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Sie machen die Dialyse verträglicher

In Berggießhübel nimmt B. Braun ein neues hochmodernes Entwicklungslabor in Betrieb

Membrantechnikum – so der Name des neuen Entwicklungslabors, in dem seit kurzem Wissenschaftler an der Optimierung von Hohlfasern forschen. Was hochwissenschaftlich klingt, ist für nierenkranke Patienten wieder ein Stück Hoffnung mehr, um die regelmäßig notwendige Dialyse schonender und verträglicher zu gestalten. Laborleiterin Dr. Anja Rollberg und ihre Kollegen untersuchen und produzieren hier labormäßig Komponenten für die Herstellung von Dialysatoren.  Äußerlich ahnt man nicht, welche hochkomplexen Prozesse in den etwa 20 Zentimeter langen  Dialysatoren-Kunststoffröhren vor sich gehen. Bei der Dialyse übernimmt der Dialysator die Funktion einer Niere und filtert giftige Stoffe aus dem Blut des Patienten. „In eben diesem Dialysator reihen sich bis zu 20.000 Hohlfasern aneinander. Diese Hohlfasern entscheiden darüber, wie wirkungsvoll die Blutwäsche erfolgen kann. Winzige Poren in der Hohlfasermembran sorgen dafür, dass schädliche Substanzen aus dem Blut herausgefiltert werden, die wichtigen Bestandteile aber im Blut verbleiben“, erläutert Anja Rollberg kurz das Prinzip. Was so einfach klingt, ist ein hochkomplizierter Prozess, den die Berggießhübler Wissenschaftler versuchen, weiter zu optimieren. Denn je genauer man nützliche und schädliche Bestandteile des Blutes trennen kann, umso wirksamer ist die Therapie. Heißt: umso schonender, verträglicher kann für den Patienten die Dialyse gestaltet werden. Und das ist das Ziel im Forschungsteam von Anja Rollberg. Naturwissenschaftler, Ingenieure und Laboranten arbeiten hier Hand in Hand an der so genannten Spinnlösung als Basis für die Herstellung der Hohlfasern. Anja Rollberg demonstriert, wie zwei Komponenten im Reagenzglas gemischt,  dann gelöst und entgast werden, bis über weitere Prozesse eine Flachmembran mit  gleichmäßiger Oberfläche entsteht.  Einzelne Parameter werden in den Modellversuchen verändert und analysiert. Daraus wird am Ende am Spinnstand die Hohlfaser, die schließlich auf ein Bündel auf der Spindel gedreht wird. Was im Membrantechnikum am Versuchsstand bis ins kleinste Detail durchgespielt und getestet wird, läuft in der großen Produktionshalle nebenan industriemäßig ab. In der Faserproduktion werden dann in einer geschlossenen Anlage die Hohlfasern – 100.000 Kilometer am Tag produziert, auf Spindeln gewickelt und dann in Bündeln, die genau in die Dialyse-Kunststoffröhren passen, auf die entsprechende Länge geschnitten. Insgesamt laufen in Berggießhübel drei solcher Anlagen rund um die Uhr. „Mehrfach werden die Hohlfasern auf Qualität geprüft, denn Defekte oder Fehler an den Fasern hätten verheerende Folgen später beim Einsatz in den Dialysatoren“, unterstreicht Laboringenieur Philipp Wockatz. Über drei Entwicklungslabore und ein Labor zur Qualitätssicherung verfügt das Werk in Berggießhübel, wo derzeit 183 Mitarbeiter beschäftigt sind. Die Forschungsergebnisse sollen künftig auch im Werk Wilsdruff umgesetzt werden, Europas modernster Dialysatorenfabrik, die sich derzeit im Bau befindet. B. Braun zählt zu den fünf größten Dialysatorenproduzenten weltweit. Das Unternehmen setzt sich aus dem Werk Radeberg und Berggießhübel mit insgesamt 800 Mitarbeitern zusammen. Anfang 2016 war Baustart der dritten, modernsten Produktionsstätte Europas für Dialysatoren in Wilsdruff. Während in Berggießhübel die Hohlfasern gesponnen  werden, erfolgt in Radeberg die Montage der Dialysatoren, die Patienten in 100 Ländern die notwendige Blutwäsche sichern, 100.000 Dialysepatienten allein in Deutschland. Jeder Dialysepatient benötigt dreimal pro Woche eine Dialyse, also rund 150 Dialysatoren pro Patient und Jahr. „Wenn man weiß, dass die Zahl der Dialysepatienten weltweit jährlich um fünf bis sieben Prozent steigt, wird deutlich, welche Anforderungen  vor  unseren Mitarbeitern  hier täglich stehen“, fasst Dr. Anja Rollberg zusammen. Carmen Wolodtschenko


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