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André Schramm

Die falsche Polizei

Wenn Trickbetrüger zuschlagen, ist das Ersparte meistens weg. Drei Dresdner Seniorinnen hatten Glück im Unglück.
Renate B. verlor 5.000 Euro an die falsche Polizei. Von der richtigen Polizei bekam sie ihr Geld wieder, genauer noch vom Polizeipräsidenten Horst Kretzschmar.        Foto: Schramm

Renate B. verlor 5.000 Euro an die falsche Polizei. Von der richtigen Polizei bekam sie ihr Geld wieder, genauer noch vom Polizeipräsidenten Horst Kretzschmar. Foto: Schramm

 Als Renate B. die Wohnungstür öffnet, steht ein attraktiver, sportlicher Mann vor ihr. »Schick gekleidet, braun gebrannt und höflich war der«, sagt die 87-jährige Dresdnerin. Er sei erst gerade aus dem Urlaub zurückgekommen, entgegnet der Mann in akzentfreiem Deutsch. Renate B. gibt ihm wie verabredet die 5.000 Euro. Der nette Herr packt das Bündel grüner Hunderter in seinen Beutel und zieht von Dannen. In wenigen Stunden wolle er das Geld sowieso zurückbringen, sagt er noch. »Reine Sicherheitsmaßnahme.« Als die Wohnungstür in Schloss fällt kommen der betagten Dame ernsthafte Zweifel: »Ich habe gerade einen großen Fehler gemacht«. Trotz großer Scham, wählt sie die 110. Ihren Kindern erzählt sie lieber nichts davon. »Dringend abheben – alles« Die Geschichte beginnt am Vorabend. Es war gegen 21 Uhr als der Anruf kam. Eine Frau von der Polizei war am anderen Ende und erzählte von einer rumänischen Einbrecherbande, die man gefasst habe, zumindest einen Teil davon. Im Zuge der Ermittlungen sei eine Liste mit Adressen potentieller Opfer aufgetaucht. Name und Anschrift von Renate B. stünden eben auch auf dieser Liste. Sie solle ihr Erspartes unbedingt in Sicherheit bringen. Selbst das Geld auf der Bank sei nicht sicher. Es gebe einen Maulwurf dort. »Dringend abholen – alles«, lautet der Appell. Dabei hätte Renate B. ihre Hand ins Feuer gelegt für ihre Bank. »Ich hab Vertrauen zu meiner Sparkasse«, sagt sie.  5.000 Euro wofür? Am Ende wird der Druck zu groß. Sie wird weiter »bearbeitet«, bis sie am nächsten Vormittag am Schalter auftaucht. Die Bankmitarbeiterin fragt noch, wofür sie denn 5.000 Euro plötzlich brauche? »Keine Angst, ich brauch das eben«, entgegnet die Ruheständlerin bevor sie den Betrag wenig später an den vermeintlichen Zivilbeamten an ihrer Wohnungstür übergibt. "Furchtbare Angst" Was Renate B. nicht weiß, sie hat es mit Trickbetrügern zu tun, allesamt Profis.  Das was sie machen, können sie gut. Deshalb funktioniert ihre Masche jeden Tag und überall in Deutschland. In der Zeitung liest man hinterher vom Enkeltrick oder – wie im Fall von Renate B. – dem Polizeibeamten-Trick.
»Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passieren kann. Ich hatte aber in dem Moment furchtbare Angst«, sagt sie acht Monate später. Bei vielen dieser Betrugsstraftaten wäre an dieser Stelle Schluss. Nicht so in diesem Fall. Am 18. April konnte die Dresdner Polizei den 37-jährigen Tatverdächtigen das Handwerk legen. Weitere Ermittlungen führten zu seinen fünf Komplizen (21 bis 25 Jahre aus Berlin). Mit einer Ausnahme handelt es sich um deutsche Staatsbürger. Drei weitere Tatverdächtige operierten von der Türkei aus. Auf freiem Fuß Das sichergestellte Geld – immerhin 43.000 Euro – konnte insgesamt drei Fällen in Dresden zugeordnet werden. Die Gruppe erbeutete zwischen März und April allein in der Landeshauptstadt Bargeld in Höhe von 60.000 Euro und Schmuck im Wert von 6.000 Euro. Die Opfer: Vier Seniorinnen im Alter von 72 bis 87 Jahren. Zumindest drei von ihnen haben ihr Geld zurück, darunter auch Renate B. »Die Polizei holt kein Bargeld zu Hause ab. Seien Sie skeptisch, wenn Fremde mit Ihnen am Telefon über Geld sprechen wollen«, sagt Polizeipräsident Horst Kretzschmar. Er rät Betroffenen zudem, ihre Angehörige zu kontaktieren. Die mutmaßlichen Täter sind übrigens (wieder) auf freiem Fuß – unter Auflagen.


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