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»Wir müssen uns nicht mit industriellen Hotspots messen«

Elbe-Elster als attraktiver Wirtschafts- und Arbeitsstandort? Auf den ersten Blick ist das nicht gleich zu erkennen? Beim zweiten Blick unterstützt die Wirtschaftsförderung. Wegen Risiken und Nebenwirkungen brauchen man dann weder Arzt noch Apotheker zu fragen. Es gibt nämlich keine. Für Vorteile fragt man zum Beispiel Bianca Tilch. Foto: TudykaPR

Elbe-Elster als attraktiver Wirtschafts- und Arbeitsstandort? Auf den ersten Blick ist das nicht gleich zu erkennen? Beim zweiten Blick unterstützt die Wirtschaftsförderung. Wegen Risiken und Nebenwirkungen brauchen man dann weder Arzt noch Apotheker zu fragen. Es gibt nämlich keine. Für Vorteile fragt man zum Beispiel Bianca Tilch. Foto: TudykaPR

Rund 104 000 Menschen wohnen in Brandenburg Südwest. Der Landkreis Elbe-Elster liegt zwar am Rande der Lausitz, ist aber dennoch von allen Veränderungen dieser Region betroffen. Vielleicht aber kommen diese dort etwas entschleunigt an – denn zwischen Elbe und der Schwarzen Elster lebt man in einem sehr ländlichen Raum und spricht schon Sächsisch, aber noch Hochdeutsch. Die mittelständische Industrie und das Handwerk sind neben der Landwirtschaft die wichtigsten Arbeitgeber hier. Industrieparks, Kraftwerksstandort und bedeutende „Ankermieter“ sucht man hier vergebens. Welchen Ansatz verfolgt da die Wirtschaftsförderung vor Ort? Wochenkurier sprach darüber mit Bianca Tilch, verantwortlich für die Unternehmensbetreuung bei der Regionalen Wirtschaftsförderungsgesellschaft Elbe-Elster mbH. Bianca Tilch betreut seit 2013 Unternehmen im Landkreis Elbe-Elster. Die gebürtige Elsterwerderin macht das mit Leidenschaft und ausgewiesener Kompetenz – Dipl. Betriebswirt & Master of Arts, Fachrichtung Wirtschaftsförderung. Sie weiß, wovon sie spricht: »Wirtschaftsförderung ist immer individuell. Wir greifen die aktuellen Herausforderungen auf und müssen zugleich vorausdenken.«

Die Feuertaufe

Als Bianca Tilch ihren Dienst im Landkreis antrat, war daran allerdings nicht zu denken. Das Hochwasser kam schneller als man hätte Vorworte für Konzepte schreiben können. Bianca Tilch: »Das war eine Feuertaufe. Es ging um Soforthilfe, aber auch um echte Beziehung und menschlichen Zuspruch. Das kann man nicht studieren. Das muss man wollen.« Kein Wunder, dass die sympathische Wirtschaftsförderin nicht nur ihres bezaubernden Lächelns wegen von »ihren« Unternehmern akzeptiert wird. Aktuell hat das Thema Fördermittelberatung ab-, das Thema Fachkräfte allerdings zugenommen, erklärt die Wirtschaftsförderin. Bianca Tilch sieht ihre Aufgabe zunehmend darin, Arbeitgeber zu sensibilisieren: »Viele schimpfen, es gibt keinen Nachwuchs mehr, ich bekomme keine Leute, alles ist schlecht.« Nun könne man über Sinn und Unsinn von Bildungskonzepten in Deutschland streiten, meint sie. Aber das sei nicht ihre Aufgabe. Nach wie vor gäbe es gute Fachkräfte. Die anzusprechen und zu bekommen, sei jedoch in erster Linie Aufgabe des Unternehmers und nicht des Staates. Als Wirtschaftsförderin aber könne sie hier helfen und unterstützen – beispielsweise wo und wie man Fachkräfte sucht und qualifiziert. »Der Unternehmer aber muss sich darüber im Klaren sein, dass er als Arbeitgeber zunehmend im Wettbewerb steht und auf dem Fachkräftemarkt eine attraktive Marke sein muss.«

Untereinander vernetzen

Bianca Tilch bleibt deshalb für den Standort Elbe-Elster realistisch: »Wir müssen mit dem punkten, was wir haben. Wir streben keine Megaansiedlungen und Großmieter an. Dafür fehlen uns Flächen und Tradition. Es bleibt der Schwerpunkt, die ansässigen Betriebe in ihrer Entwicklung zu unterstützen. Wir vernetzen, untereinander, mit Kooperationspartnern regional und überregional, aber auch mit wissenschaftlichen Partnern in der Lausitz. Das brauchen die Unternehmer. Die sind aber des Tagesgeschäfts wegen oft nicht dazu in der Lage, hier selbst aktiv zu werden.« Was die Fachkräfte betrifft, kann die Wirtschaftsförderin nicht direkt auf die Qualität des Arbeitsplatzes einwirken. Aber indirekt hat sie Möglichkeiten, beispielsweise auf die Wohnqualität zu günstigen Preisen in einem tollen Umland aufmerksam zu machen. »Ich bin überzeugt, dass Elbe-Elster für junge Familien ein wunderbarer Lebensstandort ist. Natur pur, touristisch erschlossen, zudem einer der sichersten Landkreise Deutschlands laut Kriminalitätsstatistik – für viele wird so etwas immer wichtiger. Mag sein, dass man anderswo mehr Lohn zahlt. Aber das zählt nicht allein.« Dass sich Unternehmen im Elbe-Elster-Land sehr wohl über die Vorteile ihres Standortes bewusst sind, davon zeugt ein ausgeprägtes Gemeinschaftsbewusstsein. Wer beispielsweise Mitglied im jungen Unternehmensnetzwerk NEOpreneurs wird, erfährt als Neuansiedler und Gründer ganz schnell und praktisch Unterstützung. Für Bianca Tilch ist das »täglich Brot«: »Als Wirtschaftsförderin muss ich immer im Austausch stehen und zuhören können. Wir sind hier eine kleine, aber gut vernetzte Gemeinschaft.« In erster Linie ist der Landkreis eine landwirtschaftlich geprägte Region. Für manchen klingt das rückständig, ja sogar benachteiligt: »Sind wir aber nicht«, sagt Bianca Tilch. Ländlich? »Ja. Das hat doch Vorteile. Wir müssen uns nicht mit industriellen Hotspots messen. Wir können nur das vermarkten, was wir haben. Nicht umsonst fördern wir beispielsweise regionale Produkte.« www.neopreneurs.de


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