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Das GHT denkt über Deutschland nach

Das Gerhart-Hauptmann-Theater will sich in der neuen Spielzeit mit Deutschland auseinandersetzen. Ein Highlight ist eine lange verschollen geglaubte Oper.

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"Deutschland, Deutschland!" löst "Hearts On Fire" ab. Das neue Spielezeitmotto ist bewusst provokativ. "Kaum eine Nation hat solche Schwierigkeiten mit sich selbst wie die unsere. Gleichzeitig leben wir in einer Region, die seit Jahrhunderten geprägt ist von fließenden Grenzen, vielen Sprachen und ethnischen Identitäten. Was für einen besseren Ort gäbe es also, um über Deutschland nachzudenken", schreibt das Theater dazu.

"Deutschland, Deutschland!" löst "Hearts On Fire" ab. Das neue Spielezeitmotto ist bewusst provokativ. "Kaum eine Nation hat solche Schwierigkeiten mit sich selbst wie die unsere. Gleichzeitig leben wir in einer Region, die seit Jahrhunderten geprägt ist von fließenden Grenzen, vielen Sprachen und ethnischen Identitäten. Was für einen besseren Ort gäbe es also, um über Deutschland nachzudenken", schreibt das Theater dazu.

Foto: Cover des neuen Spielzeithefts/GHT

Das bewusst provokativ gewählte Motto prangt groß auf dem neuen Spielezeitheft. "Deutschland, Deutschland!" steht da in Frakturschrift und Regenbogenfarben. Was bedeutet es heute deutsch zu sein? Fleißig, ordentlich und pünktlich? Bratwurst und Sauerkraut, Volkswagen und Fußball - oder gibt es da noch mehr? Wie gehen wir heutzutage um mit unseren Nationalsymbolen, in einem Land, das historisch so belastet ist? Was fangen wir an mit Patriotismus oder Nationalstolz in einer Gesellschaft, die immer vielfältiger wird? Diesen Fragen will sich das Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau in der neuen Spielzeit stellen. "Theater ist schließlich dazu da, in die Kontroverse zu gehen", sagt Generalintendant Daniel Morgenroth.

 

Wie schon im vergangenen Jahr (damals mit "Hearts on Fire") wurde ein einheitliches Motto für alle Sparten gewählt. Von der von Mozart selbst als "die deutsche Oper" bezeichneten Zauberflöte im Musiktheater über das Stück "Michael Kohlhaas" im Schauspiel und "Jawoll!" im Tanz, einem Stück, dass sich mit dem Wunsch nach der starken Hand, dem starken Staat und damit der Anziehungskraft autoritärer Regime auseinandersetz, zieht es sich durch die ganze Spielzeit. Über 20 Premieren und die neuen Philharmonischen, Unterhaltungs- und Sonderkonzerte werden geboten. Dazu kommen viele Wiederaufnahmen. So beispielsweise Dornröschen, dass nur vier Mal gezeigt werden konnte, eher ein Lockdown einen Strich durch die Rechnung machte. Dazu wird es Lesungen, Diskussionen und Veranstaltungen zum Mitmachen geben. Man freue sich auf die Kommentare, Einsichten und Rückmeldungen des Publikums, denn diese Spielzeit lebe insbesondere vom Austausch und der Debatte.

 

Bei einem Werk geriet Generalintendant Daniel Morgenroth bei der Spielzeitvorstellung besonders ins Schwärmen. Im März 2023 feiert die romantisch-komische Oper "Rübezahl" von Friedrich von Flotow Premiere am GHT. "Eine große romantische Oper, mit zauberhaften Melodien, die wie keine zweite in unsere Region passt und die einen wunderbaren Kontrast aufmacht zwischen der Realität und einem Fantasie-Schlesien, das nie so existierte." Die Besucher können sich hier auf Musik freuen, die so seit 170 Jahren nirgends mehr zu hören war. Denn das 1853 in Frankfurt uraufgeführte Werk galt lange als verschollen. 1934 gab es an der Oper Braunschweig lediglich eine Aufführung einer stark bearbeiteten Fassung. "Wir haben lange recherchiert und dem Team ist es gelungen, die Originalpartitur in den Sammlungen der Universitätsbibliothek in Frankfurt am Main wiederzufinden", freut sich Daniel Morgenroth.

 

Ebenfalls spannend ist eine neue Inszenierung von Faust. Hier wagt das Theater ein Experiment, will das Werk von Johann Wolfgang von Goethe entschlacken, radikal kürzen und den Text ins Zentrum stellen. Kein Bühnenbild, keine Kostüme, eine Person spielt alle Charaktere. So soll ein Monolog entstehen, der zum Kerngedanken des Stücks vordringt. "Das Ganze ist nicht als humorvolles Stück angelegt, sondern eine ernsthafte Auseinandersetzung", sagt Daniel Morgenroth und schiebt mit einem Augenzwinkern hinterher: "Und keine Sorge, wir machen nur Faust I."

 

Das neue Spielezeitheft kann auf der Website des Theaters heruntergeladen werden. Der Vorverkauf für die Spielzeit 2022/2023 startet am 14. Juni.


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