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»Wir brauchen eine Gesamtstrategie«

Löbau. Wie kann man dem Lehrermangel entgegenwirken? Dazu haben sich Kreiselternrat, Sachsens Lehrerverband und der CDU-Kreisverband Gedanken gemacht. Entstanden ist ein gemeinsames Positionspapier.

Erarbeitet wurde das Positionspapier bei einer gemeinsamen Vorstandssitzung im Stammhaus der Schwerdtner Bäckerei in Löbau.

Erarbeitet wurde das Positionspapier bei einer gemeinsamen Vorstandssitzung im Stammhaus der Schwerdtner Bäckerei in Löbau.

Bild: Pexels

In einer gemeinsamen Vorstandssitzung haben die Vorstände des Kreiselternrats, den ostsächsischen Kreisverbänden des Sächsischen Lehrerverbands und des CDU-Kreisverbands konkrete Maßnahmen zur Bewältigung des Lehrermangels und Stärkung des Bildungsstandorts in der Oberlausitz erarbeitet. Entstanden ist ein sieben Punkte umfassendes Positionspapier.

»Der Mangel an ausgebildeten Lehrkräften ist eines der drängendsten Probleme für die Menschen in Ostsachsen. Weil die Zahl fehlender Nachwuchskräfte und die Quote von Seiteneinsteigern im Regionalschulbereich Bautzen besonders stark ausgeprägt sind, fordern wir die Sächsische Staatsregierung zu weiterer Unterstützung unserer Region auf«, heißt es darin einleitend. Sachsen weise bei der schulischen Bildung hohe Qualität auf, die es zu bewahren gelte. Um die zu erhalten und vor allem den ländlichen Raum nicht zu benachteiligen, brauche es aber genügend ausgebildetes Personal. Das sei nur mit einer Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufs und dem gezielten Anwerben von Absolventen erreichbar.

 

Punkt 1

Deswegen wird in Punkt eins gefordert, Lehramtsstudium und praktische Ausbildung weiter zu regionalisieren. Die bereits erhöhte Zahl an Studienplätzen müsse um die Möglichkeit des Studiums an einer Hochschule ergänz werden. Das sei durch Kooperationen zwischen Universitäten und Hochschulen möglich. »Gleichzeitig braucht es auch Ausbildungsstellen für das Lehramtsreferendariat (bzw. den Vorbereitungsdienst) in Förderschul- und Oberschul-Fächern im ländlichen Raum«, heißt es in dem Positionspapier.

 

Punkt 2

Außerdem sollen Klassenleiterstunden wieder eingeführt werden. Die Verantwortung, die ein Klassenleiter für eine Schulklasse habe, sei elementar. Die damit einhergehenden Tätigkeiten sollen daher auch als Teil des Arbeitsvolumens angerechnet werden.

 

Punkt 3

Eine weitere Forderung ist die Unterstützung der Bildung an außerschulischen Lernorten. »Schulen brauchen zur Erfüllung ihres Bildungsauftrags die Unterstützung öffentlicher Einrichtungen«, steht in dem Positionspapier. Deswegen sollten Veranstaltungen wie beispielweise Sport-, Kultur- und Heimatkunde-Tage außerhalb der Schulen gefördert werden, ebenso wie Tage zur Vermittlung sozialer und medialer Kompetenzen und nachhaltigem und kulturellem Lernen, zur Demokratieerziehung und zur Vertiefung von Berufsorientierung. Die außerschulischen Lernorte müssen dazu niederschwellig und kostengünstig nutzbar sein.

 

Punkt 4

Punkt vier dreht sich um das Thema Präventionsangebote. »Polizei, Träger der Wohlfahrtspflege und Vereine können eine wichtige Ergänzung bei der Vermittlung lebensnaher Themen sein, wenn sie unbürokratisch Hilfe anbieten können«, heißt es dazu. Beispielshaft wird hier das PiT Ostsachsen, ein Netzwerk für Präventionsarbeit, genannt. Es soll auch ohne Kooperationsvereinbarung allen Schulen zugänglich sein.

