

Das ausladende Blätterdach der Blutbuche am Albertplatz war ein sichtbares Zeichen - es schwand und schwand, bis Männer mit Kettensägen kamen und den vertrockneten Baum abtrugen. Das war im Jahr 2019. Genau in diesem und im darauffolgenden Jahr wurde in Dresden mit über 190 Hektar pro Jahr so viel Naturfläche versiegelt wie nie zuvor. Auch wenn beides nichts unmittelbar miteinander zu tun hat - es zeigt einen gefährlichen Trend, der im neuen Umweltbericht nachzulesen ist: Versiegelung.
Versiegelung
Die betrug in Dresden von 2010 bis 2020 jedes Jahr etwas mehr als 90 Hektar. 2019/2020 folgte mit 190 Hektar pro Jahr jener Negativrekord, vor allem wohl durch die Industrieanlagen in Dresden-Nord bedingt. Aber auch ohne Großinvestitionen ist "der Zuwachs an Siedlungs- und Verkehrsflächen weiter ungebremst", heißt es im Umweltbericht nüchtern. Selbst das bisherige Mittel von 90 Hektar pro Jahr wäre viel zu viel - Bundes-Ziele auf Dresden heruntergerechnet, dürften es nicht mehr als zehn Hektar jährlich sein. Und auch das wäre kein Trend-Stopp. Die Stadt setzt die vorrangige Innenstadt-Entwicklung dagegen - auf Altlasten- und Brachflächen - und wenn schon Versiegelung - dann möglichst auf Böden mit geringeren landwirtschaftlichen Werten. Denn Landwirte und gutes Ackerland sind die Haupt-Verlierer dieses Trends. Am Ende verliert die gesamte Stadtgesellschaft. Spüren können das die Dresdner freilich nur, wenn sich an heißen Sommertagen die Hitze in den Häuserzeilen fängt oder Starkregen plötzlich Schlamm und Wassermassen in Siedlungen spült, weil das Wasser nicht anders abfließen kann. Jeder gepflanzte Baum, jede entsiegelte Fläche tut der Stadtlandschaft gut.
Pflanzen gegen Hitze
Dresden pflanzt gegen die Hitze an: den geschlossenen Promenadenring um die Altstadt zum Beispiel, 2018 zwischen Marienstraße und Wohnzeile am See noch ein ungenutzter Rasenstreifen mit einigen alten Linden, aber auch Trümmern und Leitungen in der Rasenfläche. 2019 hat die Stadt begonnen, die historische Innenstadt und Seevorstadt zu verbinden. Ein lebendiger Grünraum entstand erstmals. Noch dieses Jahr beginnt der Bau des Prommenadenrings im östlichen Abschnitt zwischen Pirnaischer Platz und Kreuzstraße: mit 26 Baumpflanzungen und Umgestaltung Verkehrsflächen. In zwei, drei Jahren soll die Promenade um die Altstadt geschlossen sein. Interessant ist auch der wachsende Südpark: 36,5 Hektar soll er am Ende umfassen - kein klassischer Park, sondern ein Bürger-Areal mit Wald, Wiesen- und Agrarfläche, Wasserlauf, Rückhalteflächen, Sportmöglichkeiten. Am Otto Dix Center in Reick werden 80 Prozent der Fläche entsiegelt, ein Brunnen wird aktiviert und mehrere Kräuterwiesen entstehen. Grünflächen werden zudem in der ganzen Stadt Schritt für Schritt naturnah bewirtschaftet, überall dort, wo es keine Einwände des Denkmalschutzes gibt. Der Rasen wird zu Blühflächen. Zweimal im Jahr wird dann Gras geschnitten, was baulich und entsorgungstechnisch vorbereitet sein will. Beispiele sind der Olbrichtplatz, der Räcknitzpark, die Münzstraße, die Lingnerallee und die Mittelstreifen an der St. Petersburger Straße und Stübelallee. An der Schäferstraße entsteht eine sogenannte "grüne Raumkante" aus 65 Tulpenbäumen. Die sind nicht nur schön anzusehen, sondern seit 2019/2020 Teil des Konzepts "Dresden baut grün" - Naturräume sollen bei jedem Projekt mitgedacht werden.
" Stadtgrün in Dresden für unterwegs: App.meingruen.org "
Hören & Lesen: "Das geheime Leben der Bäume" (Peter Wohlleben)