Wir dürfen hier nicht auf eine biologische Lösung warten", meint Köpping. Sie unterstützt die Forderung nach einem Härtefallfonds und wirbt in der Bundespolitik um Verständnis für die Situation. Angekommen ist die Problematik noch nicht. "Ich treffe immer wieder Politiker, die davon noch nie etwas gehört haben", sagt sie. Man müsse sich verbünden, nicht jeder einzeln den Klageweg beschreiten. Zu berücksichtigen sei ferner, dass im Bundestag zu 80 Prozent Abgeordnete aus Westdeutschland säßen, meint Köpping. Nach den Angaben des EVG-Sprechers rede man in Summe über zwei Milliarden Euro. Wo das Geld herkommen soll, weiß er auch schon. "Nicht aus dem Rententopf, sondern aus jenen Töpfen, in die damals das Vermögen der DDR-Reichsbahn und Post geflossen ist. Auch wenn immer gesagt wird, die DDR sei pleite gewesen – für unsere Eisenbahn und die Post traf das mit Sicherheit nicht zu", sagt Polster.


Meistgelesen