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Birgit Branczeisz

Dresdner Schwebebahn wird aufs Zahnrad gefühlt

Dresden. Nach 10 Jahren wird jede Welle, jedes Rad geprüft - und es gibt eine Überraschung.

Die Achse der Dresdner Schwebebahn zu wechseln, war seit jeher ein aufwändiges Unterfangen. 1905 entstand in einer Pause ein Gruppenfoto der Mitarbeiter, zufrieden lächelnd, stolz auf ihren ganz besonderen Arbeitsort an den Hängen der einstigen Weinanbauregion Loschwitz. Seit die Reblaus dem Weinbau ein Ende gesetzt hatte, entdeckten die gutbetuchten die traumhaften Elbhänge als Wohnort. Die Schwebebahn, die ab 1901 nach Oberloschwitz "schwebte", war eine unabdingbare Folge dessen, erst recht nachdem das Lahmann-Sanatorium am Weißen Hirsch beliebt wurde.

Seitdem erfüllt die Schwebebahn - neben der Standseilbahn - ihre Pflicht, inzwischen natürlich als touristische Attraktion und einzigartiges bewegtes Denkmal. Eines hat sich jedoch nicht geändert - Achsen, Treibscheiben, Zahnräder und Wellen auszubauen, ist immer noch höchst aufwändig. Bergbahnbetriebsleiter Markus Dorschner (27) und sein Team aus sieben bis zehn Mitarbeitern, die beide Bahnen betreuen, erleben das gerade. Denn die alte Dame "Schwebebahn" wird bis 17. März auf Herzen und Nieren geprüft. Das bedeute bei der Schwebebahn, bei diesen Temperaturen hoch aufs Dach der Wagenkabine klettern, Achsen herausnehmen, jede kleine Schraube, da wird es trotz Einhausung mit Planen schnell kalt.

 

Scheibenteam prüft mit Ultraschall

Alle zehn Jahre werden sämtliche Scheiben mit Ultraschall geprüft - dafür kommt extra ein "Scheibenteam" von Materialprüfern. Die großen Seilabhängungen werden abgenommen, die Bremszangen demontiert. Oben im Maschinenhaus werden die Antriebswellen geprüft, besonders die Treibscheiben. Parallel dazu prüfen, warten und schmieren die Bergbahnmitarbeiter alle Treibscheiben, Zahnräder und Wellen an der oberen Station. Auch die 33 stählernen Stützen sowie die Fahrbahnträger der 274 Meter langen Schwebebahn genau untersucht.

Zwar ist das Seil keinen extremen Bedingungen ausgesetzt - mit 4 km/h oder 1,1 Meter pro Sekunde schwebt sie tatsächlich eher im Zeitlupentempo, doch das Seil mit einem Durchmesser von nur 38 Millimetern soll schließlich allen Eventualitäten standhalten. Letztes Jahr wurde der Verguss an den Seilenden getauscht, der letzte komplette Seilwechsel war 2018. Das Bergbahn-Team ist auch gespannt, on es im Inneren der Bahn noch die ein oder andere Überraschung gibt. Erste Frage: Lauert unter den Gummis Rost? Falls ja, muss zunächst ein Anstrich her oder es werden ganze Teile gewechselt.

 

Hellrosa Polster für alle Sitze

Damit nichts übersehen wird, werden die 14 Tonnen schweren Kabinen gründlich entkernt, vor allem genau dort wo die Fahrwerke aufgehängt sind, wird jede Leiste entfernt und jede Schweißnaht geprüft. Im Innenraum der beiden Wagen wird sogar ein Teil der Dachlackierung dafür entfernt, um den Spuren der Alterung auf den Grund zu gehen. Die Wagenkästen sind aus den späten 1980er - während einige Teile wie Bremszangen noch original sind.

Feststeht schon, dass einige Fenster der Wagen ausgetauscht werden. Hier sind durch die Witterung über die Jahre unschöne Verfärbungen oder Eintrübungen entstanden. Man kann die Schwebebahn eben nicht mal schnell für eine Reparatur in die Werkstatt fahren. Die Verkehrsbetriebe nutzen die Gelegenheit also gleich für eine echte Verschönerung: die Sitze werden alle neu gepolstert - in hellrosa Kunstleder. Das passiert in der Sattlerei Tino Lohse in der Neustadt. Der Bezug kommt von der Firma Schauenburg GmbH aus Lüneburg.


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