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Gefährliches Bauchgrummeln

Immer mehr Menschen leiden unter Zöliakie, einer Unverträglichkeit gegen fast allen Getreidearten. Keiner weiß genau, wie die Krankheit entsteht, niemand kann sie derzeit heilen. Das einzige was bei Zöliakie hilft, ist der Verzicht auf Brot, Nudeln und Süßgebäck aus klassischen Getreide-Arten.
Backen mit glutenfreiem Mehl: Wer an Zöliakie erkrankt ist., muss seine bisherigen Ernährungsgewohnheiten komplett umstellen. Foto: Harald Gruber/sbs, Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.

Backen mit glutenfreiem Mehl: Wer an Zöliakie erkrankt ist., muss seine bisherigen Ernährungsgewohnheiten komplett umstellen. Foto: Harald Gruber/sbs, Deutsche Zöliakie Gesellschaft e.V.

Durchfall und Bauchschmerzen Über Jahre hinweg plagte sich Leserin Annette F. mit Durchfall und Bauchschmerzen, fühlte sich müde und schlapp – bis ihr Hausarzt sie am Ende doch zu einer Dünndarm-Biopsie überreden konnte. So unangenehm diese endoskopische Untersuchung beim Facharzt auch war (siehe unten), so hilfreich war die Diagnose: Denn Annette F. hat nun Gewissheit, dass sie unter Zöliakie leidet. Diese chronische Erkrankung des Dünndarms wird durch eine lebenslange Unverträglichkeit gegenüber dem Klebereiweiß Gluten hervorgerufen, das in nahezu allen Getreidearten vorkommt. Viele Betroffene kennen ihre Krankheit nicht Dass die Krankheit bei Annette F. erst im Alter von 35 Jahren ausbrach, ist nichts Ungewöhnliches – ebenso wenig wie die Krankheit selbst. Neuere Untersuchungen zeigen, dass bei einem von hundert Menschen hier Deutschland eine Gluten-Unverträglichkeit vorliegt. Die überwiegende Mehrheit der Betroffenen weiß jedoch nichts davon – bei ihnen treten die klassischen Symptome nur sporadisch oder in abgeschwächter Form auf. Auch ist ein Ausbruch der Erkrankung in jedem Lebensalter möglich. Experten haben hierbei jedoch zwei Häufigkeitsgipfel beobachtet: Der erste liegt zwischen dem 1. und dem 8. Lebensjahr, der zweite zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr. Erblich bedingt Warum die einen stärker unter Zöliakie leiden als andere, ist wissenschaftlich ebenso wenig erforscht wie die Ursache der Krankheit selbst. Erbliche Faktoren dürften eine Rolle spielen, ebenso das Immunsystem, vielleicht die Ernährung, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit kommen dann noch Umweltfaktoren hinzu – die komplexen Zusammenhänge sind längst nicht geklärt. Ernährung umstellen Wissenschaftlich gesichert ist dafür eindeutig: Wer an Zöliakie erkrankt ist, muss seine Ernährung komplett umstellen. Getreidesorten wie Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste und Hafer enthalten das unverträgliche Gluten, also auch sämtliche daraus hergestellte Produkte wie Brot, Nudeln oder auch Süßgebäck (siehe Infokasten). Aber auch in älteren Getreidesorten wie Einkorn, Emmer oder Urkorn steckt Gluten. Ernsthafte Folgen für die Gesundheit Denn bei an Zöliakie Erkrankten betrachtet das Immunsystem fälschlicherweise Bestandteile des für Gesunde harmlosen Klebereiweißes Gluten als etwas Feindliches und produziert dagegen Antikörper– ähnlich wie bei einer allergischen Reaktion. Allerdings wird dabei gleichzeitig auch die Darmschleimhaut angegriffen, was zu einer chronischen Entzündung führt. Über den Dünndarm können dann nicht mehr genügend Nährstoffe aufgenommen werden, was auf Dauer zu weiteren ernsthaften Folgen für Gesundheit und Wohlbefinden führt. Schnelltest für zu Hause Zur Diagnose von Zöliakie werden Schnelltests angeboten, die einfach zu Haue durchgeführt werden können, aber keine hundertprozentige Sicherheit bieten können. Den bietet wie im Fall von Annette F. nur eine Dünndarm-Biopsie beim Facharzt für Gastroenterologie. Bei dieser endoskopischen Untersuchung wird eine Kamerasonde an einem dünnen Schlauch über Mund, Speiseröhre und Magen in den Dünndarm geschoben. Dabei werden unterwegs aus verschiedenen Bereichen Gewebeproben entnommen und anschließend mikroskopisch untersucht. „Der Eingriff selbst war gar nicht so schlimm und in einer guten Viertelstunde erledigt“, erinnert sich Leserin Annette F. Viel schlimmer ist für sie, dass sie künftig wohl für alle Zeit auf ach so viele Leckereien verzichten muss, die bei Gesunden jeden Tag auf den Tisch kommen.

Zöliakie: „Verbotene“ und „erlaubte“ Lebensmittel

Gluten, auch Klebereiweiß genannt, ist in den folgenden Getreidesorten enthalten: Weizen, Dinkel, Roggen, Hafer, Gerste, Grünkern etc. – ebenso in allen daraus hergestellten Lebensmitteln wie Brot und Brötchen, Müsli, Teigwaren, paniertem Fleisch und Fisch, Pizza, Gnocchi und Knödel, aber auch in Kuchen, Torten, süßen Teilchen aus Hefe- oder Blätterteig, Keksen, Müsliriegeln, Salzstangen, Eiswaffeln und Knabbergebäck. Auch Bier und Malzbier sind tabu. Weil sie kein Gluten enthalten erlaubt sind dagegen z.B. Reis, Mais und Wildreis, ebenso Hirse, Buchweizen, Amaranth und Quinoa, außerdem Kartoffeln, Salate, Obst und Gemüse, Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte, Zucker, Honig, Nüsse, Eier, Milch, Butter, Jogurt und ausgewählte Käsesorten, ebenso Tofu und Sojamilch. Auch reine Fruchtsäfte, Wein und Sekt darf genossen werden – die beiden letzteren natürlich nur in vernünftigen Mengen.

Weitere Informationen im Internet:

Auf der Internetseite der „Deutschen Zöliakie-Gesellschaft“ finden Betroffene und Angehörige nicht nur fundierte Hintergrundinformationen über Krankheitsbild, Diagnose und Stand der medizinischen Forschung, sondern auch zahlreiche praktische Tipps und Alltagshinweise, bis hin zu leckeren Rezepten und einer Liste mit Herstellern glutenfreier Produkte. Die Internetseite der „Vereine für Unabhängige Gesundheitsberatung e.V.“ bietet ebenfalls ausführliche Hintergrundinformationen – nicht nur speziell zu diesem Thema, sondern auch zu vielen weiteren Themen rund um gesunde Ernährung, Lebensmittelunverträglichkeiten und Allergien.
Sie haben Erfahrungen mit einer Lebensmittelunverträglichkeit? Schreiben Sie uns! – Als Kommentar oder E-Mail an stefanstaindl@wochenkurier.info


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