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Vorgeben, nicht hinterherrennen

Man ist im Landkreis den Entwicklungen in der Vergangenheit zu oft hinterhergelaufen, finden die Bürgermeister aus Zittau, Mittelherwigsdorf, Bernstadt, Weißwasser und Rietschen. Deswegen haben sich Thomas Zenker, Markus Hallmann, Markus Weise, Torsten Pötzsch und Ralf Brehmer vergangene Woche in Weißwasser getroffen. Sie entwarfen dabei Zukunftspläne, mit denen sie jetzt an Bund und Länder herantreten wollen.
V.l.: Die Bürgermeister Thomas Zenker (Zittau), Markus Hallmann (Mittelherwigsdorf), Torsten Pötzsch (Weißwasser), Ralf Brehmer (Rietschen) und Markus Weise (Bernstadt) fordern gemeinsam den Ausbau der Infrastruktur im Landkreis. Foto: Keil

V.l.: Die Bürgermeister Thomas Zenker (Zittau), Markus Hallmann (Mittelherwigsdorf), Torsten Pötzsch (Weißwasser), Ralf Brehmer (Rietschen) und Markus Weise (Bernstadt) fordern gemeinsam den Ausbau der Infrastruktur im Landkreis. Foto: Keil

Die fünf Bürgermeister sind sich einig. Keine unbedingt alltägliche Situation, schließlich ist der Landkreis groß und die Wünsche und Interessen im Norden und Süden unterscheiden sich ebenso wie die von kleinen und größeren Städten und Gemeinden. „Man muss von diesem Kirchturmdenken wegkommen“, findet Zittaus Bürgermeister Thomas Zenker. Es gehe darum, die Region zu entwickeln. Zum Beispiel in Sachen Infrastruktur. „Wie wichtig die Anbindung an gute Infrastruktur ist, hat man am Industriegebiet Kodersdorf gesehen“, sagt Rietschens Bürgermeister Ralf Brehmer. Aber nicht jede Gemeinde liegt an der A4, deswegen müssen andere Lösungen her. Die Idee: Eine durchgängige B178 über Zittau, Löbau, Weißenberg und Weißwasser bis zur A15. Bisher sei eine schnelle Erreichbarkeit der Autobahn nur in Ost-West-Richtung gegeben, das könnte eine Nord-Süd-Trasse ändern. Sie würde den Kreis außerdem besser an den Raum Berlin und an Tschechien und Polen anschließen, was sowohl Wirtschaft als auch Tourismus helfen würde. Ganz neu ist die Idee nicht. Der SPD-Abgeordnete Thomas Baum hatte sich vorher bereits mit dem Thema befasst und es in die Lausitzrunde getragen. Denkbar wäre laut der Bürgermeisterrunde eine kreuzungsfreie Bundesstraße. „Wir wissen, dass es dabei viele Probleme zu lösen gibt. Wichtig ist uns, dass die Straße möglichst nicht durch Ortschaften führt“, sagt Weißwassers OB Torsten Pötzsch. Einen ersten Entwurf für die Streckenführung gibt es bereits. Mit den angesprochenen Problemen sind unter anderem der Truppenübungsplatz und das Biosphärenreservat gemeint, durch die die neue Straße eventuell führen würde.  Das es bisher nicht mehr als eine Idee ist, dessen sind sich die Bürgermeister bewusst. Unterstützung gibt es trotzdem bereits, zum Beispiel durch die Lausitzrunde und den Landkreis. „Wir müssen davon weg, immer den Entwicklungen hinterherzurennen. Wir wollen jetzt eine Idee vorgeben“, sagt Bernstadts Bürgermeister Markus Weise. Bis man von Nord nach Süd über die B178 durch den Landkreis brausen kann, wird viel Zeit vergehen. Auch darüber sind sich die Bürgermeister im Klaren. Sie schätzen, dass die Planung etwa zehn, die Umsetzung weitere zehn Jahre dauern würde. Nächster Schritt könnte eine Machbarkeitsstudie sein. Vorher gilt es aber, den Bund und die Länder Sachsen und Brandenburg mit ins Boot zu holen.

Bahnstrecke

Die Verkehrssituation muss aber nicht nur auf der Straße sondern auch auf der Schiene verbessert werden. Auch darüber waren sich die fünf Bürgermeister einig. Aus ihrer Sicht braucht es die Elektrifizierung der Strecken Görlitz-Löbau-Dresden und Cottbus-Weißwasser-Görlitz-Zittau. Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan wird bei der Realisierung der Forderungen nicht helfen. Dort geht man von bestehenden Verkehrszahlen aus. Und die reichen (noch) nicht. Dochdie Region werde sich entwickeln. Markus Hallmann, Bürgermeister aus Mittelherwigsdorf: „Wir erleben immer mehr junge Menschen, die sich hier in ihrer Heimat etwas aufbauen wollen. Sollen wir denen etwa erklären, dass sich hier nichts Neues mehr entwickeln wird?“ Ralf Brehmer ergänzt. „Bund und Land stehen momentan finanziell gut da. Deswegen sollte man solche Projekte jetzt angehen.“

Bildung

Auch beim Thema Bildung war man sich einig. Einig darüber, dass der Vorschlag, ein Landesamt für Bildung zu schaffen, in die falsche Richtung steuere. Dies bedeute eine Konzentration auf die Zentren Leipzig, Dresden und Chemnitz. In einer gemeinsamen Erklärung der Bürgermeister heißt es dazu: „Es ist absolut unverständlich, wie es in der jetzigen Situation tatsächlich noch um einen weiteren Abbau der für die dringend notwendige Bearbeitung des Lehrermangels verantwortlichen Verwaltung gehen soll. Für die Bevölkerung ist der Eindruck, dass die Bildung unserer Kinder in Gefahr ist, längst entstanden. Das verursacht zusammen mit den anderen Problemen, die wir im Bereich der Hausärzte, der Polizei, der Verwaltungszentralisierung haben, eine sehr starke Unzufriedenheit und Frust auf sämtliche Verwaltungsebenen. Dort muss der Freistaat gegensteuern aber er macht das Gegenteil, wenn er sich ausgerechnet beim Thema Bildung noch weiter aus der Fläche zurückzieht. In den nächsten Jahren wird die Bildungsagentur oder eine Nachfolgeorganisation ein immenses Ausmaß an Bewerbungsverfahren bewältigen müssen und das geht sicher nicht besser, wenn weniger Kontakt in die Fläche, zu den Schulen und den Kommunen gewährleistet werden kann. Der ländliche Raum wird in jedem Wahlkampf zum beliebten Thema. Doch die Politik zwischen den Wahljahren ist entscheidend und muss sich endlich deutlicher der Hälfte der Bevölkerung widmen, die im ländlichen Raum lebt und diesen weiterhin aktiv gestalten, entwickeln und sichern will. Wir schließen uns den Forderungen des Sächsischen Lehrerverbandes an. Fortwährende Strukturreformen binden wertvolle Arbeitskraft und finanzielle Ressourcen. Bildung ist der wichtigste sächsische Rohstoff für die Zukunft. Diese darf nicht aufs Spiel gesetzt werden.


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