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Carola Pönisch

Alkohol: Werbung verboten, Brauereisponsoring erwünscht?

Die Stadtverwaltung Dresden will ab sofort auf eigenen Flächen Werbung für Alkohol verbieten. Ein vom Stadtrat 2015 beschlossenes „Strategiepapier für Suchtprävention“ ist dafür die Grundlage. Der Veranstalter des Weinsommers auf der Hauptstraße bekam dieses Verbot bereits zu spüren. Dürfen bald keine Bahnen mit Bierwerbung durch Dresden rollen? Und kann nicht auch Lottospielen süchtig machen?
Foto: Radeberger Exportbier Brauerei

Foto: Radeberger Exportbier Brauerei

Seit Jahren findet im Juli der Weinsommer auf der Hauptstraße statt, veranstaltet von den Winzern aus Rheinland-Pfalz. Und seit Jahren bewerben sie diese Veranstaltung auch im Amtsblatt der Stadt. Damit ist nun Schluss. Keine Werbung mehr für Alkohol auf städtischen Flächen, hat die Stadtverwaltung festgelegt. Grundlage sei das 2015 im Stadtrat beschlossene Strategiepapier für Suchtprävention". Und weil das Amtsblatt nun mal eine "städtische Fläche" ist, durfte die Werbebotschaft für das Fest nicht abgedruckt werden. Wie es auch künftig ab sofort für alle neuen Verträge ein generelles Verbot für Alkoholwerbung geben wird.  Scheinheilig? Das wiederum bringt die FDP/FB-Fraktion im Stadtrat auf die Palme: "Ein Werbeverbot ist völlig absurd und scheinheilig. Wenn Brauereien Stadtfest, Dixielandfestival oder den städtischen Fußballverein retten, sind sie willkommen - aber nicht im Amtsblatt oder auf Straßenbahnen? Diese Einstellung ist nicht nachvollziehbar", argumentiert Fraktionsgeschäftsführer Steffen Hintze. Denn genau das wäre die Crux: Offiziell mit ihren Produkten werben (zum Beispiel auf Straßenbahnen) dürften dann die lokalen Brauereien Radeberger, Feldschlösschen und Freiberger nicht mehr, aber fünf- bis sechsstellige Summen als Hauptsponsoren in Feste pumpen schon? "Eine Brauerei ist sogar Brustsponsor der Spieler von Dynamo Dresden, die in einer kommunalen Sporteinrichtung spielen. Demnächst verboten", fragt Hintze provokant.  Suchtbericht Den aktuellsten Zahlen über das Suchtverhalten der Dresdner(innen) zufolge mussten 2014 (aktuellere Zahlen lagen bei Red.schluss nicht vor, werden erst am Mittwoch, 26. Juli veröffentlicht) insgesamt 2.233 Menschen wegen Alkoholmissbrauch im Krankenhaus behandelt werden (2013: 2.376). Die Mediziner diagnostizierten bei 1.027 Patienten eine Alkoholabhängigkeit, in 807 Fällen lag eine Alkoholvergiftung vor. Gemessen an allen Substanzen (legal/illegal) ist Alkoholmissbrauch damit häufigste Ursache für eine stationäre Behandlung. Besonders gefährdet war demnach die Altersgruppe der 50- bis 55-Jährigen. Bei Kinder und Jugendlichen bis 18 Jahren verzeichneten die beiden Dresdner Kinderstationen im Jahr 2015 knapp 90 Fälle mit der Diagnose "Alkoholintoxikation". Im Schnitt probiert man in Sachsen mit 14,6 Jahren das erste Mal alkoholische Getränke und damit zwei Jahre früher als in anderen Bundesländern. Neben Alkohol- soll auch Tabakwerbung bis 2020 aus dem Stadtbild verbannt werden (EU-Richtlinie). C. Pönisch/A.Schramm


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