 

Punkt 5

Fünfte Forderung ist die Professionalisierung von Unterstützersystemen. »Die Zahl aller Assistenzstellen muss erhöht, ihre Aufgabenbereiche klar definiert und ihr Einsatz an den Schulen gut vorbereitet werden«, heißt es dazu. Besonderes Augenmerk sei auf die Finanzierung von Schulsozialarbeitern, die Übertragung reiner Verwaltungstätigkeiten an Schulverwaltungsassistenten, die Schaffung von mehr Plätzen für FSJ und FPJ, und die Unterstützung der Berufsorientierung durch Praxisberater und Berufseinstiegsbegleiter zu legen.

 

Punkt 6

Auch die digitale Infrastruktur muss in der Fläche verbessert werden, heißt es in Punkt 6. Dabei wird aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass digitaler Unterricht ohne ausgebildete Pädagogen nicht das Ziel sein darf. Wichtig sei eine personelle und finanzielle Unterstützung der Schulen bei Beschaffung und Wartung der Technik.

 

Punkt 7

Im letzten Punkt werden sonderpädagogische Projekte für Schulverweigerer und Schulabbrecher gefordert.

 

Die Daten werden von der Good Conversations gGmbH (einer Tochtergesellschaft von ZEIT ONLINE) erhoben und verarbeitet.

 

Das sagen die Beteiligten

 

Ronald Lindecke, Vorsitzender des Kreiselternrates: »Es geht uns um Bildungsgerechtigkeit für die Kinder und Jugendlichen in der Oberlausitz, die wir gefährdet sehen, wenn zu wenige qualifizierte Bewerber für unsere Region gewonnen werden können. Deswegen wollen wir ein Zeichen setzen, dass die Lehrkräfte hier geschätzt und gebraucht werden. Wir wollen nicht nur anmahnen, sondern konkret etwas zur Verbesserung der Situation beitragen. Unser Landkreis ist attraktiv für angehende Lehrkräfte und kann auch bei der Ausbildung von ihnen noch umfangreicher unterstützend tätig sein.«

 

Sabine Köhler, Vorsitzende des SLV-Kreisverbandes Löbau-Zittau und selbst Förderschullehrerin sieht generellen Unterstützungsbedarf für die Schulen und hatte sich deshalb für einen Ausbau von Schulsozialarbeit, Assistenzsystemen sowie des Projekts »Prävention im Team« (PiT-Ostsachsen) der Polizei Sachsen stark gemacht. Außerdem erinnerte sie an das Anliegen aus dem Koalitionsvertrag der Sächsischen Regierung, ab dem Schuljahr 2023/2024 beginnend, perspektivisch allen Klassenleiterinnen und Klassenleitern eine Anrechnungsstunde zu gewähren. »Sie wird immer wichtiger, da die Problemlagen durch die Erhöhung der Schülerzahl, Förderbedarfe von Integration und Inklusion oder starke Auffälligkeiten im sozial-emotionalen Bereich weiter zunehmen. Es braucht die notwendige Zeit um individuell zu fördern, Bürokratie zu erledigen, Dinge zu planen oder Problemlagen zu klären.«

 

Florian Oest, CDU-Kreisvorsitzender und Kreisrat, bekräftigt, dass der Austausch mit Lehrern und Eltern extrem wichtig sei, um darüber zu sprechen, welche Maßnahmen jetzt notwendig sind. »Gute Bildung geht nur mit guten Lehrerinnen und Lehrern, die sich voll und ganz auf ihre Arbeit mit unseren Kindern konzentrieren können. Wir brauchen eine Gesamtstrategie, um den Lehrermangel in der Oberlausitz zu bewältigen. Zudem möchte ich, dass wir den Megatrend Digitalisierung aktiv gestalten. Unsere Schulen müssen personell und technisch noch besser ausgestattet werden. Dafür brauchen wir ein Sonderbudget für Schulträger durch den Bund. Das gemeinsame Positionspapier werden wir in die Gremien der Sächsischen Union einbringen. Den intensiven Austausch mit Lehrern und Eltern setzen wir fort.« Unternehmer wie Wicky Löffler berichten, wie schwierig es inzwischen geworden ist, gut qualifizierte Arbeits- und Fachkräfte zu gewinnen, so Oest. »Noch weniger Schulabbrecher müssen darum unser Ziel sein.«


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