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H. Lübeck

Standortbeschluss zum Herzberger Gymnasium

Zur 8. Sitzung des Kreistages des Landkreises Elbe-Elster am kommenden Montag, dem 30. November, ab 16 Uhr, im Falkenberger Haus des Gastes sollen die Kreistagsabgeodneten darüber abstimmen, ob die Schüler des Melanchthon-Gymnasiums aus dem historischen Stadtkern in das Oberstufenzentrum umziehen müssen.

In der WochenKurier-Rubrik „Pro & Contra" melden sich heute Herzbergs Bürgermeister Michael Oecknigk und der Kreistagsabgeordnete des Kreistages Elbe-Elster, Gerd Rothaug, zu Wort. Nachfolgend Auszüge aus ihren Statements.

„Schulgeschichte wird vom Tisch gewischt"

Nun soll es ernst werden mit der Schließung des Gymnasiums im Zentrum der historischen Altstadt Herzbergs. Folgt man der Historie auf der Internetseite des Philipp-Melanchthon-Gymnasiums, so begann die Geschichte der Schulbildung in Herzberg bereits 1377 mit der Einsetzung eines Rektors an der Stadtschule. Besondere Bekanntheit erlangte der Schulstandort Herzberg, als 1538 Philipp Melanchthon die Herzberger Schulordnung erließ, die deutschlandweit Nachnutzung erfuhr. Diese Daten der Geschichte machen den besonderen historischen Wert dieser Schule sehr deutlich. Der Kreistag möchte also am 30. November unter Vorgabe von fadenscheinigen Forderungen 638 Jahre Schulgeschichte von Herzberg ausradieren. Das Wohl der Schüler, so die vernehmbare Absicht, stünde im Vordergrund. Bislang wurde mir gegenüber nicht einmal dargelegt, ob dieses Wohl der Schüler nicht auch im Innenstadtbereich erlangt werden kann. Dies würde Mut, Augenmaß und Bekenntnis zur Geschichte erfordern. Da aber die Protagonisten der Verwaltung, Landrat Christian Heinrich-Jaschinski, Kreiskämmerer Peter Hans, Schulamtsleiterin Marlis Eilitz, Dezernent Roland Neumann oder der Bildungsausschussvorsitzende Gerd Rothaug ihre Wiege weit weg von Herzberg hatten, fehlt auch jeder emotionale Bezug. Arglistig wurde die Stadtverwaltung in Gespräche involviert, lediglich um die Variante 4 ihrer selbst erstellten Dokumentation zu diskutieren. Da wir uns einer vernünftigen Lösung nie verweigern wollten, haben wir an den Gesprächen mit dem Landkreis teilgenommen. In Anbetracht der Diskussion im kreislichen Bildungsausschuss und im Ergebnis der Abstimmung im Kreisausschuss muss ich erkennen, dass diese Vorgehensweise des Landkreises Demokratie heuchelnd und Makulatur war. Das mit der Entscheidung, das Gymnasium in der Innenstadt zu schließen, nicht nur Geschichte, sondern städtische politische Entscheidungen (Sanierungssatzung, Gestaltungssatzung, Erhaltungssatzung, Quartierplanung und Stadtumbaukonzept) vom Tisch gewischt werden, scheint den Kreistagsabgeordneten in der Mehrzahl völlig egal zu sein. Bislang war keiner dieser Abgeordneten bei der Stadt vorstellig und hat sich nach den Auswirkungen ihrer Abstimmung erkundigt. Unverkennbar wird mit dieser Absicht der Stadt Herzberg schwerer wirtschaftlicher Schaden zugefügt, der auch mit beschönigenden Absichten, die für mich nun sowieso nicht mehr glaubhaft sind, nicht auszugleichen ist. Es ist mehr als ein Schlag ins Gesicht, wenn der Vorsitzende des Bildungsausschusses im Kreistag, Gerd Rothaug, zugleich Vorsitzender des Bau- und Wirtschaftsausschusses der Stadt, seine Entscheidung theatralisch öffentlich kundtut. Die Glaubwürdigkeit der Ausübung in seiner Funktion im Bauausschuss der Stadt ist somit nicht mehr gegeben, da er wohlwissend den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zum Erhalt des Gymnasiums und die Fraktionsvereinbarung negiert. Michael Oecknigk

