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sr/asl

Alter Brauch neu in Szene gesetzt

Derzeit entsteht ein neuer Film, der von der sorbischen Tradition des Bescherkindes erzählt. Hauptdarstellerin ist die zwölfjährige Jolina Kummer.
Jolina Kummer identifiziert sich gern mit sorbischer Kultur, Sprache und Traditionen. Sie ist die Hauptdarstellerin in dem Film »Boze dzecatko«. Foto: S. Richter

Jolina Kummer identifiziert sich gern mit sorbischer Kultur, Sprache und Traditionen. Sie ist die Hauptdarstellerin in dem Film »Boze dzecatko«. Foto: S. Richter

Drei, zwei, eins, Klappe zu! Die Kamera läuft. Jolina ist mit ihrer Schwester auf dem Weg nach Hause. Die beiden Mädchen schlittern in ihren Holzpantinen über das gefrorene Fließ in der Altstadt. Sie scherzen, erzählen und lachen. Es ist sehr kalt an diesem verschneiten Wintertag. Und plötzlich vergisst Jolina, dass die Filmkamera mitläuft. Fast scheint es so, als lebe die Zwölfjährige tatsächlich in diesem Moment, der den Alltag in den 20er Jahren reflektieren soll. Eine Zeit, in der auch ein besonderes Wesen für Mystik, Spannung und Besinnlichkeit sorgte. Die gedrehte Szene ist Bestandteil des Filmes »Boze dzecatko«. Der sorbische Titel heißt in deutsche Sprache übersetzt »Bescherkind« oder »Gotteskindlein«. Es besuchte in früheren Zeiten mit spezieller Tracht und geschmückter Schleifen-Rute sorbische Familien in der Vorweihnachtszeit. Das Gesicht des Bescherkindes war hinter einem weißen Spitzentuch versteckt. Schweigend verteilte es Obst und Nüsse. Durch Berührung mit der Rute wurden die Familienmitglieder gesegnet.

Bescherkind tritt ab und zu wieder auf

»Der Kurzfilm stellt den sorbischen Weihnachtsbrauch in der Stadt Hoyerswerda und der näheren Region dar. Die Tradition lebt seit einiger Zeit gelegentlich wieder auf. Unser gemeinsamer Film soll dazu beitragen, dass der sorbische Brauch nicht in Vergessenheit gerät und somit für die Nachwelt langfristig erhalten bleibt«, umschreibt Filmemacherin Angela Schuster das Grundanliegen des Projektes, das von der Domowina, der Stiftung für das sorbische Volk, der Stadt Hoyerswerda, Dirk Lienig und mittels einer Crowdfunding Aktion sowie Kirsten Böhme vom Verein zur Pflege der Regionalkultur der Mittleren Lausitz und weiteren Engagierten finanziert und unterstützt wird. Jolina Kummer ist die Protagonistin der Geschichte. Für die Lessinggymnasiastin ist es eine Ehre, als Darstellerin Teil dieses besonderen Filmes sein zu dürfen. »Ich hätte nie gedacht, dass mich mal jemand fragt, ob ich eine Rolle übernehmen möchte. Ich habe mich riesig darüber gefreut. Es macht sehr viel Spaß.« Was sie im Vorfeld nicht wusste: »Dass die Entstehung einzelner Szenen so aufwendig ist. Wenn man mehrere Stunden hintereinander dreht, dann kann das auch sehr anstrengend sein«, berichtet die Hobbyschauspielerin.

Gedreht wird in der sächsischen Lausitz

Was der Kurzfilm, der ganz bewusst in Schwarz-Weiß und mit sorbischen Schrifttafeln ausgestrahlt wird, genau beinhaltet, wollen Jolina Kummer und Filmemacherin Angela Schuster aber (noch) nicht verraten. Nur so viel sei an dieser Stelle geschrieben: Es ist mehr als eine reine Traditionsgeschichte. Ein weiteres schönes Detail: Die sorbischen Filmtexte werden mit Ornamenten traditioneller Blaudruckstempel umrahmt sein, wie sie auch zum Bedrucken von sorbischen Trachten verwendet werden und die Filmmusik soll auf einer Kino-Orgel in Berlin eingespielt werden. Gedreht wurden die Film-Szenen bisher an typischen Orten in der sächsischen Lausitz wie in Hoyerswerda und im Schulmuseum »Korla Awgust Kocor« in Wartha. »Nach dem Ende der Poduktion im kommenden Jahr wird der Film zunächst bei regionalen und überregionalen Festivals eingereicht, wo er hoffentlich eine weite Verbreitung erfährt. Geplant sind weiterhin Filmvorführungen an den Drehorten, bei Vereinsveranstaltungen, auf Weihnachtsmärkten und in Bildungseinrichtungen«, erklärt Angela Schuster. Zudem werde eine Ausstrahlung im Regionalfernsehen angestrebt. Durch seine zeitlose Form könne der Kurzfilm jedes Jahr, insbesondere zur Weihnachtszeit, wieder vorgeführt.


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