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Start für Videoüberwachung in der Görlitzer Altstadt

Innenminister Prof. Roland Wöller hat heute an der Görlitzer Altstadtbrücke die polizeiliche Videoüberwachung in Betrieb genommen. Sie soll die Sicherheit in der Stadt erhöhen. Kritiker forderten schon zum Start die direkte Abschaltung der Kameras.

Die Rechtslage musste geklärt, das entsprechende System entwickelt werden. Es hat eine Weile gedauert, bis die schon länger angekündigte Videoüberwachung in Görlitz an den Start gehen konnte. Am 9. August war es nun soweit und Innenminister Prof. Roland Wöller nahm das System offiziell in Betrieb. Die neue Überwachungstechnik soll sowohl zur Abschreckung von potentiellen Straftätern als auch zur Strafverfolgung dienen, um so das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung zu stärken.  „Insbesondere die grenzüberschreitende Eigentumskriminalität ist in der Neißestadt eine große Herausforderung für die sächsische Polizei“, so Wöller. Dank der hochmodernen Kameras sei es künftig besser möglich, nach Kriminellen zu fahnden und gerichtsverwertbare Beweismittel zu sichern. Das eingesetzte System ist dabei extra für die Neißestadt entwickelt worden. „Nach unserem Kenntnisstand gibt es in ganz Europa nichts Vergleichbares“, sagt Kriminaldirektor Daniel Mende. Das System sei in der Lage, auch bei Regen, Schneefall oder Neben verwertbare Aufnahmen zu liefern. Mende betonte bei der Inbetriebnahme auch, dass es sich nicht um eine Live-Überwachung handele, es also keinen Monitor gebe, auf dem Beamte die Bilder 24 Stunden am Tag in Augenschein nehmen. Stattdessen landen die Daten ungesehen auf einem Server. „Erst nach Bekanntwerden einer Straftat und nach manueller Anforderung werden die Daten gesichtet“, so Mende. Der Freistaat hat in die Umsetzung über eine Millionen Euro investiert. Neben vier Kamerasystemen wurde auch eine spezielle Auswertesoftware entwickelt. Die Kameras sind in zwei Meter hohen Säulen untergebracht, in denen auch ein Laserblitzsystem sitzt. Die Kameras funktionieren lichtunabhängig bei Tag und Nacht. Der Aufnahmevorgang ist für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar. Fotografiert werden Personen, Fahrzeuge und Gegenstände im Umkreis von etwa 20 Metern. Die erhobenen Daten sollen Dabei maximal 96 Stunden gespeichert werden. Neben dem Standort Altstadtbrücke ist heute eine zweite Videoanlage an der Kreuzung Nikolaigraben/Hotherstraße in Betrieb gegangen. Zwei weitere Anlagen werden im Bereich Kreisverkehr Grüner Graben/Hugo-Keller-Straße installiert. Die Anlagen sind technisch auch für die Gesichtserkennung ausgelegt. Mit dem Inkrafttreten des neuen Sächsischen Polizeigesetzes am 1. Januar 2020 sind dann auch die rechtlichen Bedingungen gegeben, um die Technik einzusetzen. Man wolle hier keinen Überwachungsstaat errichten, sondern Kriminalität vorbeugen, betonte der Innenminister: „Es handelt sich bei der Maßnahme nicht um Grenzkontrollen. Es ist vielmehr ein datenschutzrechtlich überwachtes präventiv-polizeiliches Mittel am Kriminalitätsschwerpunkt Görlitzer Altstadt."

Kritik: Videoüberwachung gaukelt Sicherheit vor

Genau an diesem Kriminalitätsschwerpunkt gibt es Zweifel.  „Nach Teilen Leipzigs und der Chemnitzer Innenstadt ist nun Görlitz die nächste Stadt in Sachsen, in der Bürgerinnen und Bürger einer permanenten Überwachung ausgesetzt sind“, erklärt Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Sächsischen Landtag. Die Videoüberwachung greife in die Grundrechte tausender Menschen ein, die zum Beispiel als Touristen über die Fußgängerbrücke in die Altstadt spazieren oder diese auf ihren täglichen Wegen passieren müssen. „Ich halte eine solche massive Überwachung des öffentlichen Raums und unbescholtener Personen für unverhältnismäßig und rechtswidrig“, so Lippmann. Grundsätzlich dürfe in Sachsen polizeiliche Videoüberwachung nur an sogenannten „gefährlichen Orten“ oder an besonders gefährdeten Objekten wie Amtsgebäuden etc. vorgenommen werden. Görlitz sei aber gerade kein gefährlicher Ort. Hier würden sich nicht mehr Straftäter verbergen oder mehr Straftaten verübt, als anderswo, so Lippmann. „Ich fordere den Innenminister auf, die Videoüberwachung sofort zu stoppen und die Voraussetzung der besonderen Kriminalitätsbelastung der überwachten Bereiche nachzuweisen.“ Mit der Videoüberwachung werde der Bevölkerung ein Sicherheitsversprechen gegeben, das nicht eingehalten werden kann. Videoüberwachung gaukele den Menschen eine Sicherheit vor, die es nicht gibt. Wenn keine Polizei vor Ort ist, die eingreift, wenn etwas passiert, dann nütze dem Opfer keine Videoüberwachung.

Polizeiliche Kriminalstatistik

Das Innenministerium beziffert die Zahl der „Straftaten der Eigentumskriminalität“ im Jahr 2018 auf 2.690. Das entspricht einer Häufigkeit von 4.770 derartigen Delikten pro 100.000 Einwohner. Der Wert liegt deutlich über dem Durchschnitt im Freistaat (2.781 Delikte pro 100.000 Einwohner). Besonders betroffen sei demnach die Historische Altstadt mit 8.573 derartigen Straftaten pro 100.000 Einwohner.  


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