„Umzug wäre richtiges Signal für die Zukunft"

Zukunftsfähigkeit, Wirtschaftlichkeit aber auch künftiger Lernspaß sind deutliche Argumente, die für einen Umzug des Herzberger Philipp-Melanchthon-Gymnasium sprechen. Seit Monaten wird ein hitziges Wortgefecht darüber geführt, ob sich die benannte Alternative zum jetzigen Standort im Stadtzentrum auch wirklich als solche bezeichnen darf. Sie darf - und zwar mit Recht. Schließlich bietet der ab dem Schuljahr 2016/2017 frei stehende Schulkomplex des Oberstufenzentrum alle Optionen, die ein modernes Schulgebäude aufweisen sollte. Große, geräumige Klassenzimmer, die Bündelung aller Fach- und Unterrichtsräume an einem Ort, ein behindertengerechter Zugang, Versorgungsmöglichkeiten durch eine Cafeteria sowie die in direkter Nachbarschaft befindlichen Sportstätten würden Schülern und Lehrern Arbeitsbedingungen schaffen, wie sie im Augenblick nicht vorzuweisen sind. Demgegenüber stehen aktuell zu kleine Klassenzimmer, Mangel an Fachkabinetten, der verminderte Brandschutz beider Objekte, fehlende Barrierefreiheit, der Mangel an Parkplätzen, zu kleine Schulhöfe, keine eigene Turnhalle und nicht zuletzt der große Sanierungsbedarf der Häuser. Ohne Anbau können gute Lernbedingungen nicht geschafffen werden. Welchen Sinn macht es, mehrere Millionen Euro in einen Komplex zu investieren, der den Zeitansprüchen nicht mehr gerecht wird. Niemand stellt in Abrede, dass der Schulstandort im Stadtzentrum eine lange Geschichte vorzuweisen hat. Aber das allein kann kein Argument dafür sein, den Fortschritt aufzuhalten. Zumal der Schulstandort als solcher überhaupt nicht in Frage gestellt wird. Das Gymnasium soll und muss in Herzberg bleiben. Damit das langfristig so bleibt, müssen Rahmenbedingungen deutlich verbessert werden. Eine kostenintensive Sanierung der zum Teil denkmalgeschützten Häuser ist dazu nicht in der Lage. Gegen den Fortbestand des jetzigen Standortes spricht vor allem die Streuung der Unterrichtsstätten. Statt über den Flur in den nächsten Fachraum zu gehen, müssen Herzberger Schüler während der Pausenzeiten die Objekte wechseln. Alles andere als zeitgemäß ist darüber hinaus die Situation im Sportunterricht. Während zum einen die Turnhalle am Stadion nicht nur weit entfernt, sondern auch für modernen Sportunterricht zu klein ist, muss ein anderer Teil der Schüler schon heute in die Turnhalle des OSZ, um sich die Sportnote zu erarbeiten. Was also spricht dagegen, alle Kräfte an einem Ort zu bündeln? Ein klares Argument für den Umzug sind die errechneten Zahlen. Den 3,9 Mio Euro, die eine aufwendige Sanierung des aktuellen Standortes samt Turnhalle ohne Neubau kosten würde, stehen 600.000 Euro gegenüber, die am OSZ Gebäude investiert werden müssten. Ein einhelliges Votum "Pro Umzug" wäre das richtige Signal für die Zukunftsfähigkeit der Stadt Herzberg. Ich habe mir meine Entscheidung nicht leicht gemacht, über einen längeren Zeitraum alle Fakten abgewogen, und dann Stellung bezogen. Gerd Rothaug


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