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André Schramm

DDR Museum auch bald Geschichte?

Die Zukunft des DDR-Museums Zeitreise in Radebeul steht auf der Kippe. Schon im April wurden Zahlungsschwierigkeiten angemeldet. Der Nachlass der Republik ein spätes Opfer des einstigen Feindbildes?
Hans Joachim Stephan an der „Radebeul“. Der DDR-Frachter wurde schon ausrangiert. Ist nun das DDR Museum dran?  Foto: Schramm

Hans Joachim Stephan an der „Radebeul“. Der DDR-Frachter wurde schon ausrangiert. Ist nun das DDR Museum dran? Foto: Schramm

Die Sonne brutzelt draußen, es ist mitten in der Woche – höchst ungünstige Vorrausetzungen, um sich für einen Museumsbesuch zu entscheiden. Trotzdem sind die Gänge in dem markanten Gebäude an der Meißner Straße voll. Museums-Chef Hans Joachim Stephan kommt unterdessen nicht so richtig vom Telefon los. Haben Sie noch offen? Wann machen Sie zu? Die Berichterstattung der letzten Wochen blieb nicht wirkungslos. Stephans Antwort ist jedes Mal dieselbe. „Wir freuen uns über jeden Besucher und ja, wir haben offen“, sagt er freundlich und schiebt die Öffnungszeiten noch hinterher. Problem: Tagestourismus 55.000 bis 57.000 Besucher waren es in guten Zeiten. Letztes Jahr kamen nur noch 41.000 Neugierige, um zu sehen, wie es sich in der DDR gelebt hat. Dieses Jahr wird das Haus wohl irgendwo bei 46.000 landen. „90 Prozent sind Tagestouristen und genau hier hat Sachsen ein Problem in den letzten Jahren bekommen“,  meint der Westfale. Er sieht sich dabei in einer Reihe mit vielen Ausflugzielen in der Region. „Kleinwelka, Kleinerzgebirge – überall dasselbe“, sagt er.  Verlässliche Zahlen über die Entwicklung von Tagesausflüglern im Freistaat gibt es bislang nicht.  Stephan ist sich sicher – die Kurve zeigt nach unten. Das Haus ein Renditeobjekt? 133.000 Euro Kaltmiete pro Jahr müssen erst einmal verdient werden, zzgl. Betriebskosten. Vor ein paar Jahren wurde der Komplex an eine wohlhabende spanische Familie verklingelt. „Als Renditeobjekt, als gutes Renditeobjekt“, sagt Stephan. Er hat erst hinterher von dem Deal erfahren. Tatsächlich hat er seine Vermieter nie kennengelernt, obwohl sie vor ein paar Monaten   wohl in Radebeul waren und sogar durch´s Haus spaziert sind. Man hätte reden, eine Lösung finden können.
Wahrlich macht der betriebswirtschaftliche Charakter seines Unterfangens die Angelegenheit in diesen Tagen nicht einfacher. Sämtliche Stiftungen sind längst durchtelefoniert. Was? Eine GmbH? Da ist nix zu machen, hieß es immer wieder. Also wandte sich der Museumsdirektor an Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig, der zufällig auch sein Wahlkreisabgeordneter ist. Eine Antwort blieb der SPD-Mann schuldig. Die Korrespondenz mit den spanischen Eigentümern läuft nicht viel besser. „Wir haben ihnen 70.000 Euro Kaltmiete pro Jahr angeboten mit der Option auf eine Steigerung, sofern es wieder bergauf geht“, sagt Stephan.  Man sei schon einmal enttäusch worden und bestehe auf Rendite sollen die Eigentümer sinngemäß mitgeteilt haben. Nichts zu machen also. Weg aus Radebeul? Und umziehen? Darüber denkt der Museums-Chef inzwischen auch  nach. Er prüft andere Standorte, um sein Lebenswerk irgendwie zu retten. Mehr als 50.000 Exponate in Kisten zu verpacken dürfte eine Stange Geld kosten. Davon abgesehen ist nicht klar, ob die Leihgeber dann noch zur Stange halten.  Wie nun weiter? „Ziel des Schutzschirm-insolvenzverfahrens ist es nicht, den Museumsbetrieb abzuwickeln, sondern ihn weiterzuführen“, sagt Stephan. Die Volkssolidarität Elbtalkreis-Meissen wollte sich zuletzt am DDR Museum beteiligen, ihre Mitglieder mehrheitlich aber nicht. Letzte Option ist nun die Gründung eines Trägervereins, um in den Genuss von Spenden und Fördergelder kommen zu können. Unterstützer sind dazu am 10. August, 18 Uhr, ins benachbarte Seventies eingeladen.  
Der WochenKurier hilft dem DDR-Museum Zeitreise und lässt auf über 200.000 Exemplaren einen Gutschein als kleinen Anreiz für einen Museumsbesuch kostenfrei drucken. „Ich freue mich sehr über die Aktion“, sagt Stephan. Dass er nicht einmal Flyer in Auftrag geben kann, zeigt wohl ziemlich gut, wie ernst die Lage ist.              


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