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Ob ECE oder Blechen-Carré – Sternchen und Pavillons weichen

- Vor 10 Jahren -
Vielgeliebtes Sternchen, 1969 in der Cottbuser Mokka-Milch-Eisbar »Kosmos« Foto: Erich Schutt

Vielgeliebtes Sternchen, 1969 in der Cottbuser Mokka-Milch-Eisbar »Kosmos« Foto: Erich Schutt

Wer die öde Fläche im Cottbuser Zentrum sieht, der könnte fast denken, wie leicht doch das Bauen in der Vergan­genheit war. Anfang der Sechzi­ger beschloss man, das Cottbuser Zentrum zu gestalten. Die zwei Entwür­fe, der favorisierte mit dem neuen Zen­trum am Bahnhof und der alternative an der späteren Stadtpromenade, wur­den 1964 im Haus der Bezirksleitung als Modell aufgestellt. Der Staatsrats­vorsitzende kam, sah und entschied sich für die zweite Variante. Da gab es keine zickigen Abgeordneten, kei­ne überheblichen Investoren, keine Klausuren und keine öffentlichen und nichtöffentlichen Ausschusssitzungen. Wirkliche Bürgerbeteiligung gab es schon gar nicht. Zwischen dem Abriss der Jahr- und der Roßstraße ab 1966 und der Eröffnung der Pavillons lag ein gutes Jahrzehnt. Das Konsument-Warenhaus, die Gaststätte »Stadttor« (beide 1968), die Eisbar »Kosmos« (1969), die Volksbuchhandlung »Jenny Marx« (1969), die Wohnscheibe 1970, das Hotel Lausitz (1970), die Fußgän­gerbrücke (1974), die Stadthalle (1975), die Pavillons (1977) sowie die beiden Punkthochhäuser bildeten mit der historischen Stadtmauer, zahlreichen Kunstwerken und Brunnen das neue Zentrum. Zwar fiel mit dem Abriss der Luckauer Vorstadt auch wertvolle historische Bausubstanz der neuen Mitte zum Opfer. Aber das zu recht preisgekrönte Ensemble rechtfertigte wohl die Verlus­te. Es gab in Cottbus etliche Bausünden. Das Zentrum gehörte nicht dazu! Neue Zeiten Aber gleich nach der Wende gab es in der Stadt andere Begehrlichkeiten. An­stelle einer »Flaniermeile für die Werk­tätigen« mit Kunst am Bau und kos­tengünstigen Freizeitangeboten ging es nun um »beste Lagen«, Bruttoge­schossflächen und Platz für Filialisten. Ab 1992 diskutierte man über ein Pro­jekt, das bald City-Galerie genannt wur­de. Es blieb zunächst jahrelang bei einer Diskussion um für und wider, während­dessen Sternchen und Pavillons zu­nehmend verfielen. Erst 1999 nahmen Pläne der Hamburger ECE-Gruppe kon­krete Gestalt an. Die Eisbar war dann um die Jahrtausendwende das Zentrum der Auseinandersetzung. Die heftigen Reaktionen gegen einen Abriss waren aber nicht damit verbunden, dass die Cottbuser ihr angebliches Lieblingscafé verstärkt frequentierten. Mehrere Wie­derbelebungsversuche scheiterten in der Eisbar und in den anderen gastro­nomischen Einrichtungen der Pavillons. In den OB-Wahlkampf 2002 gingen alle Parteien mit einem mehr oder we­niger deutlichen Bekenntnis zur City-Galerie der ECE-Gruppe. Allerdings mit einer Ausnahme: Die frühere, zuvor von den Stadtverordneten abgewählte, Finanzbeigeordnete Karin Rätzel trat als parteilose Kandida­tin und Gegnerin des City-Centers an. In der Stichwahl setzte sie sich deutlich durch und versuchte im Herbst 2002, vor 15 Jahren, das Projekt endgültig zur Strecke zu bringen. Man erinnere sich: Die neue Oberbürgermeis­terin beanstandete die Beschlüsse der Stadt­verordneten zum Bau des ECE-Centers. Die Potsdamer Kommunal­aufsicht wies diese Be­anstandungen zurück. Dagegen drohte die Verwaltungschefin zu klagen. Nachdem diese Auseinandersetzung andauerte, zog sich der Investor ECE zurück. Mit einem anderen Anwärter wurde ein erneuter Anlauf genommen. Das Blechen-Carré, über das in der Fol­ge diskutiert wurde, sah die Integration der Backstein-Schule vor. Zuerst die Fußgängerbrücke Abgerissen werden sollten die Fuß­gängerbrücke, das Sternchen und zunächst nur ein Pavillon. Das Center öffnete im September 2008. Vorher wurden Ende 2006 bis in das Frühjahr, vor über 10 Jahren, Sternchen und Fußgängerbrücke abgerissen. »Das Sternchen ist verglüht.« In der Lausit­zer Rundschau erfuhren die Cottbuser zunächst Trost für diesen Verlust: »Die Pavillons sollen in einem zweiten Bauabschnitt saniert werden. Das soll möglichst schnell gehen, damit zwi­schen Blechencarré und Spree-Galerie nicht weitere Jahre eine Brachfläche vor sich hin bröckelt.« Allerdings gab es damals schon die Ahnung, das der »2. BA« schwerer zu vermarkten sei. »Je weniger Pavillons, desto einfacher das Geschäft.« So kam es dann auch! Die restlichen Pavillons, inzwischen völlig herunterge­kommen, wurden trotz der Einwendun­gen der Denkmalpflege abgerissen. Die Erweiterung des Blechen-Carrés erfolg­te bis heute nicht. Der Investor stellte immer neue Forderungen an die Stadt. Die Brachfläche bröckelt genauso vor sich hin, wie vor zehn Jahren befürchtet wurde. Aus für gewöhnlich gut unter­richteten Kreisen erfuhr man dieser Tage, dass nun erneut Bewegung in die Sache kommt und ein gutes Ende für das Cottbuser Zentrum möglich wird.


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