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Manuela Dietze/spa

Ausnahmezustand imRettungsdienst

Landkreis Bautzen. Vertreter von Rettungsdiensten und Gewerkschaften warnen vor einem Kollaps der Notfallrettung. Das liegt vor allem an erhöhten Einsatzzahlen und einem akuten Personalmangel. Eine Verbesserung ist derzeit nicht in Sicht.

Steht die Notfallrettung vor einem Kollaps? Das sieht zumindest das »Bündnis pro Rettungsdienst«, weil die Einsatzkräfte immer mehr an ihre Belastungsgrenzen kommen.

Steht die Notfallrettung vor einem Kollaps? Das sieht zumindest das »Bündnis pro Rettungsdienst«, weil die Einsatzkräfte immer mehr an ihre Belastungsgrenzen kommen.

Bild: Adobestock

Ein 2022 gegründetes »Bündnis pro Rettungsdienst« sieht die Gefahr, dass das System zusammenbricht. Der Rettungsdienst in Deutschland sei zwar generell leistungsfähig, er komme aber immer mehr an seine Grenzen. Probleme sind Personalmangel, steigende Einsatzfrequenzen und erhöhter Abrechnungsaufwand. Zu beobachten ist auch eine gesunkene Schwelle, den Rettungsdienst zu alarmieren. Daraus resultieren steigende Einsatzzahlen, die dazu führen, dass die Teams ihre Schichten ohne große Pausen fahren.

 

Warum fehlt das Personal?

 

Die Arbeit ist körperlich und seelisch herausfordernd. Zur hohen Belastung und den schwierigen Arbeitszeiten kommt eine Vergütung, die eher nicht die große Verantwortung widerspiegelt. Der Personalmangel im Rettungsdienst hat viele Ursachen. Viele Rettungsdienstmitarbeiter sind frustriert, verstärkt durch die Erfahrungen aus der Pandemiezeit. Dazu kommen die unsicheren Anstellungsverhältnisse, die durch die turnusmäßigen Ausschreibungen entstehen. Das weiß auch Thomas Scheffel, der im Sachgebiet Rettungsdienst im Landratsamt Bautzen arbeitet: »Für die Motivation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ist dies abträglich. Viele Retter wechseln in den kommunalen Bereich und in Beamtenverhältnisse (Leitstelle, Berufsfeuerwehr, Polizei, teilweise in Kliniken). Auch gibt es Abwanderungen in das Land Brandenburg – dort ist der Rettungsdienst kommunalisiert (ohne Ausschreibungen).«

 

Wer kümmert sich um den Rettungsdienst 2024?

 

Die nächste Ausschreibung des Rettungsdienstes im Landkreis steht schon in diesem Jahr an und wird zum 1. Juli 2024 umgesetzt. Durch die Ausschreibung besteht immer die Möglichkeit, dass Leistungserbringer wechseln. Dabei können auch private Leistungserbringer auf den Markt drängen. Dazu Thomas Scheffel: »Es können sich alle qualifizierten Leistungserbringer bewerben, es ist eine europaweite Ausschreibung.« Was das für die Mitarbeiter heißt, bleibt im Verfahren unberücksichtigt

Jeder, der schon einmal auf schnelle medizinische Hilfe gewartet hat, weiß das: Die Ankunft der Retter wird herbeigesehnt. Aber inwieweit werden Hilfsfristen noch eingehalten? Die Vorgaben sind im Sächsischen Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz geregelt. Der Träger des Rettungsdienstes und die Leistungserbringer sind für die Umsetzung verantwortlich.

 

Das System muss funktionieren

 

Thomas Scheffel weiß, dass »eine passende medizinische Versorgung nur in Abstimmung aller Beteiligten der ‚Rettungskette‘ erfolgen kann. Der Blick bezieht sich hierbei auf den Hilfesuchenden und den Anfordernden. Aber auch die bessere Verzahnung von hausärztlicher Versorgung, Rettungsdienst und klinischen Kapazitäten.«

Der DRK-Kreisverband Bautzen ist seit 2017 als Leistungserbringer mit Rettungswachen in Bautzen, Bischofswerda, Weißenberg, Königswartha, Neukirch und Kirschau präsent. Wie das nächste Auswahlverfahren ausgehen wird, weiß niemand. Die Anwendung der Vergaberegelungen haben in der Vergangenheit oft dazu geführt, dass es einen Wettbewerb um die billigste Leistungserbringung gab, statt um die Qualität der Dienstleistung. Das soll verhindert werden. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes lässt hoffen. Dort wurde festgelegt, dass die Regelungen der öffentlichen Auftragsvergabe nicht für Notfalldienste gelten sollen.


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