Seitenlogo
ts

5.000 Pfadfinder beim Bundestreffen „Wegzeichen“ bei Cottbus

- Vor 20 Jahren -
Ankunft der Pfadfinder aus Hessen im Bundeslager »Wegzeichen« 1997 bei Cottbus, Foto: Erich Schutt

Ankunft der Pfadfinder aus Hessen im Bundeslager »Wegzeichen« 1997 bei Cottbus, Foto: Erich Schutt

Mitte Juli 1997 berichtete der Cottbuser Wochenkurier über das bevorstehende Bundestreffen der Pfadfinder: „Die Zeltstadt zwischen Maust und Neuendorf wird ab 26. Juli rund 5000 Pfadfinder aus 30 Ländern beherbergen. Mit vier Sonderzügen reisen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Ostfriesland, München, Stuttgart und Saarbrücken an. Unter dem Motto ‚Wegzeichen: Spuren folgen – Zeichen setzen‘ gestalten die Pfadfinder ihre Programme selbst und sorgen für Exkursionen, Orientierungsläufe, Besichtigungen, Wanderungen oder Kahnfahrten.“ Die logistische Herausforderung war groß. Die Verwaltungen von Cottbus und dem Spree-Neiße-Kreis arbeiteten monatelang mit dem Bund der Pfadfinderinnen und Pfadfinder an der Vorbereitung des Lagers zwischen Maust, Neuendorf und Lakoma. Neben den 5000 deutschen Pfadfindern aus allen Bundesländern wurden 800 Gäste aus 30 Ländern erwartet. Dazu waren 1000 Zelte in zehn Unterlagern notwendig. Es galt, die Wasserversorgung zu organisieren und mobile Telefonzellen aufzustellen. Die endgültige Gestaltung ihres Lagers übernahmen die jungen Gäste dann selbst. 
Natürlich unterrichteten die Medien die Cottbuser auch über die Geschichte der Pfadfinderbewegung. Als Initiator des ersten Boy-Scout-Lagers im Jahr 1907 gilt der britische General Robert Baden-Powell. In Deutschland entstanden ab 1911 die ersten Pfadfindergruppen. Nach dem I. Weltkrieg gab es eine rasche Entwicklung. Gemeinsam mit der Wandervogelbewegung gründeten die Pfadfinder die Deutsche Freischar. Unmittelbar nach Errichtung der Nazi-Diktatur wurden diese Jugendorganisationen verboten. Heute gehören 41 Millionen Kinder und Jugendliche aus 216 Ländern zur Pfadfinderbewegung. Ihre Ziele sind: „Sich ausprobieren, etwas Neues entdecken, ein Wagnis eingehen: Wir wollen Kindern und Jugendlichen vermitteln, dass kleine Abenteuer zum Alltag gehören. Dass man nicht alles sofort kann, dass man aber sehr vieles lernen kann. Wir geben Pfadfinderinnen und Pfadfindern Raum und Zeit, ihre eigenen Stärken zu entdecken und zu entwickeln.“ 
Ganz fremd waren Pfadfinder den Niederlausitzern nicht. Cottbuser Schüler waren zur DDR-Zeit in polnischen Pfadfinderlagern. Mitte der Achtziger waren mehrere Tausend Pfadfinder aus dem Nachbarland in Cottbus beim „III. Treffen der Freundschaft zwischen der Jugend der DDR und der VR Polen“. Allerdings waren die polnischen Pfadfinder nicht Mitglied des internationalen Dachverbandes. Sie standen unter Aufsicht des polnischen Staates. Das hatte sich natürlich bis 1997 gründlich geändert. In Brandenburg und in Polen existierten nun unabhängige Pfadfinderorganisationen. In Cottbus gab es den Stamm der Astaci.
Doch zurück zum Bundestreffen 1997: Das große Lager rechts von der B 168 hatte einen Öffentlichkeitstag geplant. Die Lausitzer konnten einen Blick in das Camp werfen und einen Hauch Lagerromantik erhaschen. Viele nutzten diese Gelegenheit. Dazu muss der Leser wissen, dass die Pfadfinder im Juli 1997 in der öffentlichen Wahrnehmung starke Konkurrenz hatten. Im Stadion der Freundschaft begann das „Wunder der Lausitz“. Einen Tag nach Eröffnung des Bundeslagers spielte der FCE in Freiburg erstmalig in der 2. Liga. Und nur 70 Kilometer vom Bundestreffen entfernt kämpften Tausende Helfer um Leben und Eigentum beim größten Oderhochwasser seit Menschengedenken. Damit gingen die jungen Gäste auf Pfadfinderart um. Sie reisten kurzentschlossen in das Oderbruch und halfen Deichgraf Platzeck und General Kirchbach beim Sandsackfüllen. Und polnische Kinder, deren Städte zeitweise evakuiert wurden, erholten sich im Bundeslager von den Schrecken.
Am Ende dankten die Bundesvorsitzende Ika Holler und Lagerleiter Manfred Jiritschka den Niederlausitzern für ihre Gastfreundschaft. „Noch nie waren die Pfadfinder bei ihrem alle vier Jahre stattfindenden Bundeslager so freundlich von der Bevölkerung aufgenommen worden“. Oberbürgermeister Waldemar Kleinschmidt, der eine versprengte Gruppe Jugendlicher im Rathaus auch persönlich verköstigt hatte, verabschiedete die Gäste: „Es bleiben ‚Wegzeichen‘ zurück. In Cottbus pflegten die Pfadfinder Grünanlagen, strichen Bänke und pflanzten Bäume. Viele wollen allein oder mit den Eltern wiederkommen. Wir behalten die Tage des Bundeslagers in guter Erinnerung.“
Um die Astaci ist es nach 20 Jahren still geworden. Die heute existierenden Gruppen gehören christlichen Pfadfinderverbänden an. In der Kreuzkirchengemeinde z. B. ist der Stamm Jan Kilian angesiedelt. Es existieren drei Sippen, die sich jeweils montags um 16:00 Uhr an der Kreuzkirche (Karlstraße 80) treffen.


Meistgelesen