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Bernd Witscherkowsky

Erste Hilfe für die Seele

Elbe-Elster. Sie werden immer dann gerufen, wenn die Polizei an die Tür klopft und etwas Schlimmes passiert ist - die Frauen und Männer der Notfallseelsorge

Seit runden 20 Jahren kümmern sich auch im Landkreis Elbe-Elster ehrenamtliche Helferinnen und Helfer um Mitmenschen, denen das Schicksal einen oft unerwarteten Schlag versetzt. Zumeist sind es Todesnachrichten, mit denen Angehörige von null auf gleich, behördlich kurz und korrekt, konfrontiert werden. Möglichst bevor sich dann für Betroffene seelische Abgründe auftun, ist das Team um Kerstin Höpner-Miech gefragt, um im wahrsten Sinne des Wortes »Erste Hilfe« zu leisten.

Bei Anruf Einsatz

Rund 600 Mal hat das Telefon in den vergangenen zwei Jahrzehnten bei ihr oder einer ihrer neun Mitstreiterinnen zum Einsatz gerufen. »Dabei geraten wir oft selbst in Grenz - und Ausnahmesituationen, allein weil wir bei jedem Besuch immer auch irgendwie den Tod mit im Gepäck haben. Da kann man noch so gut vorbereitet sein, gut ausgebildet sind wir schließlich alle, am Ende aber auch nur Menschen, die händehaltend mitweinen oder mittrauern können«, so Höpner-Miech. Ein Ehrenamt das mit Engagement, viel Empathie und noch mehr Nächstenliebe verbunden ist. Allerdings kein Freiwilligenjob für ausschließlich zartbesaitete Leute mit »Helfersyndrom«. Wovon auch ihr leiblicher Vater und Gründungsvater des Seelsorge-Teams Elbe-Elster mehr als ein Lied singen kann. Martin Miech (86), davon 52 Jahre Pfarrer in Rehfeld – jetzt im Ruhestand - aber auch nur, weil seine Beine »nicht mehr so richtig mitmachen wollen«, dazu: »Im Gründungsjahr 2002 waren wir rund 20 Mitglieder, was sich in den Folgejahren etwas relativiert hat. Einige davon sind recht schnell abgesprungen. Zeitintensive Schulungen, rund um die Uhr Bereitschaft, Freizeitverlust und besonders die psychischen Belastungen taten wohl ein Übriges.« Umso mehr freut sich der rüstige Rentner, dass sich die Teamgröße auf stabil neun engagierte Akteure unter Leitung seiner Tochter, die ihm nicht nur ehrenamtlich, auch beruflich folgte, eingepegelt hat.

Hintergrund

Die Notfallseelsorge bietet in akuten Belastungs- und Krisensituationen psychosoziale Hilfe. Alles in enger Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst in den ersten Stunden nach dem Ereignis. Die Notfallseelsorge ist ein Angebot an Betroffene, die seelische Unterstützung wünschen, unabhängig von konfessioneller Zugehörigkeit, Religion und Weltanschauung. Alarmierung erfolgt über Regionalleitstellen der Polizei, des Rettungsdienstes oder der Feuerwehr.

Kommentar zum Thema:

von Bernd Witscherkowsky

»Ohne Tränen hätte die Seele keinen Regenbogen (Verfasser unbekannt). Ein Spruch, der die Notfallseelsorger um Kerstin Höpner-Miech nicht selten begleitet, wenn sie zu ihrem Ehrenamtsjob ausrücken. Sich selbst mental auf den Einsatz vorzubereiten, bleibt häufig nur wenig Zeit – oft nur ein paar Minuten Autofahrt zu nachtschlafender Zeit. Allein dafür gebührt den Männern und Frauen vom Team Elbe-Elster wohl unser aller Respekt: Chapeau! In diesem Sinne liebe Nachbarn, schaltet auf der Autobahn einen Gang runter, achtet auf eure Kinder, gönnt der Seele hin und wieder eine Pause und bleibt nett zueinander. Damit die ›Regenbogenmacher‹ ein wenig entlastet werden.


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