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"Straßen des Führers"- Autobahnbau: Lübbenau, Cottbus, Forst

- Vor 80 Jahren -
Bau der Kiekebuscher Autobahnbrücke über die Spree 1939, Foto: Stadtgeschichtliche Sammlungen Cottbus

Bau der Kiekebuscher Autobahnbrücke über die Spree 1939, Foto: Stadtgeschichtliche Sammlungen Cottbus

Reichsautobahnen wurden in den Dreißigerjahren so definiert: »Die Straßen sind 24 m breit; sie sind eingeteilt in zwei Fahrbahnen für doppelten Richtungsverkehr von je 7,5 m Breite; in der Mitte befindet sich ein Grünstreifen von 4,20 m Breite. Andere Verkehrswege werden durch Über- und Unterführungen gekreuzt, Anschlüsse an andere Straßen erfolgen durch besondere Auf- und Abfahrten.« Kurz: Fahren ohne Gegenverkehr und ohne Kreuzungen. Die nützlichen Verkehrseinrichtungen waren während ihres Baus politisch mit einer dreisten Propagandalüge verbunden. Der Brockhaus sagt 1938 über die Autobahnen: »Ihr Bau geht auf die Anregung des Führers und Reichskanzlers im Zusammenhang mit dem großen Arbeitsbeschaffungsprogramm von 1933 zurück; daher auch ‚Straßen Adolf Hitlers‘ genannt.« Das Netz der Nur-Autostraßen, später in Analogie zur Eisenbahn Autobahn genannt, planten die Fachleute jedoch 1927. Die erste öffentliche Autobahn, die Strecke Köln - Bonn, gab OB Konrad Adenauer 1932 für den Verkehr frei. Schon in den frühen Planungen tauchte die Strecke Berlin - Breslau auf. Allerdings dachte man Ende der Zwanziger noch an zwei getrennte Autobahnlinien: Berlin - Dresden und Berlin - Breslau. Die Autobahn nach Breslau hätte dann über Storkow, Guben und Bunzlau geführt. Vor allem wegen der Braunkohlenlagerstätten erfolgten mehrere Umplanungen. Bauleitung in der Dresdener Straße Ab 1936 stand Cottbus als Anschlussstelle fest. Im November 1937 nahm die Cottbuser Abteilung der Obersten Bauleitung der Reichsautobahnen in der Dresdener Straße 133 ihre Arbeit auf. Zur gleichen Zeit begannen an der heutigen BAB 15 mit dem Roden der Trasse Bauarbeiten nahe Kleinbademeusel. Nicht ganz richtig ist die Auffassung, dass die spätere BAB 15 einbahnig blieb, weil der Bau durch den Krieg unterbrochen wurde. Dieser und andere Abschnitte waren wegen geringen Verkehrsaufkommens zunächst nur einbahnig geplant, dann jedoch auf zweibahnig umgeplant. Die Umplanung konnte dann wegen des Krieges nicht realisiert werden. Im Frühsommer 1938, vor 80 Jahren, begannen dann die Bauarbeiten in der Cottbuser Region. Von Vetschau auf der einen und von Forst auf der anderen Seite wurden die »großen Bauwerke«, Brücken und Unterführungen, in Angriff genommen. Von diesen Orten arbeitete man sich von zwei Seiten auf Cottbus zu. Der Cottbuser Anzeiger begleitete das Ganze propagandistisch: »In Groß-Jamno ist das erste Reichsautobahnlager des Abschnittes mit 150 Mann Belegschaft eröffnet worden.« Der Reporter des Blattes besuchte das Lager und befand, dass die Arbeiter aus Schlesien »alle vergnügt und zufrieden« waren. Das Essen sei »besser als bei Muttern«. Und weiter: »Um die Braunkohlenvorkommen nicht zu schneiden, ist die Autobahn dann bei Vetschau ganz dicht neben die Berliner Chaussee gelegt.« Das zweite Problem betraf ebenfalls Vetschau. Die Autobahn führt dort dicht am Schloss vorbei. Der sumpfige, nicht tragfähige Untergrund musste ausgetauscht werden. Mit dem Autobahnbau renommierte man auch im Ausland. Eine britische Delegation besuchte Baustellen in der Lausitz und war nach dem Anzeiger »beeindruckt vom Tempo« und von der »sozialen Betreuung«. Seit der BUGA komplett Ende 1939 erfolgte die Verkehrsfreigabe der südlichen Fahrbahn der Strecke Lübbenau - Forst. Die Feierlichkeiten aus diesem Anlass fielen karg aus. Der Krieg hatte begonnen. Bald wurden, nachdem immer mehr Männer zur Wehrmacht einrückten, die Arbeiten eingestellt. Die einbahnige Autobahn teilte in den folgenden Jahren das Schicksal der Niederlausitzer. Hier erfolgte der Vormarsch der Hitler-Truppen. Viele, die mit Panzern und schwerem Gerät auf der A 15 an die Ostfront fuhren, kehrten nicht heim. Und 1945 fluteten nicht nur die geschlagenen Reste des Heeres zurück. Hunderttausende Flüchtlinge aus Schlesien mussten auf diesem Weg ihre Heimat verlassen. Bis 1949 kündeten Panzerwracks vom Ende des Hitler-Krieges. In der frühen DDR wurden die Brückenbauten wiederhergestellt. Es blieb allerdings bei einer Fahrbahn. Auf der sogenannten Todespiste gab es viele tragische Unfälle. Anfang der Neunziger erfolgte hier der Abzug schweren Geräts der sowjetischen Streitkräfte. Zur Bundesgartenschau dann wurde die BAB 15 vollendet und besitzt nun zwei Bahnen. Vom bösen Betonkrebs abgesehen, ist Cottbus jetzt gut mit der Autowelt verbunden. Bleibt nachzutragen, dass es viele Lausitzer nachdenklich stimmt, wenn sie erfahren, dass auf der Autobahn in Richtung Osten erneut Panzer rollen.


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