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Primaballerina Anna Pawlowa begeistert Cottbus

- Vor 90 Jahren -
Anna Pawlowa tanzte 1928 im Cottbuser Theater, Foto: Staatstheater Cottbus

Anna Pawlowa tanzte 1928 im Cottbuser Theater, Foto: Staatstheater Cottbus

Auf Cottbuser Bühnen waren in den vergangenen Jahrzehnten internationale Stars der Weltkunst nicht allzu häufig zu sehen. Einige Male jedoch konnten sich die Freunde der Kunst im Glamour von ganz Großen sonnen. Im Januar 1957 kam Gérard Philipe in die Kammerlichtspiele zur DDR-Premiere des Films „Die Abenteuer des Till Ulenspiegel“.
Anfang der Neunziger begeisterte Montserrat Caballé die Cottbuser in der Stadthalle. Das Filmfestival besuchte der Dichter Tschingis Aitmatow, Autor des Romans „Der Tag zieht den Jahrhundertweg“. Eine der Größten ihrer Zeit war vor 90 Jahren in Cottbus. Am 11. Februar 1928 gastierte die damals berühmteste Tänzerin der Welt, die Primaballerina Anna Pawlowa, im damaligen Stadttheater am Schillerplatz.
Die Cottbuser erfuhren erst eine Woche vor dem Auftritt von dem Theaterereignis. „Man versorge sich sehr zeitig mit Karten, denn unser Stadttheater wird zweifellos einen Massenansturm erleben!“, hieß es im Anzeiger. Das war am Samstag. Montag war die Vorstellung trotz der ungewöhnlich hohen Preise restlos ausverkauft. Und den glücklichen Kartenbesitzern sagte die Tageszeitung über die Kunst der Pawlowa: „Sie wurde zur Prinzessin eines verzauberten Landes, die über Wald-, Luft- und Wassernymphen herrscht, zur Prinzessin eines wundervollen Märchenreiches von Träumen und Schemen, die kommen und entschwinden.“ Von der Kaiserlichen Ballettschule in die Welt Anna Pawlowa erhielt ihre Ausbildung an der Petersburger Kaiserlichen Ballettschule und gehörte ab 1899 zum Ensemble des dortigen Sergej Djagilew 1909 in Paris gegründeten Ballets Russes übernahm Anna Pawlowa die entscheidenden Rollen. Mit ihr wurde das Ballets Russes zu einem der berühmtesten und erfolgreichsten Ballettensembles aller Zeiten. Anna Pawlowa tanzte in nahezu allen Hauptstädten der Welt. Allein im Jahr 1925 gastierte sie in 77 Städten, gab 238 Vorstellungen und zertanzte 200 Paar Ballettschuhe. Die Passion der Pawlowa war die Traurigkeit. Ihr „Sterbender Schwan“ wurde zu einer echten Sensation. Die Welt war ergriffen, und es heißt, dass Camille Saint-Saëns, als er Anna Pawlowa in dieser Rolle sah, zu ihr sagte: „Madame, dank Ihnen habe ich verstanden, dass ich eine wunderbare Musik komponiert habe.“   Der Cottbuser Tanzabend mit Anna Pawlowa und ihrer Truppe wurde dann zum erwarteten gesellschaftlichen Höhepunkt; er stellte „ein markantes, sich in der Provinz sehr selten bietendes Ereignis dar.“ Cottbus ist hingerissen Der Rezensent schrieb begeistert: „Von den Formen und der Disziplin des großen Balletts früheren Stils behielt die Pawlowa mancherlei Grundregeln. Freilich – sie erfüllte sie mit neuem Geist, ließ das Starre fallen, goss ihre Anmut und Lieblichkeit hinein, schuf freudedurchglühtes Leben.“ Die einzige Kritik ging ans Theater: „Die Pawlowa wird von Cottbus den Eindruck mit fortgenommen haben, dass man auch hier in der Zentrale der Niederlausitz ihre Kunst zu schätzen weiß. Unser Stadttheater hätte unserer Ansicht nach ein übriges tun und dafür sorgen können, dass dem weltberühmten Gast ein paar Blumen auf die Bühne geschickt werden.“ Aber: „Unser einheimischer Kunsttempel bot einen würdigen Gesamtrahmen!“ Das war Cottbus 1928. Nur drei Jahre später starb Anna Pawlowa während ihrer Abschiedstournee im Alter von 49 Jahren an einer Lungenentzündung in einem Hotel in Den Haag. Der Cottbuser Anzeiger schwärmte in seinem Nachruf in Erinnerung an das Gastspiel in der Niederlausitz von der „… vollendeten Anmut ihrer Bewegungen, von der völligen Losgelöstheit von aller Erdenschwere, die sie wie eine Feder durch die Luft gleiten ließ.“ Im Gespräch ist in diesen Tagen eine andere Absolventin der Petersburger Kaiserlichen Ballettschule. Im Cottbuser Obenkino lief der russische Film „Mathilde“. Dort wird von der  atemberaubenden Mathilda-Maria Kschessinskaja erzählt. Sie wurde, wie einige Jahre später auch Anna Pawlowa, von dem Tanzlehrer Marius Petipa ausgebildet. Ihre Liaison mit dem Zaren zeigt den ungewöhnlichen Einfluss, den Primaballerinen zu ihrer Zeit hatten. Mathildas Intrigen brachten nicht nur Nikolai II. in Schwierigkeiten. Sie führten auch dazu, dass Anna Pawlowa Sankt Petersburg und Russland verließ.


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