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„Gott ist Mensch geworden“

Pfarrer Volkmar Homa betreut die Kirchengemeinde Schönewalde. Im Interview spricht er über das Weihnachtsfest.
Pfarrer Volkmar Homa aus Schönewalde spricht über das Wunder der Weihnacht. Fotos: FF/fotolia.com

Pfarrer Volkmar Homa aus Schönewalde spricht über das Wunder der Weihnacht. Fotos: FF/fotolia.com

Pfr. Homa, in zwei Tagen ist Heiligabend. Wie stark ist bei Ihnen bereits die Weihnachtsstimmung ausgeprägt? Volkmar Homa: „Vor dem Weihnachtsfestliegt die Adventszeit. Im Kirchenjahr ist dies eigentlich eine Fastenzeit und eine Zeit der Besinnung. Der Gedanke des Fastens ist heute wohl weitgehend aus dem Blick geraten in dieser Zeit. Und dennoch ist es eine Zeit der inneren und äußeren Vorbereitung auf das Fest. Es ist sicher schön, überall die Weihnachtsdekoration zu sehen und die Weihnachtslieder zu hören. Ob dabei eine besondere Stimmung entsteht, hängt wohl sehr von der Mentalität jedes einzelnen ab. Ich bin ein eher nüchterner Mensch. Ich freue mich über das, was wir an diesem Fest verkündigt bekommen.“ Können Sie kurz erklären, was die Christen am 24. Dezember feiern? Homa: „Der Weihnachtstag ist der 25. Dezember. In anderen Ländern ist an diesem Tag ’Bescherung‘. In unserem Kulturkreis ist der Heilige Abend oder die Heilige Nacht in den Vordergrund getreten. Egal aber an welchem Tag und zu welcher Stunde – wir feiern die Geburt unseres Herrn Jesus Christus. Und wir glauben und bekennen, dass in ihm Gott selbst in unsere dunkle und friedlose Welt gekommen ist. Gott hat sich nicht abseits gehalten vom Leben und vom Leid der Menschen.“ Und welche Bedeutung haben die beiden folgenden Weihnachtsfeiertage? Homa: „Auch der 26. Dezember gehört in unserer Tradition zum Weihnachtsfest. Er ist daneben auch der Tag des Gedächtnisses an Stephanus, der als Erster wegen seines Bekenntnisses zu Jesus Christus umgebracht wurde, als Märtyrer gestorben ist.“ Zur Kerngeschichte: Vor Jesu Geburt nahmen Joseph und seine schwangere Maria die Reise von Nazareth nach Bethlehem auf sich. Sie folgten dem Aufruf einer Volkszählung, heißt es in der Weihnachtserzählung nach Lukas. Welche Bedeutung hat diese Reise für die Weihnachtsgeschichte? Homa: „Im Lukasevangelium wird uns erzählt, dass Maria und Joseph wegen der Volkszählung nach Bethlehem reisen mussten, in den Herkunftsort von Josephs Familie. Es ging um Steuerlisten, in die sich jeder eintragen lassen musste. Es ging also ums Geld, das der römische Staat einziehen wollte. Die Reise geschah auf staatlichen Druck hin. Dass damit aber die Verheißung aus dem Alten Testament (Micha 5) in Erfüllung gegangen ist, das ist das fröhliche Bekenntnis im Lukasevangelium.“ Interessant ist in dem Zusammenhang auch der Geburtsort: Jesus als Sohn Gottes wird in einem Stall geboren. Ist das eines Gottessohnes nicht unwürdig? Homa: „Das haben sich die Weisen aus dem Morgenland wohl auch gedacht (Matthäus 2). Die sind ja zuerst nach Jerusalem in den Palst zum König Herodes gezogen, um den neugeborenen König zu suchen. Aber sie mussten feststellen, dass dieser neue König gerade nicht im Zentrum der weltlichen Macht geboren wird, sondern in einem primitiven Stall in Bethlehem, wahrscheinlich in einer Höhle, die dem Schutz für die Weidetiere diente.“ Was ist für Sie der Kern der Weihnachtsgeschichte und welche Bedeutung hat er für Sie?     Homa:„Hier sind wir ja schon ganz dicht dran am Kern von Weihnachten. Gott ist Mensch geworden. Seine Liebe hat sozusagen Hand und Fuß bekommen – ganz kleine Hände und Füße. Wie der Weg dieses Kind weiter gegangen ist, wird uns in den Evangelien erzählt. Am Ende seines irdischen Lebensweges stand das Kreuz, an dem Jesus gestorben ist. Dass er mit diesem Tod am Kreuz die Schuld von uns Menschen vor Gott auf sich genommen hat, ist für mich die frohe und befreiende Botschaft, die sich auch durch alle kirchlichen Feste zieht: Unsere Schuld kann vergeben werden. Wir können neu anfangen im Leben.“ Weihnachten ist für viele Menschen das „Fest der Familie“ und das „Fest der Liebe“. Was sind Ihre Erfahrungen? Homa: „Wenn die Familie weit verstreut wohnt, dann ist es schön, wenn sie zu Weihnachten zusammen finden kann. Wenn es dabei liebevoll zugeht, ist es umso schöner. ’Fest der Familie‘ und ’Fest der Liebe‘ kann für mich aber kein Ersatz sein für den Kern von Weihnachten, für Gottes Liebe, die bei uns Menschen erscheint.“ Wie kann man es schaffen, diese Liebe über das Weihnachtsfest hinaus mitzunehmen? Homa: „Wenn wir das Geschenk entdeckt haben, das Gott uns mit seinem Sohn macht, wird uns das verändern. Dann wird etwas von seinem Wesen in uns wachsen. Und dann wird es in unserem Denken und Tun eben nicht mehr nur um den eigenen Vorteil und das eigene Ansehen gehen, sondern um das, was dem Nächsten nützt, d.h., dem, der Hilfe nötig hat.“ Oft werden viel zu hohe Erwartungen an das Fest gestellt. Alles soll perfekt und schön sein. Ist da ein Scheitern nicht bereits vorprogrammiert? Homa: „Ich denke, es ist schon deutlich geworden, dass nicht wir Weihnachten machen können, sondern dass es das Geschenk Gottes ist. Das erste Weihnachten war augenscheinlich überhaupt nicht perfekt – in Dunkelheit, in politisch unruhigen Zeiten und in einer Notunterkunft. Wenn wir aber dieses Geschenk bedenken, werden wir merken, dass es nicht auf unsere Perfektion ankommt, sondern dass es bei uns auch in ganz einfachen Verhältnissen und auch in schwierigen Lebenssituationen Weihnachten werden kann.“ Wenn Sie drei Weihnachtswünsche frei hätten: Was würden Sie sich erstens für die Welt, zweitens für Ihre Kirchengemeinde und drittens für sich selbst wünschen? Homa: „Naja, auch zu Weihnachten erscheint nicht die Fee mit dem Zauberstab für die drei Wünsche. Aber ich wünsche mir für die Welt, und d.h., für alle Menschen, dass sie die Botschaft von der Liebe Gottes hören und erfahren können und dass sie dadurch Frieden finden – in ihrem Innern und auch in ihrem äußeren Leben. Das wünsche ich mir auch für unsere Gemeinden und für mich selbst. Dann geht Weihnachten weiter, auch wenn wir die Christbaumkugeln wieder weggepackt haben werden.“


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