rk/asl
Null Einnahmen
Johannes Baumgärtel ist froh, dass er in diesen Zeiten eine Familie hat. »Die stabilisiert mich mehr denn je«, erzählt der 39-jährige Wachauer. So könne er derzeit all die Dinge vorübergehend auszublenden, die manch einem seiner Kollegen in dieser Corona-Zeit nicht nur den Schlaf, sondern mittlerweile auch die Existenz geraubt haben. Zum zweiten Mal erlebt das Land einen Lockdown, und betroffen ist neben der Gastronomie und dem Freizeitsport auch wieder die Kultur. Ausgerechnet, sagen diejenigen, die in und von diesem Bereich leben. Dabei hatte Johannes Baumgärtel, der seit zehn Jahren mit René Brückner die B&B eventandmusic-Agentur in Wachau betreibt, in diesem Sommer noch optimistisch auf das zweite Halbjahr geschaut.
Identifikation mit dem Job geht verloren
Allmählich gehe es an die Substanz, erzählt er. An die finanzielle wie an die persönliche. »Wir haben seit Frühjahr, als es mit Corona losging, null Einnahmen«, klagt der Wachauer. Zehn Veranstaltungen habe er in diesem Jahr schon absagen müssen. Was Baumgärtel derzeit auch quält, ist das Fehlen seines gewohnten Alltags. Er spüre langsam, wie sich diese Pandemie auf seine Person auswirke. Die Identifikation, die er mit seinem Job habe, die beginne sich langsam aufzulösen, beschreibt er das. Vielen Kulturschaffenden in der Region geht es da ähnlich. Das behördlich angeordnete Auftrittsverbot wirke sich als Störfaktor auf das aus, was er doch so gerne mache, erklärt Musiker Thomas Keilhauer. Der Wachauer tourt seit vielen Jahren gemeinsam mit dem aus Liegau-Augustusbad stammenden Ronny Hermann durch die Region. Als »Onkel Tom und Huck« ist das Gitarren-Duo vielen ein Begriff. Rund 30 Konzerte mussten die beiden bereits canceln. Keilhauer, der als Lehrer in der Döbelner Musikschule arbeitet, ist aber froh, dass er mit der Musik nicht seine Existenz sichern muss. Dennoch: »Diese erzwungene Pause, die vielen Monate, in denen wir nicht auftreten durften«, so Keilhauer, »das ist gewaltig an die Moral gegangen«. Man stelle sich da selbst in Frage. Er müsse sich ständig neu motivieren, um die Musik, sein Hobby, für sich am Leben erhalten zu können. Was alles andere als einfach sei. In Pulsnitz, in der Tanz- und Theaterwerkstatt (TTW), sieht man das ähnlich. Trotz des Lockdowns ist aber die Atmosphäre unter den rund 150 Vereinsmitgliedern »eigentlich ganz gut«, wie das die Vereinsvorsitzende Nancy Wippich beschreibt. Was wohl auch damit zusammenhängt, dass die Tanzpädagogen mit den Kindern individuell trainieren dürfen. Natürlich fehle allen derzeit die Bewegung, so Wippich weiter. Aber man habe Tanzvideos gedreht und ins Netz gestellt, so könne man wenigstens daheim ein wenig für sich trainieren, so die Vereinschefin. Die dem Lockdown durchaus auch positive Seiten abgewinnen kann: »Wir haben nun endlich Zeit, um die Räumlichkeiten unseres Tanzstudios auszubauen.« Dass ein solches Herunterfahren des öffentlichen Lebens wieder in der Luft lag, hatte man beim Weixdorfer Kulturverein, dem Betreiber des Dixiebahnhofs früh erkannt. Waren dort bereits ab Mitte Oktober alle Veranstaltungen abgesagt worden. Denn »die zunehmenden Infektionszahlen haben einfach nichts Gutes bedeutet«, so Simone Jenke, die für die Öffentlichkeitsarbeit des Kulturzentrums verantwortlich ist. Bis Ende des Jahres ist der Dixiebahnhof geschlossen. Im kommenden Jahr »wollen wir wieder durchstarten«, hofft Simone Jenke, die nicht davon ausgeht, dass ob der kulturellen Zwangspause bei vielen Menschen ein Entwöhnungsprozess eingesetzt hat. Denn, so Simone Jenke weiter: »Kultur ist einfach wichtig für uns Menschen«. Auch und gerade in diesen Zeiten.Meistgelesen
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